1165 - Einsteins TrÀnen
erreichen."
*
Auf dem Weg zu den Dachlandeplätzen des Hauptquatiers kam Ellert und Chthon immer wieder an Räumen vorbei, in denen sie die Menschen sitzen und stehen sehen konnten, die hier gearbeitet hatten. Überall bot sich ihnen das gleiche Bild: Männer und Frauen rührten sich nicht und schienen an nichts Interesse zu haben.
Was würde mit ihnen geschehen? fragte sich Ellert.
Bestand nicht die Gefahr, daß sie alle zugrunde gingen, wenn sich niemand um sie kümmerte? Wer würde diese Menschen mit Nahrung versorgen, wer sich um ihre hygienischen Bedürfnisse kümmern?
Wie würde die von Vishna geplante Vernetzung der Menschheit mit dem Virenimperium vonstatten gehen?
Ellert dachte angestrengt an die letzten Bilder, die er auf der Oberfläche von Harnos Körper gesehen hatte. Darin war ein Teil der Antworten auf seine Fragen enthalten. Aber in dieser Beziehung versagte Ellerts Erinnerung.
Er hoffte, daß es nicht zu spät sein würde, wenn er sich wieder erinnern konnte.
Auch auf dem Dach hielten sich ein paar Menschen auf. Sie standen herum oder hockten an den Kontrollen der verschiedenen Flugobjekte. Ihr Zustand war der gleiche wie der der Männer und Frauen im Innern des Hauptquartiers.
Die Vorstellung, daß es überall auf der Erde so oder so ähnlich aussah, ließ nacktes Entsetzen in Ellert aufsteigen.
„Was hast du nun vor?" erkundigte sich Chthon telepathisch.
Ellerts Blicke wanderten über den Landeplatz.
„Wir suchen uns eine Space-Jet oder ein anderes Kleinstraumschiff, das ich fliegen kann", antwortete er. „Damit machen wir einen Abstecher in den Weltraum."
„Du willst die Kugeln angreifen?"
„Irgend etwas müssen wir doch tun!"
„Ja", bestätigte Chthon. „Aber denke daran, daß die Kugeln über die gleichen Schutzschirme verfügen wie die technomanischen Apparate. Narwonwors Team konnte trotz hervorragender Ausrüstung keinen dieser Schirme knacken."
„Vielleicht haben sie nicht alles versucht", Ellert deutete auf eine Kleinst-Space-Jet. „Dort drüben, Chthon. Diese Maschine nehmen wir."
Sie erreichten den Flugkörper, und Ellert kletterte durch die offene Luke auf den Pilotensitz. Chthon kam einfach durch die stählerne Hülle herein. So verblüffend seine Fähigkeit auch immer wieder war, so sehr verdeutlichte sie auch Chthons gleichzeitige Schwäche: Er konnte keinen unmittelbaren Einfluß auf materielle Dinge nehmen.
Ellert beobachtete den Schatten voller Sorge, denn es schien ihm, daß Chthon immer durchsichtiger wurde. Auch der Nebelwams begann sich allmählich aufzulösen. Der Aufenthalt auf Terra war seit ein paar Tagen gefährlich für Chthon.
Durch die transparente Kuppel der Jet warf Ellert einen Blick zum Himmel. Er leuchtete in den Farben des Grauen Korridors, der bisher noch nie so intensiv gestrahlt hatte. Das Licht der Helioslampen verblaßte dagegen.
„Hältst du nach den Kugeln Ausschau?" erkundigte sich Chthon.
„Ja", bestätigte Ernst. „Es ist ein schrecklicher Gedanke, daß sie dort oben bald auftauchen werden."
Er überprüfte die Kontrollen und schloß die Luke. Die Jet gehörte einem Hanse-Spezialisten und besaß eine besondere Ausrüstung. Auch Bordwaffen gehörten dazu, wie Ellert erleichtert feststellte.
Sie hoben vom Dach ab und flogen einige hundert Meter über die Stadt dahin.
Terrania machte einen ausgestorbenen Eindruck, die größte Geisterstadt, die Ellert jemals gesehen hatte. Er schauderte zusammen, als er daran dachte, welche Szenen sich in der nahen Zukunft dort unten noch abspielen würden.
„Es hat keinen Sinn, noch länger hier spazieren zu fliegen", stellte er fest. „Gehen wir höher."
Als er sein Vorhaben in die Tat umsetzen wollte, streckte Chthon einen seiner durchsichtigen Arme aus und deutete auf die Erdoberfläche.
„Da, Ernst! Sieh nur!" kamen seine mentalen Impulse voller Bestürzung.
Ellert hätte fast die Kontrolle über die Maschine verloren. Die Jet machte ein paar ruckartige Flugbewegungen, dann hatte der Pilot auf Antigravautomatik umgeschaltet. Der Diskus hing ruhig in der Luft.
Tief unter ihnen belebten sich Straßen und freie Plätze.
Aus den Gebäuden strömten zu Tausenden die Bürger der Stadt und versammelten sich im Freien.
„Der Bann ist gebrochen!" jubelte Ellert. „Sie haben ihren Gleichmut abgelegt und sind wieder aktiv geworden."
Chthon reagierte nicht, er wirkte sehr nachdenklich. Auch Ellerts anfängliche Erleichterung ließ jäh nach, als er über das Verhalten der
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