1183 - Visionen der Hölle
Lippen herum wirkte das Lächeln wie eingegraben. Selbst bei einem Schicksalsschlag würde es nicht vergehen.
Manche hätten die Umgebung als gemütlich bezeichnet. Ich sah das anders. Mir kam sie zu plüschig vor, und auch Suko gefiel es hier nicht so recht, das erkannte ich an seinem Gesichtsausdruck. Wir sahen die Fenster, aber wir konnte nicht nach draußen schauen, da Gardinen bis zum Boden hingen und die Scheiben verdeckten. Wer sich in dieser Umgebung länger aufhielt, der wusste wirklich nicht, ob draußen die Sonne schien oder bereits die Nacht angebrochen war.
Ray unterbrach das Schweigen. Er hob die Schultern, was wohl ein gewisses Bedauern ausdrücken sollte. »Sie müssen sich leider noch etwas gedulden, Gentlemen, denn unsere Kabinen sind besetzt. Am Mittag und am Abend sind wir eben gut besucht.«
Ich lächelte auch. »Richtig, Ray, davon hat uns unser Freund Tom berichtet. Nur vier Kabinen.«
»Es ist eben alles exklusiv.«
»Und Doria tanzt wirklich?«
»Darauf können Sie sich verlassen. Sie ist besonders an diesem Tag in einer sehr guten Form. Und ich möchte Sie auch darum bitten, dass Sie Ihre Handy ausstellen. Eine Störung zur unrechten Zeit verunsichert doch immer wieder.«
Wir kamen der Aufforderung nach. Es war kein Beinbruch, was Ray verlangt hatte. Und er bot an, dass wir uns die Wartezeit mit einem Drink verkürzen konnten oder - falls gewünscht - und jetzt lächelte er noch tiefer, mit einem Film der speziellen Art.
Suko und ich taten, als würden wir überlegen. Dann stimmten wir für den Drink.
»So habe ich Sie auch eingeschätzt. Ein Live-Erlebnis ist immer besser. Sie können sich dann die Plätze aussuchen. Wenn es so weit ist, komme ich zu Ihnen.«
»Und wer bringt die Drinks?« fragte ich.
»Ich bin so frei. Nachdem Sie den Obolus entrichtet haben. Wir nehmen fünfzig Pfund von jedem Gast.«
Das hielt sich noch in Grenzen. Suko drehte sich weg, und so zahlte ich. Dass der Drink inklusive war, wurde uns noch gesagt. Allerdings gab es keinen Alkohol, sondern Mineralwasser, das uns Ray servierte, nachdem wir die Plätze eingenommen hatten.
Ich fand die Sessel zu tief und auch etwas zu ausgesessen. Es war keine Umgebung, in der ich mich hätte wohl fühlen können. Zu wenig Licht auf der einen Seite, und auf der anderen hatte ich das Gefühl, von irgendwoher beobachtet zu werden, denn es gab an einer Seite des Raumes einen dunklen, bis zum Boden reichenden Vorhang. Von dort hatte der Typ auch unsere Drinks geholt.
Das Licht war gelb und soßig. Es stammte von einigen Kandelaberlampen, die an den Seitenwänden angebracht worden waren und die Mitte dieses Raumes doch im Dunkeln ließen.
Ich vermisste eine Treppe und sprach auch kurz mit Suko darüber.
»Abgebaut wird man sie nicht haben. Wer weiß, was sich alles hinter dem Vorhang verbirgt.«
»Eben.« Ich stand auf.
»Du willst nachschauen.«
»Ich war schon als Kind neugierig.«
»Okay, dann untersuchte ich mal den kleinen Tisch.« Er hatte sehr leise gesprochen. Der Grund lag auf der Hand. Wahrscheinlich hielt Suko nach versteckten Mikrofonen Ausschau. Wer hierher kam, der gehörte oft zu den sogenannten besseren Kreisen der Gesellschaft. Da konnte man schon so manchen Erpressungsversuch starten.
Mein Weg führte wieder über den dicken Teppich hinweg zu dem Vorhang hin. Er war entweder grau oder dunkelblau, so genau erkannte ich das nicht.
Ich hatte mir gemerkt, an welcher Stelle ihn Ray betreten hatte. Genau da flossen die beiden Stoffhälften zusammen. Es war ein Leichtes, die Lücke zu schaffen.
Ich schaute hindurch.
Viel heller war es dahinter auch nicht. Aber ich sah die Treppe nach oben und die kleine Bar, hinter der Ray stand, rauchte und auf einen Monitor schaute. Was er sich ansah, blieb mir verborgen, da ich einen zu schlechten Blickwinkel hatte. Möglicherweise betrachtete er die Darbietungen der Tänzerin, auf die ich schon mehr als gespannt war.
Da ich sehr vorsichtig gewesen war, hatte er mich nicht entdeckt. Ich zog mich ebenso behutsam wieder zurück und ging bewusst einen kleinen Umweg, weil ich noch bei den anderen beiden Gästen vorbeigehen wollte. Sie sahen mich, hörten auf zu flüstern und schauten zu mir hoch, als ich wissend lächelnd stehen blieb.
»Hi«, sagte ich locker.
Das irritierte die beiden. Sie blickten sich um, als wären plötzlich ihre Ehefrauen aufgetaucht, um sie zu überraschen.
»Was wollen Sie denn von uns?«, wurde ich gefragt.
»Sie warten auf Doria,
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