12 - Tod Bei Vollmond
Waren zur Abtei bei Geiphtine befördern sollte?«
»Das ist gut möglich. Aber Geiphtine liegt doch genau in entgegengesetzter Richtung von Ard Mhór. Warum fragst du?«
»Das mußt du nicht verstehen«, erwiderte Fidelma. »Ich bin diejenige, die Verschiedenes zusammentragen muß. Solange du meine Frage ehrlich beantwortest, mußt du dir keine Gedanken machen, Bruder Túan«, erklärte sie ruhig.
Der Verwalter rümpfte verärgert die Nase. »Ich will mich ganz gewiß nicht in die Angelegenheiten einer dálaigh einmischen.«
»Das weiß ich«, erwiderte Fidelma ernst. »Und wir wollen dich auch nicht länger aufhalten. Vielen Dank für deine Hilfe, Bruder.«
Bruder Túan schaute einen Moment verwirrt drein.
»Deus vobiscum« , murmelte er. Dann ritt er, ohne auf eine Antwort zu warten, davon.
Bruder Eadulf sah ihm verwundert hinterher.
»Versuchst du nun herauszufinden, ob Accobrán beim Auftauchen der Uí Fidgente hier die Hand im Spiel hatte?« fragte er Fidelma nach einer Weile.
»Das weiß ich längst, direkt oder indirekt«, antwortete Fidelma. »Bisher hatte ich nur keine Ahnung, auf welche Weise die Uí Fidgente davon erfahren haben.«
»Wovon?«
Fidelma stieß einen kleinen, ungeduldigen Seufzer aus. »Ich meine ihre Kenntnisse über das Eberdickicht.«
»Du willst doch wohl nicht behaupten, daß der Überfall etwas mit dem Gold dort zu tun hat?«
»Davon gehe ich sogar aus. Doch wir wollen nichts überstürzen. Ach, da ist ja Bruder Solam«, sagte sie und blickte auf den blonden jungen Verwalter der Abtei. »Jetzt werden wir auch Bruder Dangila finden.«
Kurz darauf traf Bruder Dangila im Klostergarten auf sie. Er verneigte sich feierlich und ließ sich auf einer Bank gegenüber nieder. Fidelma und Eadulf selbst saßen bereits unter einem Apfelbaum. Der Tag war warm, und die Oktobersonne am wolkenlosen Himmel lud zum Verweilen ein.
»Wie man mir sagte, willst du mit mir sprechen, Schwester«, sagte Bruder Dangila in seinem melodischen Griechisch.
»So ist es. Woher kennst du den Heilkundigen Liag?«
Der Fremde verzog keine Miene. Er zögerte.
»Er ist eine alte Seele. Ich bin mir sicher, daß er auf dieser Erde schon mehrere Leben hatte«, erwiderte er schließlich. »Vielleicht sind wir einander früher schon einmal begegnet.«
Fidelma machte rasch eine abweisende Geste mit der Hand. »Bleiben wir bei diesem Leben und an diesem Ort.«
Bruder Dangila sah sie unerschüttert an. »In diesem Leben, zu dieser Zeit und an diesem Ort ist mir Liag begegnet, als ich draußen das große Wunderwerk der Gestirne betrachtete. Er teilt dieses Interesse mit mir, und wie ich bereits erwähnte, ist es auch das Interesse meiner Gefährten. Es ist der Grund unseres Hierseins. Wir studieren die Handschriften Aibhistíns.«
»Seid ihr wirklich nur deshalb hier?« fragte Fidelma betont streng.
Zum erstenmal wirkte der Aksumiter unsicher. Er antwortete nicht sofort.
»Du hast mir erzählt, daß du in den Bergwerken deines Landes gearbeitet hast, ehe du Mönch wurdest«, sagte Fidelma. »In den Goldminen.«
Bruder Dangila seufzte. »Schwester, du bist sehr hartnäckig.«
»Lassen wir einmal den Bergbau beiseite«, fuhr Fidelma sehr zu Eadulfs Verwunderung fort. Er hatte Mühe, ihren Gedankengängen zu folgen. »Reden wir von etwas anderem.«
»Worüber?« fragte Bruder Dangila ein wenig überrascht.
»Hat man dich einmal aufgefordert, vor Liags Schülern zu sprechen?«
»Du meinst die Kinder und Jugendlichen, die er in Sternenkunde unterrichtet?«
»Ja.«
»Ich glaube, du kennst die Antwort schon. Einmal hat sich ein junges Mädchen an mich gewandt.«
»Wie hieß sie?«
»Ich kann mich an die hier gebräuchlichen Namen nur schwer erinnern.«
»In welcher Sprache habt ihr euch unterhalten?« wollte Eadulf nun wissen. »Etwa griechisch? Schließlich hattest du ja keine andere Möglichkeit.«
»Ein wenig beherrsche ich eure Sprache, wenn auch nur unvollkommen. Als mir das Mädchen erklärt hatte, was sie wissen wollte, konnte ich ihr immerhin verständlich machen, daß ich ihr nicht weiterhelfen könnte.«
»Und in welcher Sprache hast du dich mit Liag unterhalten?« fragte Fidelma.
»Der Alte kann Griechisch. Das wußtest du doch sicher, oder?«
Fidelma schüttelte den Kopf. »Das war mir nicht bekannt. Doch es überrascht mich nicht. Sagt dir der Name Escrach etwas?«
Bruder Dangila schüttelte den Kopf.
»Hast du das Mädchen, das dich über die Sternenlehre befragen wollte, später noch
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