1167 - Bettler des Vakuums
sich zu reißen. Er hätte es auch durchaus schaffen können, wenn sich die Pflanze nicht gerade in diesem Augenblick erneut aufgebäumt hätte. Cobanor konnte das kleine Raumschiff nicht schnell genug hochreißen. Das Blatt kam ihm so schnell entgegen, daß er nicht an einen Zufall glauben mochte. Dieses Ding machte Jagd auf die Raumfahrer, davon war er jetzt überzeugt.
Es krachte, als das Blatt gegen die Unterseite der Space-Jet schlug, und Cobanor war versucht, entsetzt die Augen zu schließen. Er ließ es bleiben und bemühte sich statt dessen, so schnell wie möglich von dieser unheimlichen Pflanze wegzukommen. Aus den Augenwinkeln sah er, daß die anderen Tardajas bereits sehr nahe waren. Dann entdeckte er Varkun, der durch die Bewegungen der Pflanze fast bis in die Nähe der äußersten „Blütenblätter" gerutscht war. Der Ara rührte sich immer noch nicht und gab auch keinen Laut von sich. Trotzdem war Cobanor erleichtert, denn im ersten Moment hatte er befürchtet, daß der Ara bei dem Zusammenprall zwischen das Blatt und die Space-Jet geraten und zerquetscht worden war.
Er hielt Ausschau nach Pakosch, aber fast gleichzeitig hörte er den Springer lauthals fluchen. Und dann warf er einen Blick auf den Schirm, der ihm das Innere der Schleuse zeigte, und er sah, daß Jasmin Ali und Sira regungslos am Boden lagen. Er konnte nicht erkennen, was mit ihnen geschehen war, und er hatte jetzt auch keine Zeit, sich darum zu kümmern.
„Pakosch", sagte er. „Hör auf zu fluchen und komm an Bord. Beeile dich. Ich hole Varkun mit dem Traktorstrahl."
„Diese verdammte Pflanze..."
„Es interessiert mich nicht, wie das Ding auf den Strahl reagiert", erklärte Cobanor ungeduldig. „Beeile dich!"
Einige der herbeieilenden Tardajas gewannen Höhe und begannen, sich über ihn zu schieben. Aber diese relativ schwerfälligen Pflanzen hatten bestimmt keine Vorstellung davon, wie schnell und wendig eine Space-Jet war.
Als er den Traktorstrahl aktivierte, begann die Pflanze unter ihm erneut zu bocken, aber diesmal war Cobanor gewarnt. Er achtete auf einen ausreichenden Sicherheitsabstand, und er ließ sich durch die heftigen Reaktionen der Tardaja nicht irritieren. Nebenbei bemerkte er, daß Pakosch zurückgekehrt war und sich um Sira und die Biologin bemühte.
Dann hatte er endlich auch den Ara im Griff. Aber obwohl der Traktorstrahl auf den Transport eines menschlichen Körpers abgestellt war und dementsprechend nicht annähernd genug Energie besaß, um die vergleichsweise gewaltige Masse der Pflanze mit sich zu nehmen, stieg das verdammte Ding in genau demselben Maß, wie Varkun sich aufwärts bewegte, und als Cobanor nach oben hin ausweichen wollte, mußte er feststellen, daß über ihm bereits eine weitere Pflanze lauerte.
„Ihr könnt machen, was ihr wollt", teilte Cobanor den Pflanzen grimmig mit. „Aber ich werde euch Varkun nicht überlassen!"
Und dann drosselte er die Energiezufuhr, so daß der Traktorstrahl den Ara zwar noch hielt, ihn aber nicht mehr in die Space-Jet hinaufziehen konnte. Vorsichtig glitt das kleine Schiff seitwärts über die Pflanze, und unter ihm rutschte Varkun über die glatte Oberfläche des Blattes. Ein paar Lumena stürzten zwischen den hochaufragenden, weißglänzenden Blütenblättern hervor, aber sie waren nicht schnell genug, und der Körper des Biologen fiel über den Rand der Pflanze, bevor die kleinen Wesen ihn festhalten konnten.
Cobanor hielt Varkun in dem Strahl und zog ihn an Bord, während weitere Tardajas herbeieilten.
„Ich habe ihn", meldete Pakosch. „Er lebt. Ich schließe jetzt die Schleuse."
Zu diesem Zeitpunkt wußte Cobanor bereits, daß auch Jasmin und Sira den Zusammenprall überlebt hatten - sie waren lediglich bewußtlos. Eines allerdings konnte der Arkonide nicht wissen: Daß es mit dieser Bewußtlosigkeit seine eigene Bewandtnis hatte. Das war auch gut so, denn sonst hätte er sich nicht so total auf die Flucht aus dieser Falle konzentrieren können, wie es nötig war.
Überall um die DARWIN herum waren die fliegenden Pflanzen, große, mittelgroße, aber auch ganz kleine, und die waren am gefährlichsten, denn sie konnten sich zwischen den anderen hindurchschieben und der Space-Jet den Weg versperren. Cobanor wußte jetzt, daß jede Berührung mit diesen Pflanzen gefährlich war, und er war nervös, von Furcht erfüllt und gereizt. Er hatte plötzlich tiefes Verständnis für Moby, und er wünschte sich, daß die DARWIN bewaffnet gewesen
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