1167 - Die Tochter des Dämons
erklärte Sarah. »Oder keine normale, meine ich. Dann hätte das Kreuz sie längst vernichtet. Aber etwas von dem muss doch in ihr stecken - oder, John?«
»Ja, das denke ich auch.«
»Ein Erbe«, flüsterte Jane. »Und zwar von ihrem Vater.«
»War er ein Dämon?«
»Kann sein, Sarah. Wenn es dann so gewesen ist, dann ist Alina die Tochter eines Dämons, auf die nicht alle Macht übergegangen ist, sondern nur ein Teil.«
Das war nicht schlecht gedacht, und ich stimmte Jane mit einem Nicken zu. »Wie hieß der Vater?«, fragte ich.
»Henry Wade«, erwiderte Sarah.
Ich breitete die Arme aus. »Ist euch der Name bekannt?«
Jane schüttelte den Kopf. Und auch mir sagte der Name im Moment nichts. Sarah versuchte es mit einer weiteren Erklärung. »Er war von Beruf Grafiker, hat immer selbständig gearbeitet und hat seine Tochter, die sein Ein und Alles war, allein großgezogen. Die Mutter ist kurz nach Alinas Geburt mit einem anderen Mann durchgebrannt. So jedenfalls hat sie es mir erzählt.«
»Ob das stimmt?«, fragte Jane.
»Ich habe keine Ahnung.«
»Was wir hier erlebt haben, könnte mit Alinas Vater in einem Zusammenhang stehen. Wenn wir davon ausgehen, dass er tatsächlich ein Dämon gewesen ist, dann muss er sich auf irgendeine Art und Weise schuldig gemacht haben. Schuldig gegenüber seinen Artgenossen, sodass die nichts anderes im Sinne hatten als seine Seele in das Reich des Spuks zu schicken. Das ist meine Theorie. Aber es kann auch ganz anders gelaufen sein.«
»Jedenfalls sieht Alina durch die Augen ihres Vaters, obwohl man ihm die genommen hat. Und sie sieht Dinge, die einem normalen Menschen verborgen bleiben. Oder hast du damit gerechnet, Jane, dass sie die letzten Hexenkräfte in dir entdeckt?«
»Nein, das habe ich nicht. Ich war ja völlig überrascht. Wann ist mir das schon mal passiert. Und sie hat auch Johns Kreuz irgendwie gespürt.« Jane verengte die Augen. »Sie hat es sogar angefasst. Was mich wiederum wundert. Hätte sie es auch getan, wenn sie eine hundertprozentige Dämonin oder Schwarzblütlerin wäre?«
»Im Normalfall nicht«, erwiderte ich.
»Eben. Aber wir haben hier keinen normalen Fall mehr. Hier ist überhaupt nichts mehr normal. Die gesamte Person ist für mich ein pures Rätsel, das muss ich euch sagen. Vielleicht klingt es lächerlich, aber das soll es auf keinen Fall. Vielleicht kann man bei ihr von einer Halbdämonin sprechen.«
Ich hatte sie wohl begriffen und setzte eine Frage nach. »Bist du dann eine halbe Hexe, Jane?«
»Nein. So weit würde ich nicht gehen. Aber es steckt etwas in mir. Das hat unsere Freundin hier bemerkt. Demnach ist sie für gewisse Dinge verdammt sensibilisiert worden. Sie kann also unterscheiden, wer ein normaler Mensch ist und wer nicht. Das ist für mich ein Phänomen, und sie hat diese Gabe von ihrem toten Vater übernommen, der sicherlich stärker war als sie.«
Ja, Jane lag mit ihrer Theorie nicht daneben. Am längsten jedoch hatte sich die Horror-Oma mit der jungen Frau unterhalten. Deshalb wandte ich mich an sie.
»Hat Alina denn, wenn sie von ihrem Vater sprach, etwas in dieser Richtung angedeutet?«
»Nein, das hat sie nicht. Er war für sie der perfekte Vater, den sie über alles geliebt hat. Ich glaube nicht, dass wir weiterkommen, wenn wir sie nach ihrem Vorleben befragen.«
Da mochte Sarah Recht haben. So richtig aufgeben wollte ich nicht. Auch wenn uns der Name Henry Wade nichts sagte, es war durchaus möglich, dass er im Fahndungscomputer von Scotland Yard stand. Das herauszufinden, war ein Klacks und kostete mich nur einen Anruf.
Sarah und Jane waren gespannt, als ich telefonierte. Der Kollege in der Abteilung, dem ich meinen Wunsch vortrug, blieb locker. »Das ist kein Problem.«
»Kann ich am Telefon bleiben?«
»Wenn Sie wollen.«
Ich vertraute auf die moderne Technik bei Scotland Yard. Früher hätte man auf das Ergebnis einer Anfrage lange warten müssen, heute ging so etwas blitzschnell.
Es stimmte. Nicht einmal zwei Minuten vergingen, bis sich der Kollege wieder meldete. »Tja, man hat nicht immer Glück, Mr. Sinclair. Diesmal war es ein Schuss in den Ofen. Nichts. Dieser Mensch ist ein unbeschriebenes Blatt. Zumindest für uns. Was nicht heißt, dass er nicht anderswo Ärger gemacht hat.«
»Jedenfalls bedanke ich mich für Ihre Mühe.«
»Ist schon okay. Angenehme Nacht.«
»Ihnen das Gleiche. Zum Schlafen werden wir wohl beide kaum kommen.«
»Da könnten Sie Recht behalten.«
Ich hatte
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