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1190 - Die stählerne Spinne

Titel: 1190 - Die stählerne Spinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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„Sieh her!" sagte Clifton Callamon in diesem Augenblick.
    Der Waffenmeister wandte den Kopf, aber in derselben Sekunde stach ihm ein scharfer, säuerlicher Geruch durch den offenen Helm in die Nase. Einen halben Atemzug lang war er verwirrt. Callamon schien erregt, als habe er eine wichtige Entdeckung gemacht. Aber der Geruch enthielt eine Warnung, die Leo wichtiger erschien als alles andere.
    Sein Verdacht erwies sich als gerechtfertigt. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Praak sich plötzlich von der metallenen Wand löste und auf ihn herabstürzte. Er wich dem fallenden Körper aus, und Praak erlebte an diesem Tag seinen zweiten schmerzhaften Sturz auf den Boden der Halle.
    Aber das Manöver hatte Zeit gekostet. Inzwischen hatten zwei der Tore, die ins Kontrollzentrum führten, sich in dampfende Metallwolken aufgelöst. Netzparias strömten zu Dutzenden durch die Öffnungen. Leo brachte seinen Kombilader in Anschlag und feuerte einen Schuß ab, der nur geringe Wirkung erzielte. Im selben Augenblick bemerkte er eine graue Gestalt, die schräg aus der Höhe auf ihn zuschoß. Er reagierte instinktiv, nicht ganz sicher, ob es wirklich Girinaar war, die er sah. Der Lauf der Waffe ruckte in die Höhe. Ein singender Paralysestrahl entlud sich aus der Mündung. Ein wildes, konvulsivisches Zucken ging durch den grauen Körper. Ein spitzer, schriller Schrei gellte durch die Weite der Halle und übertönte für den Bruchteil einer Sekunde den Lärm, der von unten herauf scholl.
    Niemals würde Leo Dürk ergründen können, wie es Girinaar gelungen war, ihn aus diesem Winkel heraus anzugreifen. Ihr Körper bewegte sich, als besitze er die Gabe des Fliegens.
    Sie hatte ihm nichts Übles anhaben wollen. Ohne Waffen hätte sie ihn höchstens vorübergehend aus dem Gleichgewicht bringen können. Darauf schien sie es in der Tat abgesehen zu haben. Die Gruppe der Geiseln war darauf aus, kurze Augenblicke der Verwirrung zu schaffen, winzige Zeitvorsprünge zu gewinnen, damit Torquantuur sich möglichst gefahrlos absetzen könne.
    Leo Dürk sah den plumpen Körper der Herrscherin, wie er sich an einem silbrig glänzenden Faden, der sich aus dem Hinterleib abspulte, zum Boden der Halle hinab absenkte. Das also war den Gharwos noch übriggeblieben - ein atavistischer Bestandteil ihrer arachniden Vergangenheit. Sie besaßen noch die Fähigkeit, Netzfäden zu spinnen und sie als Transportmittel zu benützen. Oder vielleicht war es auch nur Torquantuur als einzige, der diese Gabe noch zur Verfügung stand. Leo sah hilflos zu, wie die Herrscherin sich abseilte. Er beobachtete auch, wie Girinaars gelähmter Körper hilflos auf den metallenen Boden prallte.
    Er brachte es nicht mehr fertig, den Strahler abzudrücken. Inzwischen hatten sich drei weitere Tore geöffnet. Die Parias schwärmten durch die Halle. Torquantuur wurde aufgenommen und fortgetragen, aber über Girinaars reglosen Körper trampelten die Arachniden hinweg, als sei er nicht vorhanden. Nur die Herrscherin zählte. Girinaar war eine Arbeiterin, eine Kriegerin gewesen. Wie sich ihr Schicksal vollzog, kümmerte niemand in diesem chaotischen Durcheinander.
    Leo Dürk hatte unwillkürlich den Helm seiner Montur geschlossen. Die Hand tastete nach der Schaltleiste, von der aus der Individualschirm sich aktivieren ließ. Vorläufig war noch kein Schuß gefallen. Den Parias schien es als erstes darum zu gehen, die Herrscherin in Sicherheit zu bringen. War das geschehen, dann erst würden sie sich um die Frevler kümmern, die sich gegen Torquantuurs Hoheit vergangen hatten - das waren Girinaars Worte gewesen. „Deckung, verdammt nochmal!" Scharf zischten die Worte aus dem Helmempfänger in Leos Ohr. Er duckte sich unwillkürlich. Aus dem Gewirr der Konsolen und Aggregate reckte sich ihm eine Hand entgegen. Leo griff zu. Bevor er hinter einem Maschinenklotz untertauchte, sah er noch die restlichen vier Gefangenen, angetan mit den bunten Fetzen ihrer Standeswürde, an der schrägen Wand der Halle hinab auf den Boden zueilen.
     
    *
     
    Die Haltung war unnatürlich. Die Wand wölbte sich neben und über ihm. Leo durfte sich auf die automatische Steuerung des Gravo-Paks, die bestrebt war, den Träger des SE-RUNS in möglichst „normale" Haltung zu manövrieren, nicht mehr verlassen. Er war auf die manuelle Kontrolle angewiesen, wenn er den Vektor so einrichten wollte, daß er in Richtung der Wand wies und ihm das Gefühl vermittelte, in der gewölbten Fläche einen sicheren Untergrund

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