1187 - Wächterin am Höllentor
schauen.«
»Okay, ich bin dabei.«
Jane war Feuer und Flamme. Sie ging vor und hatte nach kurzer Suche so etwas wie einen Weg entdeckt, der uns zum Teich hinabführte. Wir mussten uns durch die Büsche winden, uns unter Zweigen hinwegducken und darauf achten, nicht auf dem mit feuchtem Laub bedeckten Boden auszurutschen.
Der Teich sah aus, als wäre ein großes Loch mit dunkelgrünem Wasser gefüllt worden, das an verschiedenen Stellen schwarz war.
Auf der Fahrt schon hatte Jane Collins das Boot entdeckt, und das war auch ihr Ziel. Zudem hatten wir das Glück, dass der Pfad in dessen Nähe endete.
Es war nicht nur das Boot vorhanden, sondern auch ein hölzerner Anlegesteg, der ebenfalls alt und morsch aussah. Einige der Bretter waren durchgeweicht und abgeknickt. Sogar um diese Zeit tanzten noch kleine Wolken von Mücken über dem Wasser, in dem sich nichts bewegte.
Ich hatte damit gerechnet, irgendwelche Fische zu sehen. Dicke Karpfen, zum Beispiel, die den Schwestern als Nahrung dienten, aber davon war nichts zu sehen. Wahrscheinlich war das Wasser umgekippt. So war den Tieren der Lebensraum genommen worden.
Jane hatte sich auf den Steg gestellt. Ich stand hinter ihr und schaute auf ihren Rücken. Mir fiel auf, dass sie überhaupt nicht locker war. Ihre Gestalt war angespannt. Sie hielt auch den Kopf starr, sodass ich davon ausging, dass sie mit einem ebenfalls starren Blick über das Wasser schaute.
Ich wollte sie schon fragen, was sie an dem Gewässer so interessierte, als sich Jane umdrehte und diesmal mich anblickte. In ihren Augen las ich, dass etwas nicht stimmte.
»Hast du Probleme?«
»So kann man es auch sagen.«
»Worum geht es?«
Sie hob die Schultern, und ihr Blick glitt dabei nach innen, als wollte sie sich selbst erforschen. »Ich kann es dir nicht genau sagen, John, aber ich habe einfach das Gefühl, dass hier einiges nicht so ist, wie es sein sollte.«
»Was genau?«
»Ha, wenn ich das wüsste. Es ist ein Gefühl, John. Ich merke es. Ich kann dir aber nicht sagen, was. Ich kann mich täuschen, wünschte es mir sogar, aber über diese Mauer springe ich nicht. Da ist jemand, der Kontakt mit mir aufnehmen will oder es sogar hat, sonst würde ich das ja nicht spüren.«
»Wer könnte das sein?«
»Keine Ahnung!«
So einfach wollte ich sie nicht davonkommen lassen. »Denkst du an ein feinstoffliches Wesen?«
»Ja, unter anderem. Es ist keine Person wie ich sie kenne. Es ist ein Wesen. Etwas, das sich hier eingenistet hat.« Sie schaute sich um. »Aber es ist nicht zu sehen und nur zu spüren.«
»Komisch«, sagte ich. »Eigentlich bin ich es doch, der diese Veränderungen spürt.«
»Verlass dich nicht immer auf dein Kreuz, John. Es gibt auch noch etwas anderes.«
»Was meinst du genau damit?«
»Vergiss nicht, dass ich mal eine Hexe war und in mir noch nicht alles verschwunden ist.«
»Denkst du an Seelenverwandtschaft?«
»So ähnlich.«
Dazu konnte ich nichts sagen und ließ sie in Ruhe. Jane drehte sich wieder von mir weg, um abermals die Blicke über den Teich schweifen zu lassen. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt, als wollte sie durch diese Geste das andere herausfordern.
Ich trat neben sie. Dabei gaben die Bohlen leicht nach, aber sie brachen nicht.
Jane nahm mich wohl zur Kenntnis, reagierte aber nicht auf mich, sondern hielt den Kopf gesenkt und schaute sich das dunkelgrüne Wasser noch genauer an.
Ich tat es ihr nach, musste aber zu meiner Schande gestehen, dass ich nichts sah. Auch mein Kreuz »meldete« sich nicht.
»Und?« flüsterte ich Jane zu.
Die Detektivin wehrte ab. »Es ist wie ein Bild, das nicht klar ist, John. Ich habe etwas gesehen, aber ich weiß nicht genau, was das ist.«
»Ein Geist?«
»Nein, wir sollten es uns nicht so einfach machen.« Sie hob jetzt den Kopf an, sodass sie auf die Bäume und auch zum Himmel schauen konnte. »Hier lebt etwas. Ich kann dir nicht genau erklären, was es ist, aber es ist vorhanden. Und es ist böse, wenn du so willst. Ich denke, dass wir hier richtig sind.«
»Kein Misstrauen gegen Father Ignatius mehr?«
»Nein, keines.«
»Aber du siehst auch keine Chance, es zu lokalisieren?«
»Leider nicht. Noch nicht. Es wartet. Es lauert. Es ist schon da, aber es hält sich noch zurück.«
»War es nur im Wasser?«
»Dort auch.«
Zum Glück kam Jane nicht auf die Idee, über den Teich rudern zu wollen, denn ich wollte so schnell wie möglich zum Kloster hin und dort dieses Thema anschneiden. Die Oberin
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