1189 - Hexen-Wahrheit
Ich zögerte noch.
»He.«
»Kannst du mit dem Begriff Hexen-Wahrheit etwas anfangen?«
Suko schaute mich an, als hätte ich ihn beleidigt. »Hexen-Wahrheit? Wie kommst du denn darauf?«
»Das habe nicht ich gesagt, sondern der Mann, bevor er seinen Revolver zog und sich erschoss.«
Suko gab darauf keine Antwort. Es war auch nicht nötig, denn der Zug hatte die nächste Station erreicht und stoppte.
***
Eine Stunde später!
Es herrschte noch immer das große Chaos. Weniger bei uns in der Station, sondern beim Fahrplan der Bahnen, denn da war einiges durcheinander geraten.
Die Hälfte der Station war abgesperrt worden. Uniformierte achteten darauf, dass niemand die Bänder überkletterte. Es waren Zeugen befragt worden, aber die Menschen standen so unter Schock, dass ihre Aussagen, wenig zählten.
Es gab zwei besondere Zeugen. Suko und mich.
Na ja, man kannte uns, und auch der Chief der Mordkommission war nicht nur ein alter Bekannter von uns, sondern im Laufe der Jahre zu einem guten Freund geworden. Auch wenn er wirkte, als wollte er zu weinen beginnen, als er uns sah.
»Nein, nicht schon wieder!« beschwerte sich Chief Inspector Tanner und zerrte an seiner Hutkrempe, als wollte er sie vor unseren Augen zerreißen.
»Wieso? Was hast du gegen uns?«
»Ihr seid wie Magneten, die das Verbrechen anziehen.«
»Aber heute sind wir unschuldig«, erklärte Suko. Zur Demonstration hob er beide Arme an.
Damit konnte er Tanner nicht beeindrucken. »Das werden wir ja alles noch sehen.«
»Jedenfalls hast du in uns die besten Zeugen. Bevor deine Leute richtig anfangen, sagen wir dir, was passiert ist.«
Das war mit wenigen Sätzen erledigt. Tanner bekam große Augen, als er den Begriff Hexen-Wahrheit hörte. Dabei grinste er noch. »Sollte ich da etwas herausgehört haben, dass ihr euch um diese Tat kümmern müsst?«
»Ja und nein.«
»Wieso, John?«
»Weil wir nicht mehr wissen. Wir ziehen uns jetzt zurück und lassen dich deinen Job machen. Danach reden wir.«
»Okay.«
Der Rückzieher brachte uns zu einer Wartebank. Von dort hatten wir mit Sir James telefoniert und ihm erklärt, weshalb es später werden würde.
»Da brauchen Sie ja nicht im Büro zu versauern.«
»Abwarten.«
»Wenn Sie kommen, möchte ich Sie sprechen.«
»Liegt denn etwas an?«
»Es könnte sein.«
Wenn Sir James so anfing, hatte es keinen Sinn, nachzufragen. Also blieben wir wie arme Sünder auf der Bank sitzen und warteten darauf, was unser Freund Tanner herausfand. Uns kam es vor allen Dingen darauf an, die Identität des Toten zu erfahren. So ganz koscher hatte er auf mich nicht gewirkt.
»War da nicht was mit deinem Kreuz?«, fragte Suko. Er musste gegen die Lautsprecherstimme anschreien, die noch immer darüber berichtete, dass der Verkehr noch gesperrt blieb.
»Was meinst du?«
»Rede dich nicht raus, Alter.«
»Ja, es meldete sich. Aber nur kurz.«
»Und du glaubst nicht, dass die Reaktion etwas mit dem Erscheinen der Locke zu tun gehabt hat?«
Ich pustete die Luft aus. »Nicht direkt Suko. Er kann indirekt damit zu tun gehabt haben. Das ist ebenso rätselhaft wie seine Worte, die er unter großem Druck ausgestoßen hat.«
»Hexen-Wahrheit.«
»Gut behalten.«
»Und? Was denkst du darüber?«
»Gar nichts. Ich habe den Begriff heute zum ersten Mal gehört. Ich weiß nicht, in welch einen vernünftigen Zusammenhang ich ihn mit dem Selbstmord des Mannes bringen soll.«
»Stimmt. Wie jemand, der Kontakt mit Hexen hat, sah er mir nicht aus. Eher wie einer, der seinen Lohn mit dem Revolver kassiert. Typ Zuhälter, der nicht unbedingt auf eigene Rechnung arbeiten muss. Wenn das zutrifft, könnten wir es mal wieder mit unseren Amici von der Mafia zu tun bekommen.«
Das wollte ich nicht von der Hand weisen. Früher hatten wir uns öfter mit der Ehrenwerten Gesellschaft herumschlagen müssen. Aber da hatte es auch noch einen Logan Costello gegeben.
Einen knallharten Capo, der die Zügel straff in den Händen gehalten hatte, und der es zudem geschafft hatte, eine Allianz zwischen der Mafia und den Mächten der Finsternis aufzubauen.
Irgendwann hatte er übertrieben und war größenwahnsinnig geworden. Er war zum Vampir und auch gepfählt worden. Seit dieser Zeit suchte die Mafia noch immer nach einem Boss, der die Fäden wieder an sich riss und die oft zerstrittenen Clans einte.
Meinetwegen, und das war auch die Meinung meiner Kollegen, konnte alles so bleiben. Ich brauchte keinen neuen Mafiachef, der in Costellos
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