12 – Das Raetsel von Chail
Hintergrund.
Erst als der Jäger einen Gruß rief, wurde der im hinteren Teil des Raums werkelnde Chailide aufmerksam und kam nach vorn. »Ah, du bist es, Isun. Hast du eine gute Reise gehabt?«
»Sie war nicht gut, sie war nicht schlecht«, meinte der junge Eingeborene. »Ich habe in den Sodos-Sümpfen ein Murl verloren, doch glücklicherweise ist niemand von meinen Begleitern dabei zu Schaden gekommen.«
Der stattliche Chailide, den der Arkonide auf etwa fünfzig Jahre schätzte, polterte los. »Was um alles in der Welt hast du Dummkopf auch in den Sodos-Sümpfen zu suchen? Dass ihr jungen Burschen euch immer in Gefahr begeben müsst ... Sollte wohl eine Mutprobe sein, was?«
»Nein, ich wollte das gefährliche Gebiet umgehen, doch ein Murl ging mir durch.«
»So? Na, ja, die Biester sind manchmal recht eigensinnig.« Der Ältere wischte sich die Hände an seiner verschmierten Schürze ab. »Was führt dich zu mir?«
Isun deutete auf den zerrissenen Umhang, den er auf den Tisch gelegt hatte. »Ich möchte, dass du mir ein neues Tuch anfertigst, Snowar.«
»Hm, lass mal sehen.« Er hob das zerfetzte Kleidungsstück hoch und begutachtete es eingehend. »Du hast recht, dieses taugt nicht mehr viel; es würde sich nicht lohnen, es noch einmal zu flicken.«
»Du beherrschst die Kunst des Färbens und Tuchwebens wie kein zweiter, «, sagte der Jäger. »Kannst du mir dasselbe Muster machen?«
»Gewiss.« Der Tuchmacher ließ den Fetzen sinken. »Aber glaube nicht, dass du den Preis drücken kannst, wenn du mir schmeichelst.«
»Wie kannst du so etwas von mir denken?«, tat Isun entrüstet. »Ich habe immer bezahlt, was du verlangt hast.«
»Ja, nachdem du mich so weit heruntergehandelt hattest, dass es kaum noch für das Material reichte, von meiner Arbeit gar nicht zu reden.« Ein listiger Ausdruck erschien auf dem Gesicht des Älteren. »Was tauscht du ein?«
»Wildbret.«
»Wild ist gut. Ich habe zu tun ...« Snowar murmelte etwas Unverständliches und begann mit Hilfe seiner zwölf Finger zu rechnen. »Sagen wir drei Waldhirsche.«
»Drei Waldhirsche?«, entsetzte sich Isun.
»Das stimmt, das ist zu wenig, also vier.«
»Zwei«, begann der Jäger zu feilschen.
»Warum nicht? Ich liefere dir dafür ein halbes Tuch mit halbem Muster.«
»Zwei Waldhirsche und eine Grasgazelle.«
»Also ein halbes Tuch und ein Lendenschurz. Du kannst die Sachen in sechs Tagen abholen«, sagte Snowar. »Soll der Lendenschurz in einer bestimmten Farbe sein?«
»Ich gebe mich geschlagen. Kann es anstelle der Waldhirsche auch anderes Wild sein?«
»Natürlich, ich bin da nicht wählerisch, aber das Gewicht muss stimmen.«
»Du kannst dich darauf verlassen.« Isun wandte sich zu den Raumfahrern um, die den Handel mit stummem Vergnügen verfolgt hatten. Anklagend deutete er auf den Tuchmacher. »Nun habt ihr Snowar kennengelernt. Nehmt euch vor diesem Schlitzohr in Acht.«
Erst jetzt bemerkte der große Mann die Begleiter des Jägers. »Ihr müsst entschuldigen, dass ich euch nicht gleich gesehen habe, aber ihr habt ja selbst erlebt, wie dieser junge Bursche mir zugesetzt hat. Jeder versucht, mich armen alten Mann zu übervorteilen und um das Wenige zu bringen, was ich für meine Familie und mich erarbeiten kann und zum Leben benötige.«
»Du brauchst nicht zu lamentieren, Snowar. Meine Freunde wollen nichts tauschen, sie suchen hier in Syrgan lediglich eine Unterkunft.«
Atlan, Bjo Breiskoll und Wajsto Kolsch standen so, dass sie das Licht im Rücken hatten, Snowar also nur ihre Umrisse sah und nicht erkennen konnte, dass es keine Chailiden waren.
Der Tuchmacher kam nach vorn und nahm die drei in Augenschein. »Ihr seid also Fremde«, stellte er fest. Seine Worte klangen keineswegs abwertend oder gar unfreundlich. »Ihr seid Raumfahrer?« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
»Ja, wir sind mit einem Raumschiff gekommen«, bestätigte der Arkonide und nannte seinen Namen und die Namen seiner Gefährten.
»Die Meditierenden berichten davon, dass auf Chail täglich Raumschiffe starten und landen.« Der Blick des alten Chailiden verklärten sich, seine Stimme bekam einen sehnsüchtigen Klang. »Sie haben Kontakt mit den Wesen in den Raumschiffen und sogar mit den Bewohnern fremder Welten. Es muss schön sein, ein Meditierender zu sein.«
»Warum meditierst du dann nicht?«, erkundigte sich Kolsch ebenso plump wie naiv.
Atlan hätte dem Solaner am liebsten einen Tritt vors Schienbein verpasst. Instinktiv
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