116 - Geheimexperiment Todessporen
außergewöhnlich schmal und
hoch, wenn man von dem Durchlass absah, wo sie sich bücken mussten. Es war
erstaunlich, dass eine solche unterirdische Anlage im Zug von Umbauarbeiten
erstellt werden konnte, ohne dass das Gros der Belegschaft es mitbekam. Larry
Brent konnte es sich nur so erklären, dass die Baugruben mit riesigen Holz- und
Metallplatten abgedeckt worden waren, wie sie zum Einsatz kamen, wenn in
Großstädten der Bau von U-Bahnen stattfand. Esther Calley konnte sich auch
daran erinnern, dass solche Platten eingesetzt worden waren, um den
Angestellten die Möglichkeit zu geben, die Verbindungsstraße zwischen den zum
Teil zwei bis drei Meilen entfernt liegenden, verschiedenen Versuchsgeländen zu
benutzen. Was sich dann unter den Abdeckplatten und jenseits der drei Meter
hohen Bauzäune abspielte, interessierte keinen hier. Hatte Boaring es gewusst?
Gab es Pläne, die diesen Umbau in allen Details zeigten? Larry wollte, sobald
er aus der Unterwelt zurückkam, den Fragen gleich nach Sonnenaufgang nachgehen.
Hier war ein einziges großes Versteckspiel getrieben worden. Sicher nicht ohne Grund
... Wer den geheimen Zugang, die Schächte und Stollen hatte erbauen lassen,
musste sich etwas dabei gedacht haben ...
Geheimexperimente...
der Begriff kam ihm plötzlich in den Sinn. Nur einer, der Geheimexperimente
durchführte und nicht wollte, dass andere davon erfuhren, trieb ein solches
Versteckspiel. X-RAY-3 ging der Wissenschaftlerin voran. Der fensterlose,
schmale Gang mündete in einen Keller, der durch mehrere Wände unterteilt war -
in dem es jedoch keine einzige Tür gab. So hinterließ die seltsame
unterirdische Anlage den Eindruck eines Irrgartens. Kabel liefen an den Wänden
entlang. Die Stromversorgung funktionierte. Erstaunt war Larry Brent immer
wieder von den außergewöhnlich schmalen, kaminartigen Schächten, die sowohl den
labyrinthischen Keller als auch die handtuchschmalen Gänge durchsetzten. Eine
solche Bauweise hatte er noch nie gesehen. Sie war völlig neu und ungewohnt.
Wer immer sich für diese unterirdische Anlage entschlossen hatte, musste jedoch
genau gewusst haben, was er tat. Mit jedem Schritt, der sie tiefer in das
ungewöhnlich stille und schummrige Labyrinth gingen, wurde ihre Neugier größer.
Esther Calley konnte sich kaum noch zurückhalten. Sie wollte unbedingt wissen,
was für einen Sinn die Anlage hatte. Hinweise auf irgendwelche Versuchsräume
gab es nicht. „Bleiben Sie stets an meiner Seite, Esther“, wies X-RAY-3 seine
Begleiterin noch darauf hin. „Solange wir noch nicht wissen, wer oder was hier
unten haust und wer der Verursacher der Schritte und Geräusche ist, möchte ich
Sie ständig in meinem Blickfeld haben.“ Die Wissenschaftlerin nickte abwesend,
und Larry merkte ihr an, dass sie mit ihren Gedanken ganz woanders weilte. Die
Mauern waren ohne irgendein erkennbares System aufgestellt.
„ Ist hier
jemand? ", fragte Larry laut und deutlich und lauschte dem Verhallen
seiner eigenen Stimme nach. Antwort erfolgte nicht. Aber X-RAY-3 spürte
instinktiv, dass hier jemand sein musste. Ihre Annäherung war nicht sehr leise
erfolgt. Das Knacken der probeweise hochgedrückten Leitertreppe und ihre
Schritte waren demjenigen, der das geheimnisvolle Labyrinth kannte, bestimmt
nicht entgangen. Aber - er verhielt sich still.
In den
gemauerten Irrgarten zu laufen, erschien Larry zu riskant. Er hätte sich
Markierungen setzen müssen, um wieder an den Ausgangspunkt, der in den Korridor
und damit in Amos Boarings Arbeitszimmer mündete, zurückzukehren. Kreide oder
noch besser eine Schnur. Er betrat den ersten Zugang. Der schmale Weg war drei
Schritte lang, dann kam schon die nächste Biegung. Auch bis dahin ging er noch,
da er den Weg überschauen konnte. Hinter dem Mauervorsprung breitete sich eine
quadratische, fensterlose Kammer aus, die ebenfalls nur aus Stellwänden bestand
und nach einer Seite hin offen war. An der Wand gegenüber standen drei Bahren.
Schwarze Tücher deckten deutlich darunter sich abzeichnende Körper ab. Larry
ging auf sie zu. Er war einzige gespannte Aufmerksamkeit. Das Gefühl, einem
großen Geheimnis auf der Spur zu sein, breitete sich in ihm aus. Er trat an die
äußerste, links stehende Bahre heran und hob vorsichtig das schwarze Tuch. Zum
Vorschein kam ein fahles, ausgetrocknetes Gesicht...
Ein Toter!
Der Mann war schätzungsweise Mitte Vierzig, hatte dunkles, schütteres Haar,
eine Stirnglatze und an der rechten Wange ein
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