1199 - In den Klauen des Ghouls
möglich.«
Als hätte Betty Brown etwas von unserem Gespräch mitbekommen, drehte sie sich herum und schaute uns direkt an.
Jetzt sahen wir, wie farblos die Augen waren. Die Pupillen malten sich nur sehr schwach ab, und als sie uns anschaute, schien sie uns taxieren zu wollen. Sehr genau tastete sie uns mit ihren Blicken ab, wobei eine Hand das Glas umklammert hielt. Das Bier darin schwappte leicht.
»Neu hier?«, fragte sie.
»Wie man's nimmt«, sagte ich.
»Das ist mein Stammlokal.«
»Hatten wir uns gedacht.«
»Wieso?«
»Wer so begrüßt wird…«
Sie lachte und wurde schnell wieder ernst. Noch immer ließ sie uns nicht aus den Augen. Die nächsten Worte hörten sich an wie eine Anklage. »Ihr passt nicht hierher!«
»Bitte?«, fragte ich.
»Wie ich schon sagte. Ihr passt nicht hierher. Ihr seid zwei Fremdkörper, das spüre ich genau. Ihr habt euch verlaufen, obwohl ich das auch nicht glauben will. Nein, nein, ihr seht aus, als wärt ihr aus einem bestimmten Grund gekommen. Das sehe ich euch an. Das ist mir alles klar, verdammt.«
»Da scheinen Sie mehr zu wissen als wir.«
Sie trank einen Schluck. »Das ist meine Lebenserfahrung. Die bekommt man, wenn man oft bei Dorsey zu Gast ist. Wirte und Stammgäste sind oft die besten Menschenkenner.«
Mit ihren Worten hatte sie uns schon auf eine bestimmte Schiene gebracht, die wir auch nicht verlassen wollten. Indirekt kam ich auf unser Thema zu sprechen.
»Madam, ich gratuliere Ihnen…«
»Sagen Sie nicht Madam. Ich bin Betty. So nennen mich alle hier, und so heiße ich auch.« Sie hob die Schultern an. »Wozu wollen Sie mir gratulieren?«
»Zu Ihrer Menschenkenntnis natürlich.«
»Ach.« Sie legte eine kurze Pause ein. »Und was bedeutet das im Einzelnen?«
»Dass Sie uns richtig eingeschätzt haben.«
»Toll.«
»Wir sind nämlich mit einer Bekannten hier verabredet. Wir drei sind Kollegen.«
»Ist die Bekannte hier Stammgast?«
»Das wissen wir nicht. Zumindest kennt sie den Pub. Aber jetzt machen wir uns Sorgen. Sie ist bereits überfällig. Sie hätte eigentlich schon längst hier sein müssen.«
»Vielleicht war sie hier und ist wieder gegangen.«
Ich winkte ab. »Nein, das glaube ich nicht.«
»Hat sie denn auch einen Namen?«
»Ja.« Diesmal sprach Suko. »Unsere Freundin heißt Glenda Perkins.«
Das hatte gesessen. Betty Brown war keine so gute Schauspielerin, als dass sie diese Antwort so einfach weggesteckt hätte. Sie war sogar zusammengezuckt und hatte mit der Hand ihre Bierglas berührt. Etwas Schaum und Flüssigkeit schwappten über. Der Mund verzog sich, doch sie konnte nicht lächeln, nur säuerlich grinsen.
»Haben Sie Probleme?«, fragte Suko.
»Nein, wie sollte ich?«
»Sie scheinen mir überrascht zu sein.«
»Das täuscht.«
»Dann kennen Sie Glenda Perkins nicht.«
»Nie gesehen.«
Sie log, und das schlecht. Wir spürten beide, dass wir die Spur gefunden hatten. Diese Frau konnte durchaus etwas mit Glendas Verschwinden zu tun haben. Wir durften jedoch nicht zu plump vorgehen und uns zunächst an sie herantasten und ein gewisses Vertrauen bilden.
»Meinen Sie denn, dass es jemand hier gibt, der sie gesehen hat? Der Wirt…«
»Nein, nein, Dorsey auch nicht.«
»Ich könnte ihn fragen.«
»Sparen Sie sich die Mühe.« Sie sprach jetzt mit schriller Stimme. »Er hat nichts gesehen.«
Durch die Lautstärke war der Wirt aufmerksam geworden. Er wandte sich von seiner Zapfanlage weg und schaute zu uns rüber. »Gibt es bei euch Probleme?«
»Überhaupt nicht!« rief Betty Brown.
Wir taten ihr nicht den Gefallen, ruhig zu bleiben. »Doch, wir haben ein Problem.«
Dorsey war neugierig. »Welches denn?«
»Bleib da!« rief Betty. »Das ist alles Schwachsinn. Du musst mir glauben.«
Er kümmerte sich nicht um sie, sondern wandte sich an uns. Beide Hände hatte er auf die Theke gelegt, die Schultern leicht hochgezogen und das Kinn vorgereckt.
»Was ist denn los?«
»Es geht um eine Frau, die wir hier treffen wollten«, sagte ich. »Sie heißt Glenda Perkins.«
Dorsey hatte mir genau zugehört. Sehr schnell schüttelte er den Kopf. »Sorry, aber die kenne ich nicht.«
Neben uns lachte Betty. »Das habe ich euch doch gesagt. Haltet den Mann nicht von der Arbeit ab.«
»Augenblick«, fuhr ich lächelnd fort. »Ich bin noch nicht fertig. Ich möchte Ihnen die Frau gern beschreiben, Mr. Dorsey.«
»Bitte, wenn es Ihnen Spaß macht.«
Ich beschrieb Glenda und hatte auch vorgehabt, auf ihre Kleidung zu kommen,
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