1168 - Nach den Regeln der Hölle
fremden Person betreten worden war.
Jane blieb an der Tür stehen und zog sie auf. Vor ihr lag der Hausflur, der natürlich leer war. Sie hätte sich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre.
Zu sehen war nichts. Die Schatten drängten sich zusammen. Janes Blick fiel auf die Treppe, aber auch dort tat sich nichts. Die Stufen blieben im Dunkeln verschwunden und schienen dann im Nichts zu enden.
Es war etwas passiert, davon ging sie aus. Und sie rechnete damit, dass John Sinclair die Wohnung verlassen hatte. Durch ihn war die Tür offen geblieben.
Aber wo steckte er?
Hatte er nicht nur die Wohnung verlassen, sondern auch das Haus? Sie sah dafür keinen Grund, aber sie hatte auch zu lange geschlafen. Da war ihr John vielleicht durch sein Erwachen zuvorgekommen. Nur warum hatte er sie und Alina nicht geweckt?
Beim Namen der jungen Frau irrten ihre Gedanken ab. Jane glaubte, dass Alina im Moment wichtiger war als John. Sie wohnte hier, und sie kannte sich hier aus.
Jane ließ die Tür offen und ging zu Alinas Zimmer. Sehr langsam und leise schob sie die Tür auf.
Alina drehte sich nicht um. Sie stand am Fenster und hatte es geöffnet. Der warme Wind des frühen Morgens drang in das Zimmer ein. Jane schloss die Tür, damit es nicht zu einem Durchzug kam.
Auch dieses Geräusch sorgte für keine Veränderung in der Haltung der jungen Frau. Sie schaute in die Ferne, als hielte die Dunkelheit bestimmte Lösungen für sie parat.
Vielleicht gab es draußen trotz allem etwas Interessantes zu sehen. Möglicherweise hielten sich die Hunde noch in der Nähe auf, um das Haus zu bewachen.
Jane wollte es herausfinden. Sie ging so weit, bis sie neben Alina stand und schaute ebenfalls nach draußen, wo sie zwar die nächtliche Kulisse erkannte, aber keine Bewegungen zu sehen waren. Die Parkplätze waren bis auf die dort abgestellten Autos leer.
»Geht es Ihnen jetzt etwas besser, Alina?«
»Besser?« flüsterte sie. »Ich weiß nicht so recht. Jedenfalls schlafe ich nicht mehr.«
»Das hört sich an, als wären sie froh darüber.«
»Bin ich auch.«
»Warum?«
Alina beugte sich vor und stützte sich dabei auf der Fensterbank ab. »Es ist schwer zu sagen. Warum ich eingeschlafen bin, weiß ich nicht. Es ist zumindest ungewöhnlich. Aber ich habe nicht nur geschlafen«, sie senkte ihre Stimme, »ich habe auch geträumt. Es waren mehrere Träume. Sie können nicht lange gedauert haben, trotzdem sind sie sehr intensiv gewesen.«
»Möchten sie mit mir über Ihre Träume sprechen, falls sie nicht zu persönlich sind?«
»Da haben sie Recht. Persönlich waren sie schon. Trotzdem möchte ich darüber reden.«
Jane war neugierig und fragte: »Ging es um Ihren Vater?«
»Ja.«
»Nahm er Kontakt auf?«
»Nein, Jane, so ist es nicht gewesen. Ich bekam keinen Kontakt zu ihm, aber er spielte dennoch eine wichtige Rolle. Indirekt würde ich sagen, eben durch sein Erbe, das er mir vermacht hat. Das muss ich schon zugeben.«
»Und weiter?«
»Wissen, Jane. Ich habe durch mein Erbe ein bestimmtes Wissen erhalten, was meine Familie und wohl auch meine Herkunft angeht. Einfach ist es nicht, und ich habe damit schon meine Probleme, denn da eröffnen sich völlig neue Perspektiven. Ich habe keine genaue Ahnung davon, wer oder was mein Vater gewesen ist. Für mich ist er auch heute noch ein Mensch, obwohl ich einen anderen Blick bekommen habe und jetzt mehr erkennen kann und so hinter die Fassade schaue, was für mich wichtig geworden ist.«
»Das haben Sie auch im Traum geschafft, der sich eben nicht nur um Ihren Vater drehte?«
»Überhaupt nicht, Jane. Ich sah mehr den anderen. Den Mann mit den Hunden.«
Jane schwieg. Sie hatte gehofft, mehr über ihn zu erfahren. Dass es allerdings durch Alina geschehen würde, überraschte sie schon. »Träume von diesem Unbekannten?«
»Ja. Nur muss ich das relativieren, denn jetzt ist er mir nicht mehr unbekannt.«
»Dann hat er sich Ihnen gegenüber identifiziert?«
Alina nickte heftig. »Stimmt. Er erschien mir im Traum. Mir wurden Welten eröffnet, die ich so nicht kannte.«
»Sie kennen also seinen Namen?« Jane stellte die Frage bewusst. Sie wollte nicht, dass das Thema gewechselt wurde.
»Er heißt Dorian…«
Mehr sagte Alina zunächst nicht. Jane zeigte sich darüber nicht eben zufrieden. »Gibt es keinen Nachnamen?«
»Doch!«
»Wie lautet er?«
Alina verkrampfte sich bei der Antwort. Sie drückte den Rücken durch und flüsterte: »Er heißt Wade mit Nachnamen,
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