1162 - Lukretias Horror-Welt
stehen.
Suko schaute sie von der Seite her an. Er ahnte sehr wohl, was in ihr vorging. Die Wangen zuckten, und auch die Lippen bewegten sich. Erinnerungen strömten in ihr hoch. Jane Collins schämte sich für das, was sie mit Sarah vorgehabt hatte.
Bis die Horror-Oma plötzlich die Augen öffnete. Darüber erschraken Jane und Suko.
Beide konnten nichts sagen. Da fehlten ihnen plötzlich die Worte, was Sarah zu merken schien, denn die dünnen Lippen zeigten plötzlich ein Lächeln.
»Du, Jane?«, flüsterte sie.
»Ja…« Sie konnte nicht mehr sprechen und musste sich räuspern.
Sarah freute sich. Sie bewegte die Augen. »Ach, Suko ist ja auch gekommen. Das ist schön, da freue ich mich. Ich weiß gar nicht, wie spät es ist.«
»Wir haben Nacht«, sagte Suko.
»Gott. Und dann seid ihr hier?«
»Ja, wir mussten einfach kommen. Es hat uns gedrängt. Wir wollten schauen und…«
»Das ist ja riesig nett. War John auch schon hier?«
»Aber klar«, sagte Suko. »Da hast du nur geschlafen. Wir sind alle froh, dass es dir besser geht.«
Die Antwort hatte Sarah gefallen. Sie wollte noch etwas mitteilen, aber der Schleier der Müdigkeit war schneller. Er legte sich über ihre Augen, die plötzlich sehr schwer wurden. Das Lächeln auf den Lippen blieb, und damit schlief sie auch ein.
Jane hatte ihre Hände auf den oberen Rand des Bettgestells gestemmt, blickte nach unten und schüttelte den Kopf. »Es ist kaum zu fassen, es ist wirklich kaum zu fassen, aber sie ist wieder normal. Ich hab… mein Güte, ich schäme mich noch mehr.«
»Das brauchst du nicht, Jane.«
»Doch, ich…«
»Sie wird durch meinen Mund nichts erfahren!«, erklärte Suko. »Wenn ihr jemand etwas mitteilt, dann wirst du es sein. Den Zeitpunkt überlasse ich dir, Jane.«
»Danke. Ich werde es ihr irgendwann sagen. Da muss ich nur den richtigen Zeitpunkt abwarten.«
»Das wirst du schon richtig machen. Aber wir sollten jetzt verschwinden.«
»Du denkst an den Parkplatz und an Lukretia, nicht?«
»So ist es.«
»Ja, dann komm…«
***
Horror-Welt, hatte Lukretia gesagt und mich für einen Moment geschockt. Wenn sie das aussprach, hatte sie durchaus recht. Es konnte eine Horror-Welt sein, obwohl der Horror sich noch zurückhielt und sicherlich in der Dunkelheit verborgen war.
Ich fühlte mich nicht eben wohl. Das verdammte Licht blendete mich. Es strahlte so stark in mein Gesicht hinein und musste mich daran erinnern, was ich entdeckt hatte, bevor mich das Licht blendete.
Schwärze. Sehr tief. Das Zelt. Das Auto, in dem Lukretia nicht gesessen hatte. Sie hatte es zuvor verlassen, um an ihrem Plan arbeiten zu können.
Es sprach keiner von uns. Die Stille hatte sich wieder in das Zelt hineingedrängt. Sie war wie ein Vorhang, der mich umwickelt hatte, und nur der scharfe Strahl blieb auf mein Gesicht gerichtet, wobei ich die grelle Helligkeit trotz der geschlossenen Augen irgendwie bemerkte. Es war einfach nicht so finster wie sonst.
Ich wunderte mich schon darüber, dass Lukretia nichts sagte. Sie blieb still, als wollte sie mir die Gelegenheit geben, mich an gewisse Dinge zu gewöhnen.
Was auch tatsächlich eintrat, denn in den folgenden Sekunden konnte ich nicht mehr von Stille reden. Da gab es etwas anderes, das mich störte. Es war ein Geräusch, und ich fand nicht heraus, woher es so plötzlich kam. Vielleicht war es auch schon immer da gewesen, nur jetzt drang es an meine Ohren.
Poch… poch… poch…
Seltsam und ungewöhnlich. Ich wurde im ersten Moment an Hammerschläge erinnert, aber das war trotzdem nicht der richtige Vergleich. Die Regelmäßigkeit der Schläge konnte auch auf ein Herz hindeuten, das diese Geräusch abgab.
Nicht meines!
Ein anderes?
Wenn es zutraf, dann musste es ein verdammt großes Herz sein. Den normalen Herzschlag hörte ich nicht so laut. Ein großes Herz, das irgendwo versteckt lag.
Aber es brauchte kein Herz zu sein. Es konnte sich ebensogut um eine Maschine handeln, die sich unter der Erde verborgen hielt, denn an den Füßen spürte ich Vibrationen. Das Zittern drang durch die Schuhsohlen.
Es schien Lukretia Spaß zu machen, mich auch weiterhin zu blenden, denn sie senkte den Scheinwerfer um keinen Millimeter. Nach wie vor blieb mein Gesicht voll und ganz im künstlichen Schein.
Ich hütete mich, mich falsch zu bewegen. Sie hätte alles gesehen und sofort reagiert.
Möglicherweise auch mit einer Kugel. Trotz meiner Vorsicht hatte ich mich in eine schlechte Lage
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