116 - Geheimexperiment Todessporen
Kontrollabstechern in
staatlich finanzierten Laboren geht’s nicht nur um Schludern und Geldvergeuden.
Manchmal sitzen da auch Leute, die gegen bares Geld manch wertvollen Tipp an
ein privates Unternehmen oder gar an eine andere Macht weitergeben. So etwas
passiert nicht nur im James Bond- Film, Esther, sondern auch in der Wirklichkeit.
Je nachdem wie hochkarätig die Informationen, Kontaktmänner und die Ware sind,
entwickelt sich dann auch der Einsatz der Mittel. Besonders im militärischen
Entwicklungsbereich können da schon mal die Fetzen fliegen. Sicherheit ist
teuer. Aber dass ich hier an einem solchen Ort mit Überraschungen konfrontiert
werde, ist mehr als ungewöhnlich.
Was Boaring
und Sie alle hier erforschen, braucht keine Geheimhaltung. Im Gegenteil! Da ist
sogar der Gedankenaustausch mit Kollegen aus anderen Ländern notwendig. Aber
offenbar gibt’s hier doch etwas, das so wichtig ist, dass derjenige, der
darüber Bescheid weiß, es verbirgt. Solche Sachen wecken natürlich meine
Neugier. Ungewöhnliches geht hier vor, Esther. Ich will wissen, was es ist. Und
wenn uns jemand dann schon die Tür weit öffnet, sehe ich das als Einladung an
und trete auch ein.“ Genau das machte er, drückte sich an der Geheimtür entlang
und gelangte in einen kahlen Flur, der schmal wie ein Schlauch war und zu einer
Tür führte. Es war eine graue Feuerschutztür. Dahinter befand sich eine
aufklappbare Treppe mit zweieinhalb Meter Tiefgang. An den rohen Wänden liefen
Kabelstränge entlang. In Abständen von jeweils fünf Schritten hingen kleine
Deckenlampen in dem Stollen, der kahl und fensterlos war und sich auf dem
Niveau des Kellers befinden musste. In dem handtuchschmalen Stollen roch es
muffig nach Kalk und Mörtel. Esther Calley folgte Larry, der hilfreich die Hand
nach ihr ausstreckte, die sie ergriff. Sie sprang von der dritten Stufe in den
Stollen, und es war bestimmt kein Zufall, dass sie seine Hand länger als
notwendig festhielt und ihr Körper sich an ihn presste. Larry spürte Esther
Calleys aufregende Nähe.
„Schade“,
sagte er dann leise.
„Was ist
schade?“
„Ich muss
ständig daran denken, dass uns jemand beobachtet, derjenige vielleicht dort
vorn hinter der Gangbiegung steht und uns auflauert... Wollen Sie nicht lieber
zurück und oben auf mich warten?“
„Nein. Das
Ganze interessiert mich ebenso wie Sie, Mister Brent... Was ist das bloß für
ein Stollen?“
„Sie kennen
ihn also nicht?“
„Ich hatte
bis vor wenigen Sekunden keine Ahnung von seiner Existenz.“ „Sieht ziemlich neu
aus“, murmelte Larry, während er sich sanft von Esther Calley löste und weiter
den Stollen nach vom ging.
„Das ist ein
Teil des Anbaus“, mutmaßte die Wissenschaftlerin. „Ich verstehe nicht, weshalb
Boaring uns nie etwas davon gesagt hat.“
„Vielleicht
hat er noch andere Experimente außer den Kulturen in den Labors und denen unter
freiem Himmel durchgeführt. Ich gehe sicher recht in der Annahme, dass
Professor Boaring ein ehrgeiziger Mann war.“
„O ja, das
kann man wohl sagen, Mister Brent. Wenn ihn ein Problem beschäftigte, gab er
keine Ruhe, bis er es gelöst hatte. Und wenn er sich dabei die Nächte um die
Ohren schlug.“
„So habe ich
ihn auch eingeschätzt.“
Larry
erreichte die Gangbiegung und streckte vorsichtig die Schuhspitze um die Ecke.
Alles blieb ruhig, und er bog um den Mauervorsprung. Drei Schritte von ihm
entfernt befand sich ein Durchlass. Der war so niedrig, dass die beiden
erstaunten Entdecker des Geheimstollens sich bücken mussten. Esther Calley war
der Meinung, dass der Stollen parallel zum allgemein bekannten Keller verlief.
Aber das war noch nicht alles. Hinter dem Durchlass führte noch mal eine
ausklappbare Treppe ein halbes Stockwerk tiefer. Larry machte, als Esther
Calley wieder neben ihm stand, die Probe aufs Exempel. Er klappte das untere
Drittel der ausziehbaren Treppe an. Ein deutliches Knacken war zu hören. Esther
Calleys Blicke suchten die seinen. „Das war ’s! stieß sie erregt hervor. „Das
war das Geräusch, das ich gehört habe ...“
Larry nickte.
„Ich kann’s bestätigen, Esther. Genau das habe ich auch gehört...“
Zu erklären
war auch, wieso dieses Klappen und die Fußtritte im Apartment der Forscherin
und im Gästezimmer darüber zu hören waren. Die Entlüftungsschächte und die
Frischluftversorgung hier in der Tiefe waren mit der herkömmlichen Klimaanlage
für den Gebäudekomplex gekoppelt. Die Gänge waren
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