1185 - Im Schloss der Skelette
gegenübersteht.«
Lucien nickte. Danach schaute er zurück zum Ausgang. Die beiden Skelette hatten sie passiert. Ihre starren Gestalten malten sich wie Denkmäler im Grau des Eingangsbereichs ab. Sie sahen tot aus, aber sie waren es wohl nicht im eigentlichen Sinne.
Der Abbé griff in die Tasche seiner bis zu den Knien reichenden Jacke und holte eine kleine Lampe hervor. Sie gab nicht viel Licht, aber es reichte aus, um sich orientieren zu können. Zudem war er nicht nur auf die Lampe seines Begleiters angewiesen.
Der Abbé entfernte sich von Lucien. Der jüngere Templer blieb auch weiterhin stehen. Er lauschte den Schritten, die sich leise knirschend von ihm entfernten. Auch die Gestalt des Templers wurde von der Dunkelheit aufgesaugt.
Lucien schaute noch einmal zurück.
Nein, die beiden Wachtposten hatten ihre Haltungen nicht verändert. Dennoch traute er dem Frieden nicht. Der Gedanke daran, sein Leben in dieser verdammten Höhle verlieren zu können, ließ ihn erschauern. Er ärgerte sich auch darüber, dass er so heftig atmete. Ganz im Gegensatz zu dem alten Templer, der seine Nerven gut unter Kontrolle hatte. Wo er herging war nur ein wandernder Lichtkegel über dem Boden schwebend zu sehen.
Die Luft war schlechter geworden. In der Tiefe dieser Höhle gab es nicht mehr die Kühle der Nacht.
Kein frischer Wind wehte ihnen entgegen. Außer ihren eigenen Schritten nahmen sie nichts wahr.
Tatsächlich nichts?
Lucien hatte den Abbé beinahe schon eingeholt, als er sich darüber wunderte, dass der Mann plötzlich stehen blieb. Einen Grund dafür sah er nicht. Er entdeckte nur, dass sich der Strahl der Lampe nicht mehr bewegte.
Auch er stand still.
Eigentlich hätte es ruhig sein müssen. Das war es jedoch nicht, denn beide hörten sie die Geräusche.
Nicht hinter ihnen, sondern von vorn.
Schritte?
Genau wussten sie es nicht. Es kratzte etwas über den Boden hinweg, und das waren nicht nur Schritte, sondern auch andere Laute. Manchmal hörten sie ein leises Klirren, als wären Gegenstände aus einem anderen Material dabei, über die Stollenwände zu kratzen und sich gegenseitig zu berühren.
Lucien ging schneller, um Bloch zu erreichen. Der Abbé drehte sich um und legte einen Finger auf seine Lippen. Lucien erhaschte dabei einen Blick in das Gesicht und wunderte sich nicht mal über den gespannten Ausdruck.
»Es sind andere«, flüsterte der Abbé.
»Leben sie denn?«
»Ich denke schon.« Bloch berührte kurz den Arm des jüngeren Templers. »Zieh deine Waffe, bitte.«
Lucien wusste, dass es ernst wurde. Er holte seine Pistole hervor und schaute zu, wie der Abbé das schlichte Holzkreuz vor seine Brust hängte.
Er verließ sich darauf. Es besaß die Form des Kleeblatts, ein Templer-Kreuz also. Bloch strich mit beiden Händen darüber hinweg. Er bewegte dabei seine Lippen und sprach die Worte so leise, dass Lucien sie nicht verstand. Er glaubte, dass es sich um eine kurze Gebetsformel handelte.
»Leuchte bitte nach vorn!«
Lucien reagierte automatisch. Die Lampe hielt er jetzt in der linken Hand. Die rechte brauchte er für seine Waffe, und er war auch bereit, auf die Gestalt zu feuern oder sogar auf mehrere.
Dann erschienen sie.
Der Schein der Lampe reichte weit genug, um sie schon auf einige Meter Entfernung zu erwischen.
Das helle Licht glitt über zwei Gestalten hinweg, die dicht nebeneinander hergingen. Es war gut, dass die beiden Templer bereits vorgewarnt waren, sonst hätten sie sich wirklich erschrecken können.
Zwei lebende Skelette!
Aus alter Zeit, mit alten Rüstungen. Mit alten Waffen. Einer hatte sein Schwert gezogen. Auf seinem Schädel saß kein Helm. Der Kopf war völlig blank, und es strömte etwas aus seinem offenen Maul hervor, das wie Nebel aussah. Ein wolkiger Hauch, vergleichbar mit einer Plasmawolke, die in Mundhöhe in der Luft stand und sich nicht senkte. Sie flatterte nur zur Seite weg, um danach wieder neu vor dem offenen Maul zu entstehen.
Die zweite Gestalt war ebenfalls skelettiert. Sie führte eine schwere Streitaxt als Waffe mit. Der Stiel war lang, das untere Ende schwang bei den Schritten hin und her. Sein Stahl berührte den Boden mit kratzenden und leicht klirrenden Geräuschen.
Der Abbé blieb ruhig. Ganz im Gegensatz zu Lucien. Er war sehr nervös und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. »Soll ich schießen?«
»Noch nicht!«
»Wann denn?«
»Du musst sicher sein, dass du sie auch triffst. Und bitte, sei nicht zu nervös.«
»Ja,
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