117 - Der Zauberspiegel
Das muß er sein, dachte sie. Sie versuchte sich an den Namen des Mannes zu erinnern, doch er fiel ihr nicht ein.
Die Verkäuferin trat zwei Schritte zur Seite und blieb hinter dem Millionär stehen, der sich soeben bückte. Als er sich aufrichtete, runzelte sie verwundert die Stirn.
Die Haarfarbe des Mannes hatte sich geändert. Das Haar war nicht mehr weiß, sondern grünstichig. Spratt drehte den Kopf etwas zur Seite, und für einen Augenblick sah sie sein Gesicht. Die Haut war auch grün geworden.
Spratt griff nach einer Krawatte, und seine Hand verkrampfte sich. Sie war ebenfalls grün geworden. Die Finger waren lang und knochig, die Nägel hatten spitze Krallen.
Rita Liggat riß die Augen weit auf und atmete keuchend.
Langsam wandte sich der Millionär ihr zu. Vor ihren Augen schien es zu flimmern. Sie öffnete den Mund, taumelte einen Schritt zurück, stieß gegen die Kasse und hob abwehrend die Hände.
Ein abstoßendes Monster stand vor ihr. Das grüne Gesicht war mit Beulen übersät. Ein Auge befand sich mitten in der Stirn, das zweite auf der rechten Wange. Die Nase hing schief im Gesicht, und der Mund befand sich auf der linken Wange.
„Hilfe!" brüllte die Verkäuferin so laut sie konnte. „Hilfe!"
Das grüngesichtige Monster sprang sie n. Fauliger Atem strich über ihr Gesicht, und die Krallen bohrten sich schmerzhaft in ihre Hüften.
Zwei Verkäufer betraten die Krawattenabteilung. Einer blieb wie gelähmt stehen und stierte das keuchende Monster an, das eben dabei war, Ritas Rock und Bluse zu zerreißen. Der zweite hatte rasch seine Überraschung überwunden, griff nach einem Krawattenständer und schlug damit auf das Scheusal ein, das die Verkäuferin losließ, die ohnmächtig zu Boden fiel. Das Monster stieß einen durchdringenden Schrei aus, packte den Ständer und riß ihn an sich. Der Verkäufer geriet ins Taumeln. Er schrie auf, als eine Krallenhand sein Gesicht blutig riß.
Das Monster ließ von ihm ab und rannte an dem zu einer Statue gewordenen zweiten Verkäufer vorbei. Eine Frau schrie hysterisch auf, als sie das Monster sah, das zur Rolltreppe stürmte. Es rannte die Treppe hinunter. Auf der Nebentreppe war lautes Geschrei zu hören, auf das aber das Monster nicht achtete. Es stieß einen jungen Mann zur Seite und betrat die Spielzeugabteilung.
Zwei beherzte Männer stellten sich ihm entgegen, doch das Monster entwickelte überraschende Kräfte. Einen der Männer hob es hoch und schleuderte ihn auf eine Spielzeugeisenbahn, den zweiten schlug es mit einem Hieb bewußtlos.
In der Spielzeugabteilung war der Teufel los. Frauen mit ihren Kindern stürmten wild kreischend auf die Rolltreppen zu.
Das Ungeheuer versperrte einer jungen Frau den Weg, die angstvoll zurückwich. Das Monster schlich langsam näher, duckte sich und sprang die Frau an. Die scharfen Krallen zerrissen ihren Mantel. Brutal preßte das Monster die Frau an eine Wand, drückte die rechte Pranke an ihre Kehle und fetzte mit der linken die Kleidung der jungen Frau herunter. Blut schoß zwischen den hohen Brüsten hervor. Die blonde Frau heulte vor Schmerz auf und versuchte, die Pranke fortzuschieben, die ihre Kehle zudrückte. Vor ihren Augen wurde es schwarz, dann wurde sie ohnmächtig.
Das Monster wütete weiter.
„Lassen Sie die Frau los!" war eine scharfe Stimme zu hören.
Doch das Monster befand sich in einem Blutrausch. Es hörte nichts, konzentrierte sich ganz auf die junge Frau.
Zwei Schritte hinter dem Monster stand Jan Parandowski, einer der Warenhausdetektive. Neben ihm befand sich Hugh Stockwell, einer der Direktoren des Warenhauses.
„Schießen Sie, Parandowski!" befahl Stockwell.
Der Detektiv zögerte. Er war klein, fünfzig und hatte eine Glatze.
„Das Monster bringt die Frau um. Schießen Sie endlich!"
„Loslassen!" schrie der Detektiv.
Er sprang auf das Monster zu und schlug ihm den Pistolenlauf über den häßlichen Schädel.
Das Monster ließ die Frau los und drehte sich um. Nie zuvor hatte der Detektiv ein scheußlicheres Gesicht gesehen. Für einen Augenblick war er wie gelähmt.
Das grüne Scheusal streckte die Krallen aus, packte Parandowski an den Schultern und riß ihn an sich.
„So schießen Sie doch endlich, Parandowski!" brüllte Stockwell, der ein paar Schritte zurückgetreten war.
Der Detektiv schloß die Augen, drückte die Mündung der Pistole an die Brust des Monsters und schoß. Der Schuß hallte überlaut durch die Gänge. Pulverrauch stieg auf. Das Monster
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