12 – Das Raetsel von Chail
an.
»Kann man sich mit solchem Wasser überhaupt waschen?«, fragte Wajsto Kolsch skeptisch. »Das muss doch von allem möglichen Viehzeug nur so wimmeln!«
Die Chailiden schöpften ohne Zögern das Wasser mit beiden Händen und tranken es. Der Magnide schüttelte sich bei diesem Anblick. Es dauerte geraume Zeit, bis er sich dazu überwinden konnte, die Hände in das kristallklare Wasser zu tauchen und sein Gesicht zu benetzen. Die Lippen und Augen hielt er dabei fest geschlossen.
Die Chailiden machten Morgentoilette. Das junge Mädchen tauchte in ein Gewirr von blühenden Zweigen und kehrte kaum fünf Minuten später mit einem aus frischen Blättern und Blüten zusammengesteckten Umhang zurück. Der junge Mann striegelte seine prächtige, stahlblaue Mähne und begab sich dann auf die Suche nach Früchten und Kräutern.
»Sie werden uns davonlaufen«, vermutete Wajsto Kolsch düster, doch er irrte sich. Das Pärchen kam wieder und bot seinen Gästen an, an ihrem Frühstück teilzunehmen. Bjo und der Magnide schreckten vor den fremden Früchten zurück. Pejunk legte das Zögern der beiden Männer richtig aus. Er brachte aus einer Jackentasche ein Päckchen zum Vorschein, wickelte große Blätter auseinander und präsentierte ein Stück gebratenes Fleisch. Zuvorkommend legte er sein Messer dazu.
»Wer weiß ...«, hob Wajsto Kolsch an, aber Atlan versetzte ihm einen unauffälligen Stoß in die Rippen.
»Wir danken dir«, sagte er freundlich zu Pejunk. Dann teilte er das Fleisch in zwei Teile.
»Iss!«, sagte er eindringlich zu Wajsto Kolsch. »Und halt dich mit Kommentaren zurück!«
Der Magnide war immer noch misstrauisch, aber er begriff, dass er die Chailiden beleidigen würde, wenn er ihr freundliches Angebot ausschlug.
Atlan aß etwas von dem Obst und verließ sich auf den Zellaktivator. Sobald er sicher sein konnte, dass die Früchte auch für Menschen genießbar waren, würden auch die Solaner davon kosten müssen – die Vorräte in den Raumanzügen waren gering, und vorerst wusste niemand, wie lange ihr Aufenthalt auf Chail dauern würde.
Endlich ging es weiter. Die Morgensonne stieg über die Hügel und ließ unzählige Blüten leuchten. Die Luft roch frisch und aromatisch. Vögel sangen, Insekten summten, und der Bach plätscherte und sprudelte. Hätte er nicht den Raumanzug zu schleppen gehabt, hätte Atlan sich glatt einreden können, sich auf einem erholsamen Spaziergang zu befinden.
Es dauerte nicht lange, da sahen sie die ersten Anzeichen dafür, dass in diesem Tal Ackerbau betrieben wurde. Kleine, quadratische Felder waren hier und da angelegt. Dornenhecken und Stangenzäune sorgten dafür, dass die Tiere des Waldes den Äckern fernblieben. Auf einem der Felder arbeitete ein Chailide. Er trug nur einen knappen Lendenschurz. Das Sonnenlicht schuf grünliche Reflexe auf seiner kupferfarbenen Haut. Der Mann setzte junge Pflanzen in das schwarze, feuchte Erdreich. Er war so in seine Arbeit vertieft, dass er die Gruppe auf dem Weg gar nicht bemerkte.
Die Felder wurden zahlreicher, die Wiesenraine dazwischen schmaler. Dann führte der Weg um einen Hügel herum, und sie sahen das Dorf, ein oder zwei Dutzend flache Holzhäuser, die jeweils einen viereckigen Hof umschlossen. Die Häuser waren ebenerdig, hölzerne Veranden liefen an allen vier Seiten entlang. Die Dächer bestanden aus Holzschindeln, manchmal auch aus verklebten Grasbündeln. Von den Höfen, die von Bäumen überschattet wurden, stieg Rauch auf.
Ringsum waren die Chailiden bei der Arbeit. Die kleinen Felder wirkten sehr gepflegt, und auch das Dorf machte einen sauberen, ordentlichen Eindruck. Die Chailiden passten in diesen Rahmen. Sie arbeiteten ohne Hast und Hektik. Einige sahen zu den Fremden hinüber, aber es erhob sich kein aufgeregtes Geschrei, wie man es eigentlich erwartet hätte. Ein paar splitternackte Kinder jagten an Atlan und den Solanern vorbei. Eines hielt kurz inne, starrte die Fremden mit großen Augen an, wandte sich dann aber wieder ab und rannte seinen Freunden nach, die sich gerade mit Begeisterung in das Wasser eines offenbar künstlich angelegten Teichs stürzten.
»Die Leute benehmen sich, als würden tagtäglich fremde Raumfahrer durch ihr Dorf spazieren«, fasste Wajsto Kolsch diese Eindrücke zusammen.
Atlan sah fragend zu Bjo Breiskoll hin.
»Ich kann nichts Konkretes espern«, sagte der Katzer kopfschüttelnd. »Aber da vor uns herrscht eine gewisse Spannung.«
»Vielleicht haben sie eine Falle für
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