1194 - Hundertsonnendämmerung

auffallen?"
    „Wieso?" Der Posbi schien überrascht. „Ich widersetze mich den Befehlsimpulsen des Haßplasmas nicht. Ich führe sie nur nicht aus.
    Ich kann nicht mehr gehorchen."
    „Der Sakoder wird also demontiert. Was geschieht mit den Bestandteilen?"
    „Sie werden in einer der Kuppeln des Haßplasmas eingelagert."
    „Was ist der Grund dafür?"
    „Befehl ist Befehl und braucht keine Begründung."
    „Aber könntest du dir vorstellen, warum Kazzenkatt den Sakoder einmottet?"
    „Einmottet? ... Verstehe, einlagert! Der Sakoder wird nicht mehr gebraucht, da genmutiertes Haßplasma existiert."
    „Aber Kazzenkatt weiß, daß das Haßplasma eine überaus kurze Halbwertszeit hat und sich zu normalem Plasma regeneriert."
    „Regeneriertes Plasma wird durch Haßplasma der zweiten Generation ersetzt. Dieses braucht entweder eine längere Regenerationsphase, oder aber es kann sich überhaupt nicht mehr regenerieren."
    Dove nickte nachdenklich. Das hieß, daß sie zuschlagen mußten, bevor Kazzenkatt das sich regenerierende Plasma gegen das besser entwickelte Haßplasma der zweiten Generation austauschen konnte.
    „Ich habe nur noch eine Frage", sagte Dove abschließend. „Bist du bereit, mit uns gegen den Dekalog der Elemente zu kämpfen?
    Überlege dir deine Antwort gut. Kampf gegen den Dekalog bedeutet auch, daß wir uns gegen das Zentralplasma in seiner jetzigen Form wenden müssen."
    „Durch meine Selbsterneuerung bin ich aus dem Verband ausgeschieden", antwortete der Posbi. „Ich bin nicht in der Lage, den Haßimpulsen zu gehorchen."
    „Gut." Dove war zufrieden. „Du kannst gehen. Russelwussel wird sich deiner annehmen... Da fällt mir noch etwas ein. Warum, glaubst du, hat Kazzenkatt sich bis jetzt noch nicht um die Willys gekümmert?"
    „Das ist eine zu abstrakte Frage."
    „Versuche, sie dennoch zu beantworten."
    Posbi Zwei zögerte kurz, dann sagte er: „Die Matten-Willys sind friedfertig, von ihnen droht keine Gefahr.
    Sie waren schon immer die Säuglingsschwestern des Zentralplasmas, so daß der Zeroträumer annehmen durfte, daß sie diese Betreuerrolle auch für das Haßplasma übernehmen würden. Sie hätten es nach einer Gewöhnungsphase auch sicherlich getan, wenn es keine Gegenkräfte gegeben hätte."
    „Danke, das war's."
    Der Posbi ging. Dove suchte Morkenschrot auf, der den anderen Posbi-Neuzugang verhört hatte. Sie kamen übereinstimmend zu der Meinung, daß die plasmaregenerierten Posbis eine echte Verstärkung für sie waren.
    „Mit hundert von ihnen könnten wir die Befreiung aller Gefangenen und den Sturm auf den Sperrfeldgenerator wagen", sagte Morkenschrot. „Ich möchte nicht bis zum 2. September warten."
    „Wenn wir stark genug wären, könnten wir jederzeit zuschlagen", erwiderte Dove. „Der Befreiung der Gefangenen steht praktisch nichts im Wege, aber ich möchte nicht unnötig ihr Leben gefährden.
    Es gilt auch noch, die Empfangsbestätigung unseres Funkspruchs abzuwarten."
    Als sie wenig später in der Hauptzentrale eintrafen, stellten sie fest, daß die Posbi-Flotte außerhalb des Sperrfelds die Funkbefeuerung der Hundertsonnenwelt aufs Dreifache verstärkt hatte.
    „Wenn das nicht die Bestätigung dafür ist, daß wir gehört wurden", sagte Dove schmunzelnd. Er hatte kaum ausgesprochen, als Russelwussel hereinwirbelte und eine weitere erfreuliche Meldung überbrächte.
    „Er hat vier Posbis mit Bewußtseinsveränderung aufgestöbert", rief der Matten-Willy, der von sich in der dritten Person sprach und mir und mich zu verwechseln pflegte. „Sie sind noch in Isolation und kennen das Geheimversteck nicht. Wollt ihr sie verhören?"
    „Wir vertrauen deinem Urteil", sagte Dove. Es schien, daß die Dinge allmählich in Fluß kamen.
     
    *
     
    G'irp hatte seine liebe Not mit den Matten-Willys. Er verdächtigte Bammel und Schlotter, die beiden Willywerber, sogar, daß sie absichtlich nur psychisch gestörte Willys anwarben, um ihn zu ärgern. Zumindest aber schienen sie nur Willys auszuwählen, die von Disziplin offenbar noch nie etwas gehört hatten.
    „Von nun an seid ihr keine Säuglingsschwestern mehr, sondern Krieger! Ihr müßt eure Angst und eure Fürsorglichkeit überwinden.
    Mit gutem Zureden werdet ihr nichts erreichen. Ihr müßt kämpfen!"
    G'irp hatte seinen Appell nur einmal mit diesen Worten eingeleitet, denn die Reaktion der Willys darauf war niederschmetternd gewesen. Sie stoben in alle Richtungen davon und versteckten sich in den entferntesten Winkeln,