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1191 - Im Schattenreich der Yo

Titel: 1191 - Im Schattenreich der Yo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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trachteten.
    Leo machte eine dementsprechende Bemerkung. „Du darfst dich nicht hinters Licht führen lassen", antwortete der Admiral scharf. „Ihre Mentalität ist anders als die unsere. Sie wollen ihre Rache, weil sie glauben, daß wir Mattsabin umgebracht haben, aber sie werden uns erst dann etwas davon merken lassen, wenn sie ihres Erfolges sicher sind. Laß sie von jetzt an keine Sekunde mehr aus den Augen."
    „Wie sollen wir das anfangen, wenn wir beide schlafen müssen?" fragte der Waffenmeister mürrisch. „Wie bisher. Einer schläft, der andere wacht. Im übrigen halten wir Distanz und lassen notfalls die IV-Schirme eingeschaltet."
    Sie glitten dahin, durch die konturlose Weite allgegenwärtigen Lichtes, nur den stählernen Strang als Linie der Orientierung unter sich, und keiner sprach ein Wort. Nach etlichen Minuten erst ließ Leo Dürk wieder von sich hören. „Ich glaube, du beurteilst sie falsch", sagte er. „Sie sind nicht bösartig. Sie sind verwirrt. Seit Monaten haben sie nun nichts mehr von Ordoban gehört, der sonst ihr Dasein dirigierte. Sie wissen nicht mehr, woran sie sind. Einer unter ihnen hat den Verstand verloren, Mattsabin. Deswegen braucht man nicht das ganze Volk zu verurteilen."
    Callamon hatte ihn ruhig ausreden lassen. Nach einer kurzen Pause brummte er: „Tu du, was du willst. Mir geht es darum, meinen Hals zu retten und unseren Auftrag zu erfüllen. Wenn die Gharwos verwirrt sind, so mögen sie das sein, solange es ihnen gefällt. Wenn ihre Verwirrung sie nur nicht dazu verleitet, mir an den Kragen zu wollen."
    Leo Dürk sagte nichts mehr. Im Grunde genommen hatte Callamon recht. Sie hatten einen Auftrag zu erfüllen, und jeder, der ihnen dabei im Weg stand, war ihr Gegner. Aber ein quälender Gedanke ließ ihn nicht los. Was wenn die Gharwos ebenso einen Auftrag zu erfüllen hatten und sie ihnen dabei im Wege waren? Was für ein Auftrag könnte das sein?
    Mattsabins Tod zu rächen. Es spielte dabei keine Rolle, wer in Wahrheit für den Tod des Aufrührers verantwortlich war und ob das Prinzip der Rache in einer zivilisierten Gesellschaft eine Daseinsberechtigung hatte. Wichtig war nur, ob sie unter dem Eindruck standen, nach einem bestimmten Gesetz, einer Vorschrift oder gar einem moralischen Gebot zu handeln.
    Wie hätte man sie dann noch verurteilen können?
    Der Sarkasmus der Erschöpfung, eine Form des Galgenhumors, bemächtigte sich des Waffenmeisters. Nachdem sie uns den Kopf abgeschnitten haben, dachte er, werden wir die Antwort auf all diese Fragen wissen. Wahrscheinlich hat CC doch recht. Wir müssen uns vorsehen. Aber die Windsbraut soll mich holen, wenn ich jetzt noch Lust habe, über derart komplizierte Dinge nachzudenken. Ich bin viel zu müde... „Heh", sagte Clifton Callamon in diesem Augenblick, „da vorne kommt tatsächlich eine Gabelung auf uns zu. Mensch, sieh dir das Ding an!"
     
    *
     
    Gabelung war kaum die richtige Bezeichnung für das komplexe, vielfach verästelte Gebilde, das sich vor ihnen aus dem lichten Dunst schälte. Es war ein gewaltiger Netzknoten, an dem der Strang, auf dem sie sich bisher bewegt hatten, endete und durch sieben dünnere Stränge ersetzt wurde, die geradlinig und nach der Art eines Trichters auseinanderfächernd weiter in die Tiefe der Gharwo-Höhle vorstießen.
    Aus geringerer Entfernung wurde ersichtlich, daß hier ein älterer Teil des Netzes begann. Die Oberfläche der sieben dünnen Fäden - sie besaßen immerhin noch einen Durchmesser von zwölf Metern - war im Lauf der Zeit gedunkelt. Hier und da waren Spuren der Korrosion zu erkennen. Leo Dürk hielt es nicht einmal für sicher, daß sie aus demselben Material bestanden wie der dicke Strang, der ihnen bisher den Weg gewiesen hatte. Wo die Stränge aufeinandertrafen bzw. sich voneinander trennten, waren Gelenke und Verbindungsstücke angebracht, die wie knorpelige Verdickungeri wirkten. Dort, wo verschiedenartige Werkstoffe in unmittelbarem Kontakt miteinander standen, waren die Korrosionsschäden am deutlichsten. Leo Dürk gab dem Gebilde noch fünfzig bis hundert Jahre, dann würde es auseinanderbrechen. Im Lauf weiterer einhundert Jahre mußten die Metallstreben unbedingt voneinander driften - und dann war den Gharwos der Weg zum Planetarium des Heernx für immer verlegt. „Welcher dieser Netzfäden, glaubst du, führt zum Ziel?" fragte der Waffenmeister nachdenklich.
    Sie waren inzwischen auf einer der Verdickungen gelandet. Sie bot eine ebene, wenn auch

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