1179 - Der Killerzwerg
habe ihm einen gewissen Respekt erwiesen. Er irrte durch die Gegend. Er war ausgestoßen worden. Die Besatzung eines Wanderzirkusses wollte ihn nicht mehr, weil er zu sehr nach dem Teufel gierte.«
»Wieso?«
»Er liebte ihn. Es kam zwangsläufig. Man gab ihm keine Chance. Auch die frommen Gottesmänner nicht, an die er sich in seiner großen Not gewandt hatte. Da blieb ihm eben nur eine Chance. Zu versuchen, sich mit dem Teufel zu verbünden, und der Teufel hat ihn erhört. Er brauchte Menschen wie Lippy.«
Sharon Grant war von ihren Worten so überzeugt, dass sie keinen Widerspruch gelten ließ. Ich musste mich erst sammeln, bis ich die richtige Frage gefunden hatte.
»Wenn ihn der Teufel brauchte, warum brauchtet ihr ihn dann?«
»Weil wir uns fast so fühlen wie Lippy, Sinclair. Wir sind Ausgestoßene. Zumindest die meisten von uns.« Sharon beugte sich vor, um mich besser sehen zu können. »Ja, sprich mit den Frauen. Sie sind ausgestoßen worden. Sie wussten nicht mehr, wohin sie sich noch wenden sollten. Man hat ihnen gezeigt, wozu Menschen fähig sind, ohne dass sie sich an ihren Peinigern rächen konnten. Aber das wird sich ändern, wenn der Kontakt mit dem Teufel erst mal hergestellt worden ist. Dann sind wir die Siegerinnen, verstehst du?«
»Ihr wollt zu Hexen werden?«
»Richtig, Sinclair, genau erfasst. Und Lippy geht uns voran.«
Die Fragerei hatte mich erschöpft, was wohl auch Suko aufgefallen war. Er übernahm das Wort.
»Und warum tötete er? Warum brachte er die Frauen um? Sie hatten ihm nichts getan…«
Sharon schüttelte unwillig den Kopf. »Warum wohl? Wovon hat er geträumt, als er noch beschäftigt war und sich zwischen all den normalen Menschen bewegte? Er ist ein Mann, und er träumte davon, Frauen zu besitzen, versteht ihr? Aber es gab keine, die ihn erhört hätte. Sie haben ihn abgewiesen. Sie haben ihn angespuckt. Sie ekelten sich vor ihm, und das hat er natürlich gemerkt, aber er hat es nicht vergessen und voll und ganz auf die Hölle vertraut. Es war nicht das Schlechteste, kann ich dir sagen. Der Teufel hielt seine schützende Hand über ihn. Er nahm Lippy als Opfer an. Es war einfach wunderbar, und Lippy konnte wieder richtig aufleben. Gleich und Gleich gesellt sich gern, denn auch meine Freundinnen hier fühlen sich als Ausgestoßene.« Sie hob den Zeigefinger wie eine Lehrerin ihren Zeigestock. »In mir hat er eine Schutzpatronin gefunden. Es ist wunderbar für ihn. Du glaubst gar nicht, wie wohl er sich bei uns fühlt.«
Ja, das glaubte ich ihr aufs Wort. Das brauchte ich ihr auch nicht zu bestätigen.
»Nur mögen wir es nicht, wenn wir gestört werden. Egal, von wem. Und deshalb werden wir euch aus diesem Wagen herausholen und dorthin bringen, wo ihr sterben werdet und wo sich unser Lippy auch wohl fühlt. Wir alle werden zuschauen, wenn ihr euer Leben verliert und als Opfergabe bald dem Teufel ins Angesicht schauen könnt. Die nächste volle Stunde werdet ihr nicht mehr erleben.«
Sie trat zur Seite, um ihren Freundinnen Platz zu schaffen. Auch den Zwerg zog sie mit, obwohl dieser sich leicht wehrte.
Ich hörte noch, wie sie ihm versprach, dass er zu seinem Recht kommen würde.
Dann waren die Hände da. Sie griffen zu. Sie nahmen keine Rücksicht. Sie zerrten mich tatsächlich aus dem Rover, und mit Suko geschah an der anderen Seite das Gleiche.
Nicht mit den Füßen zuerst stieg ich aus, sondern mit den Händen. Ich stemmte sie gegen den Boden. In dieser unnatürlichen Haltung schwemmte mir das Blut in den Kopf, und die verdammte Wirkung des Gifts tat noch ihr Übriges dazu.
Ich verlor das Bewusstsein…
***
In meinem Kopf brummte es. Alles drehte sich. Der Schwindel war nur schwer unter Kontrolle zu bekommen, aber ich war nicht lange bewusstlos gewesen, denn die Umgebung war die Gleiche geblieben, abgesehen davon, dass ich nicht mehr im Rover saß.
Ich lag auch nicht am Boden. Man hatte mich gepackt und auf die Beine gestellt, aber man hielt mich an den Armen fest, was mir sogar sehr lieb war, denn die Schwäche schleuderte mich fast um.
Ich verfluchte innerlich das Gift und hörte, dass Suko mit Sharon Grant sprach, die einige Male lachte, während mein Freund sich zurückhalten musste.
Sie hatte gewonnen, und das zeigte sie auch!
Sie war nahe an mich herangetreten. Lippy beobachtete Suko, der ebenfalls von einigen Frauen festgehalten wurde.
Sharon lächelte mich an. Dann griff sie geschickt zu und nahm mir die Waffe ab. »Die brauchst du nicht
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