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1192 - Schamanenkult

1192 - Schamanenkult

Titel: 1192 - Schamanenkult Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Tuch. Zuerst im Liegen, später hob er den Oberkörper an und tat es im Sitzen.
    Wir sahen ihn immer mehr. Von den Füßen ging es hoch bis zum Kopf. Das hätte auch eine Mumie sein können, die sich der alten Tücher entledigen wollte, um anschließend in die Welt zu gehen, wo sie Angst und Grauen verbreitete.
    Es war ein sehr dünner Körper, der uns da präsentiert wurde. Aber er war nicht völlig nackt, denn der Meister trug einen Lendenschurz um die mageren Hüften.
    Mager war er. Oder dünn. Kein Gramm Fett zu viel. Ein alter Männerkörper mit kleinen Wülsten in Höhe der Brust. Knochige Schultern, der magere Hals und zuletzt bekamen wir sein Gesicht zu sehen.
    Bill, der neben mir stand, stieß mich an. »Verdammt, John, Volltreffer. Das ist er. Das ist genau die feinstoffliche Gestalt, die ich in der letzten Nacht in meinem Garten gesehen habe. Aber als Geist, nicht als Festkörper.«
    Ich gab dem Reporter keine Antwort, sondern konzentrierte mich auf das Gesicht des Schamanen.
    Ich kannte es inzwischen von den Plakaten her, und jetzt fiel mir auf, dass die Fotos dort geschönt waren. Der Schamane musste älter sein, denn das Gesicht war ein Gebilde aus Falten, Runzeln und dünner Haut. Wobei die Falten nicht mal irritierten, denn sie gehörten einfach dazu.
    Auf dem Kopf wuchsen nur wenige Haare, und sie sahen aus wie struppige Strähnen, die nach links und rechts wegfielen. Eine hohe Stirn fiel uns auf, dazu dunkle Augen und ein schmallippiger Mund.
    Er beschwerte sich nicht. Er sagte nichts. Er sah uns nur an. Zuerst war Suko an der Reihe, über den Mongush seinen prüfenden Blick gleiten ließ. Es war ihm anzusehen, dass er dem Inspektor nicht feindlich gesonnen war, denn er lächelte ihm sogar dünn zu.
    Dann war Bill an der Reihe.
    Der Reporter räusperte sich leise. In seiner Rolle fühlte er sich unwohl, und besonders unter dem forschenden Blick.
    »Er kennt mich noch«, wisperte mir der Reporter zu. »Er weiß um die alte Gefahr in meinem Garten…«
    »Warte es ab.«
    »Er kann auch reden. Ich muss ihn fragen und…«
    »Gleich, Bill, gleich…« Ich hatte gesehen, dass sich der Schamane von meinem Freund abgewandt hatte, denn nun war die dritte Person, ich, mit der Musterung an der Reihe.
    Die Augen hatten wir nicht genau erkennen können. Wir sahen nur, dass sie sehr dunkel waren.
    Damit fixierte er mich, schüttelte leicht den Kopf und sah so aus, als wollte er einen Schritt von mir zurückweichen.
    »Wer bist du?« fragte er, und er redete mich dabei in meiner Sprache an.
    »Kein Feind«, sagte ich.
    »Du hast gestört.«
    »Wieso?«
    Mongush blickte zu Boden. »Ja, du hast gestört. Nicht direkt du als Mensch, sondern etwas, das du bei dir trägst. Ich habe es gemerkt und die Geister ebenfalls.«
    »Geister?«
    »Sie sind geflüchtet. Sie wollten plötzlich nicht mehr bei mir bleiben, weil sie sich gestört fühlten. Und das passiert mir äußerst selten.«
    »Welche Geister waren es?«
    »Totengeister. Das Jenseits. Sie haben sich gemeldet.« Er breitete die Arme aus. »Aber dann waren sie plötzlich weg. Wie ein Sturmwind sind sie davongebraust.«
    Ich wusste, was er meinte, aber ich ließ mein Kreuz stecken, wollte es nicht offen präsentieren.
    Schließlich waren wir gekommen, um das Rätsel in Bills Garten zu lösen.
    Er streckte mir seine dünnen Arme entgegen und natürlich auch die Hände. »Lass mich dich anfassen…«
    »Bitte.« Ich ging auf ihn zu, und er nahm meine Hände in die seinen. Zunächst passierte nichts. Ich stellte nur fest, dass seine Finger kälter waren als meine. Aber das blieb nicht lange so, denn nach einer gewissen Weile merkte ich den sanften Strom der Wärme, der durch meine Finger floss, sich den Weg in die Gelenke hinein bahnte und auch die Unterarme erreichte.
    Von dort strömte die Kraft weiter und geriet in einen Kreislauf hinein, der nicht, nur den Körper erreichte, sondern auch den Kopf und dort etwas in Bewegung brachte.
    Die Kälte war jetzt verschwunden. Ich fühlte mich innerlich warm. Ich fing sogar an zu schwitzen, und in meinem Kopf war etwas in Bewegung geraten, als säße dort eine kleine Maschine.
    Meine Freunde hatte ich vergessen. Es gab nur noch den Schamanen und mich, der es tatsächlich schaffte, mich in seine andere Welt zu holen.
    Der Strom hatte meine Brust erreicht, und genau dort hing auch das Kreuz.
    Es »meldete« sich.
    Nicht der harte Wärmestoß, nein, es war ein weiches und trotzdem ein warmes Gefühl, das sich in meinem

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