1169 - Satans Kind?
das Kind gemacht. Das entspricht der Wahrheit. Aber was hast du erzählt?«
»Ich… ich…«
»Los, raus damit!«
»Ich sprach von einer Party«, gab Muriel Sanders kleinlaut zu.
»Ah wie schön, dass du es noch weißt. Ja, du hast von einer Party gesprochen. Es war aber nicht möglich, dass Julia auf eine Fete gegangen ist, denn sie hockte in der Zelle. Sie hatte auch keinen Freigang, verstehst du?«
Allmählich dämmerte ihr, was sie da unabsichtlich getan hatte. Sie begann zu frieren und leicht zu zittern. Sie wagte es auch nicht mehr, in das Gesicht der Frau zu schauen, die vor ihr stand und deren Beine sich als Schatten noch auf dem Boden abmalten.
»Alles klar, Muriel?«
Sie nickte.
Dora räusperte sich. »Ich weiß ja nicht, ob die Bullen etwas bemerkt haben, aber wir müssen auf Nummer Sicher gehen bei dir. Es darf nicht sein, dass man bestimmte Dinge herausfindet, die hier im Verborgenen laufen. Julia war eingeweiht. Sie hat sich nur später etwas dumm benommen, aber sie wird gebraucht.«
»Und was ist mit mir?«, flüsterte Muriel, die es nicht wagte, den Kopf anzuheben.
»Du wirst nicht gebraucht.«
Die Antwort empfand Muriel wie einen Schlag ins Gesicht. Sie wusste augenblicklich, was die Worte bedeuteten. Ihr Puls raste. Die Angst schlug Alarm. Sie fror und schwitzte zugleich. Sie war schon zu lange eingesperrt, um nicht zu wissen, was hier ablief. Natürlich war nichts offiziell, aber im Hintergrund war ein gefährliches Netzwerk aufgebaut worden, in das bestimmte Personen aus dem Gefängnis involviert waren.
Dazu zählten Gefangene, aber auch Mitglieder des Aufsichtspersonals. Wer in diesen Zirkel eingeschlossen war, das war ihr leider - oder zum Glück - unbekannt.
Dora gehörte auf jeden Fall dazu. Bei Julia war sich Muriel nicht sicher gewesen, aber jetzt stand für sie fest, dass sie auch dazugehörte. Wenn auch nicht unbedingt freiwillig. Man konnte sie durchaus als Opfer ausgesucht haben.
»Wir müssen alles vermeiden, was uns einengt!«, sagte Dora mit ruhiger Stimme, in der allerdings eine gewisse Drohung mitschwang, die Muriel nicht überhörte.
In den vergangenen Sekunden hatte sie den Blick zu Boden gerichtet. Sie hatte einfach nicht auf die Aufseherin schauen wollen. Nun hob sie den Kopf langsam an. Es sah so aus, als würde er von einem nicht sichtbaren Faden in die Höhe gezogen.
Ihre Blicke trafen sich. Es gab keinen Weg vorbei, aber nicht die Augen und der Glanz darin störten Muriel, es war etwas ganz anderes, das ihr wieder einen feurigen Stoß durch die Brust gab.
Dora hielt etwas in der Hand.
Für Muriel war es eine Waffe, auch wenn man den Gegenstand nicht als eine solche ansehen konnte.
Der Kolben, die Kanüle - die Spritze!
Dora lächelte, als sie gegen die leicht gelbliche Flüssigkeit drückte. Ein paar Tropfen schossen aus der Spritze hervor und landeten auf dem Boden.
Muriel wusste Bescheid, und sie fragte: »Was… was… haben Sie damit vor?«
»Du musst ruhig gestellt werden, meine Liebe.«
»Wie…?«
»Nun ja, eben ruhig.«
»Aber ich sage nichts mehr. Das verspreche ich. Ehrlich, ich werde nichts mehr sagen.«
»Klar.« Dora nickte. »Du wirst auch nichts mehr sagen. Du wirst nichts mehr sagen können.«
Der letzte Satz war der Schlimmste. Dora hatte ihn voller Abscheu ausgestoßen, und Muriel brauchte nicht lange zu raten, was er im Endeffekt bedeutete. Sie war für die anderen zu einer Gefahr geworden, und sie wollten nicht, dass auch nur ein Hauch ihrer verbotenen Dinge aus der Dunkelheit ans Tageslicht geriet. Aus diesem Grund schlossen sie lieber jedes Risiko aus.
Es war ja so leicht, jemand aus dem Knast verschwinden zu lassen. Da gab es keine Probleme, wenn man die richtigen Beziehungen hatte. Die schienen hier vorhanden zu sein. Sonst hätte sich kein Netzwerk aufbauen können.
Dora leckte sich über die Lippen, die sie anschließend zu einem breiten Lächeln verzog. »Es läuft alles wie gehabt«, erklärte sie. »Du kannst nicht länger so bleiben, meine Kleine, das muss dir doch klar sein. Du hättest den beiden Bullen die Verwirrte vorspielen sollen. War das nicht abgesprochen, falls es mal Nachfragen gibt?«
»Ja, schon…«
»Eben.«
»Aber ich konnte das nicht mehr, verstehen Sie nicht? Sie waren zu zweit. Sie haben mich durcheinander gebracht.«
»Sehr richtig, meine Kleine.« Dora nickte. »Und damit das nicht noch einmal passiert, werden wir unsere Vorkehrungen treffen. Es ist wirklich kein Problem. Auch du wirst einen
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