1190 - Geisterrache
Mehr sagte Alina Ambrose nicht. Sie unterbrach die Verbindung, und Ethan Dunn stand wie vereist da. Er starrte sein Handy an, als würde er es hassen.
Erst in den folgenden Sekunden kam ihm in den Sinn, was ihm da mitgeteilt worden war. »Tot«, flüsterte er. »Verdammt noch mal, Donald ist tot. Das gibt es doch nicht. Das kann nicht sein. Ha, ha…« Er musste plötzlich schreien. Während er dies tat, da wusste er auch, dass Dons Frau nicht gelogen hatte.
Bei seinen wilden Bewegungen hätte er beinahe die Staffelei umgerissen. Jetzt stand er dicht daneben und schaute noch zu wie sie schwankte, aber nicht fiel.
Don war nicht nur einfach tot, er hatte sich sogar selbst umgebracht.
Unmöglich. Das konnte er nicht glauben. Oder hätte es gestern noch nicht gekonnt.
Heute sah alles anders aus.
Mit geröteten Augen stierte er auf das Podest mit dem verlassenen Stuhl. »Gunhilla!« keuchte er dann. »Gunhilla - du! Du verdammte Hexe, du!«
In diesem Augenblick ertönte der Gong an der Tür. Das war Doris. Wie immer war sie pünktlich.
Dunn hätte sie verwünschen können. Er ging trotzdem hin, um zu öffnen…
***
Auch Alina Ambrose stand unbeweglich auf der Stelle. Immer wieder ließ sie das Gespräch mit Ethan Revue passieren, und sie konnte es nicht fassen, dass ein Teil der Geheimnisse ihres toten Mannes plötzlich gelüftet war.
Sie kannte zwei Namen.
Ethan Dunn und Hank Glaser!
Es dauerte wirklich nicht lange, bis sie in der Lage war, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die Visitenkarte des Polizisten hatte sie mit in den anderen Raum genommen und sogar neben das Telefon gelegt. Die Buchstaben und Zahlen verschwammen vor ihren Augen. Alina musste sich zusammenreißen, um die Nummer wählen zu können.
Eine freundliche Frauenstimme meldete sich und stellte sich als Glenda Perkins vor.
Alina wusste nicht so recht, wie sie beginnen sollte. Deshalb fiel sie mit der Tür ins Haus. »Bitte, Miss Perkins, ich muss John Sinclair sprechen.«
»Wer sind Sie?«
»Alina Ambrose.«
»Und worum geht es?«
»Das kann ich ihm…«
»Verzeihen Sie, wenn ich Sie unterbreche, Mrs. Ambrose, aber John Sinclair befindet sich nicht in seinem Büro.«
»Gott«, flüsterte sie und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Dann geben Sie mir seine Handy-Nummer.«
»Sorry, aber die kann ich Ihnen leider nicht geben.«
Alina sank in die Knie. »Was soll ich denn dann tun?«, schrie sie. »Ich muss ihn sprechen. Es ist wichtig für ihn.«
Glenda Perkins blieb freundlich und sagte mit ruhiger Stimme: »Wenn Sie sich mir anvertrauen wollen, kann ich Ihnen bestimmt helfen. Ich werde Mr. Sinclair Bescheid geben.«
»Bleibt mir eine andere Wahl?«
»Leider nicht.«
»Gut, ich vertraue Ihnen. Rufen Sie ihn an und geben Sie ihm nur zwei Namen durch. Einmal Ethan Dunn und zum anderen Hank Glaser.«
»Verstanden. Gibt es noch Anschriften?«
»Leider nicht.«
»Danke, Mrs. Ambrose, ich werde alles für Sie regeln.«
»Hoffentlich«, flüsterte die Frau.
***
»Hi, ich bin es und wieder pünktlich«, sagte Doris, während ihr breiter Mund zu einem Begrüßungslächeln verzogen war. »Heute zum letzten Mal, nicht?«
»Ja, ja…«
»He, was ist los? Schlecht geschlafen?«
»So ungefähr.«
Doris lachte. »Das wird sich ändern. Ich habe zur Feier des Tages eine Flasche Champagner mitgebracht. Die machen wir leer und dabei sehen wir weiter.« Sie tätschelte seine Wange und drängte sich vor. Ja, Doris war schon ein Ereignis auf zwei gut gewachsenen Beinen.
Ethan Dunn hatte das eindeutigzweideutige Angebot wohl verstanden, er reagierte nur nicht darauf.
Stattdessen gab er den Weg frei, damit Doris das Atelier betreten konnte.
Sie musste den Wagen in der Nähe geparkt haben, denn auf einen Wintermantel hatte sie verzichtet.
Dafür trug sie ein hellblaues Winterkostüm, das mit einem Samtkragen veredelt worden war. Der Rock war ziemlich kurz, die Stiefel dunkelblau und die Strümpfe passten sich auch der Farbe an.
Welche Haarfarbe die echte war, wusste Ethan Dunn nicht. Doris hatte sich die Haare pechschwarz gefärbt. Auf ihnen lag sogar ein leichter Glanz. Auch an gewissen anderen Stellen zeigten die Haare die gleiche Farbe.
Den Champagner brachte sie in die Küche in den Kühlschrank. Einen Hit von der Streisand summend, verließ sie die Küche, lächelte und streifte im Gehen die Kostümjacke ab. Darunter trug sie ein weißes T-Shirt mit einem tief angesetzten, halbrunden Ausschnitt. Ihre Brustwarzen malten sich sehr
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