1194 - Lady Sarahs Horror-Trip
um genau zu sein. Ich zeige Ihnen eines davon. Die Zimmer sind alle gleich. Deshalb können wir auf die Besichtigung der anderen verzichten.«
»Das ist in Ordnung.«
Wir gingen nicht dorthin, wo sich meinem Gefühl nach eine Treppe befinden musste, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Dort endete der Gang vor einer Mauer, wie ich zuerst annahm und mich dann eines Besseren belehren lassen musste, denn ich sah stattdessen eine zweiflügelige Tür.
»Geht es dort noch weiter?«, fragte ich unsere Begleiterin.
»Nein. Wie kommen Sie darauf?«
»Wegen der Tür.«
»Die ist immer abgeschlossen.«
»Das kann ich mir denken. Aber es befindet sich etwas dahinter, sonst hätte man keine Tür errichten müssen.«
»Ein Anbau. Er ist sehr schmal. Man hat ihn auch später erst hochgezogen. Ich selbst weiß nicht, was sich dort befindet. Ich denke, dass es die persönlichen Dinge der Heimbewohner sind. Alte Möbel und Bilder, die nicht mehr in die Zimmer hineingepasst haben. Aber selbst nachgesehen habe ich noch nie, denn es bestand kein Grund.«
»Das dachte ich mir.«
»Wieso?«
»Ach, es war nur dahingesagt.«
»Wie Sie meinen.«
An beiden Seiten des Flurs waren Geländer angebracht. Ähnlich wie die Stangen in einem Übungsraum für Tänzer. Wer nicht so gut auf den Beinen war, konnte sich daran festhalten.
Margret blieb vor der zweitletzten Tür in der Reihe stehen. »Sie ist nicht abgeschlossen«, sagte sie und drückte die Tür nach innen, bevor sie selbst über die Schwelle schritt, rasch in das Zimmer hineinging und sich dann zur Seite drehte, damit wir den nötigen Platz hatten.
Wir schauten uns um. Ich hatte Lady Sarah vorgehen lassen und wartete gespannt auf ihre Reaktion.
Sie sagte nichts. Wahrscheinlich störte auch sie der muffige Geruch, der hier sich zwischen den Wänden festgesetzt hatte. Es war kein heller Raum trotz des recht großen Fensters, das dem Licht freie Bahn gab. Die alten Möbel wirkten verstaubt. Der Teppich sah verschlissen aus. Das Bett aus dunklem Holz war ziemlich hoch. Das alte Radio hätte jeden Trödler erfreut, und die Glotze gehörte beinahe schon ins Museum.
»Nun ja«, sagte Margret, »Sie dürfen sich nicht täuschen lassen. Das sind die Möbel einer Dame, die hier bis vor zwei Wochen gewohnt hat.« Sie wandte sich Sarah zu. »Sollten Sie sich entscheiden, hier einzuziehen, werden die alten Dinge natürlich entfernt, es sei denn, sie wollen Ihr eigenes Mobiliar nicht mitbringen.«
»Soweit ist es noch nicht.«
»Pardon.«
Ich kannte Sarah gut genug, um zu wissen, dass sie unter Strom stand. Sie hielt sich noch zurück, doch lange würde ihre Beherrschung nicht anhalten.
Nachdem sie ein paar Schritte hin Lind her gegangen war, blieb sie stehen und drehte sich zu Margret hin um.
»Ich habe mal ein paar Fragen an Sie.«
»Bitte, ich höre.«
Für mich stand fest, dass es jetzt soweit war.
»Als Sie meinen Namen hörten, Margret, ist er Ihnen da nicht bekannt vorgekommen?«
Mit dieser Frage hatte Lady Sarah die Frau überrascht. Margret trat einen Schritt zurück und zeigte sich verwundert. »Pardon, aber wie kommen Sie darauf?«
»Ich frage nicht ohne Grund.«
»Nein, wieso…?«
»Aber ich kenne Sie, Margret.«
Die Frau holte Luft. »Tatsächlich? Verzeihen Sie, dass ich mich nicht erinnern kann, aber es geht mir wie vielen. Man trifft im Laufe eines Lebens zahlreiche Menschen und kann nicht jedes Gesicht behalten.«
»Das ist wohl wahr. Aber Ihres habe ich behalten, denn ich habe es erst heute noch gesehen.«
»Mein Gesicht?« Sie wollte lachen, aber der Blick in Sarahs Augen hielt sie davon ab.
»In der Tat.«
»Wo denn?«
»In dem Haus eines Mannes, in das ich - sagen wir mal - gelockt worden bin. Dort stand Ihr Bild eingerahmt auf einer Kommode. Unter einem Spiegel. Verstehen Sie…«
»N… nein…«
»Bitte, Margret. Streiten Sie es nicht ab. Und ich sage Ihnen jetzt, wer in dem Haus wohnte. Der Mann heißt Abel Morley!«
Margret wurde schlagartig totenblass!
***
Es war kein Schuss in den berühmten Ofen gewesen. Lady Sarah hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Das erkannten wir an Schwester Margrets Reaktion.
Sie wich langsam vor uns zurück, bis sie einen Stuhl erreicht hatte, an dessen Lehne sie sich abstützen konnte.
Sarah Goldwyn hatte jetzt Oberwasser, und das ließ ich ihr auch, denn ich mischte mich nicht ein.
Margret konnte nicht sprechen. Dafür räusperte sie sich. Allmählich bekam ihr Gesicht wieder Farbe. »Sie…
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