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12 - Tod Bei Vollmond

12 - Tod Bei Vollmond

Titel: 12 - Tod Bei Vollmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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ist die Natur des fleischgewordenen Geistes. Hat nicht der heilige Cyril von Alexandria gesagt, daß die menschliche und die göttliche Natur zu einer vereint waren, ohne sich zu vermischen und sich zu verändern? Jene zwei Naturen existierten nicht voneinander losgelöst. Vielleicht haben sich die Oberpriester Roms verschworen und unsere Lehren falsch dargestellt als Strafe dafür, daß sich unsere Kirche geweigert hatte, dem Papst zu folgen und politisch von ihm beeinflußt zu werden.«
    »Harte Worte«, murmelte der Abt vorwurfsvoll.
    »Die Wahrheit ist häufig bitter«, erwiderte Bruder Gambela.
    »Also weiter mit eurer Geschichte«, meldete sich Fidelma zu Wort, denn sie hatte bemerkt, daß sie sich vielleicht auf gefährliches theologisches Gebiet zubewegten. »Ihr wart also Sklaven in Rom? Und niemand wollte euch zu Hilfe kommen?«
    »So war es«, meinte Bruder Dangila. »Wir mußten Waren auf Schiffe verladen, die am Ufer des Tiber angelegt hatten. Dann wurden wir an einen fränkischen Händler verkauft und gehörten zur Mannschaft seines Schiffes, das eine lange und gefährliche Reise vom Mittelmeer durch eine Meeresenge unternahm, die man die Säulen des Herkules nannte. Später folgte eine gefahrvolle Reise entlang der iberischen Küste. In einem großen Unwetter kam unser Schiff vom Kurs ab. Der Kapitän geriet in Panik, weil er glaubte, daß wir über den Rand der Erde hinaus unserem sicheren Tod entgegenfuhren.« Der Aksumiter lächelte schief. »Der Mann war der Ansicht, die Erde sei eine flache Scheibe und der Horizont bilde den Rand, dem sich niemand nähern durfte. Wir fanden diese Theorie ziemlich kurios. Ist sie hier auch verbreitet?«
    Fidelma schüttelte den Kopf. »Unsere Astronomen lehren schon seit langer Zeit, daß die Welt sphärisch ist, Bruder Dangila. Martianus schreibt, daß bereits die Druiden in Zeiten unserer heidnischen Vorfahren meinten, die Erde habe die Form einer Kugel.«
    Bruder Dangila nickte zustimmend. »Dieser Kapitän stammte aus einem Land, das Frankia heißt. Als wir kein Land mehr sahen, wußte er nicht, wie er sein Schiff weitersteuern sollte. Er und die Mannschaft wurden von Angst ergriffen, wir drei beteten derweil. In einem schrecklichen Sturm kenterte das Schiff, doch Gott lächelte auf uns herab, denn wir drei gehörten zu den wenigen, die ans Ufer dieses Königreichs gespült wurden. Eure Leute gaben uns zu essen, Kleidung und erwiesen uns Gastfreundschaft. Man hieß uns willkommen, und das um so mehr, als man erfuhr, daß wir Christen waren. Euer Volk hat uns nicht dafür verurteilt, daß wir Aksumiter sind …«
    Nun warf Bruder Gambela ein: »Wir waren glücklich, als wir merkten, daß die Anhänger Christi in diesem Königreich nicht dem Diktat Roms folgen, sondern so wie wir viele der alten Rituale und Lehren des früheren Glaubens bewahrt haben. Wir spürten, daß Gott unsere Reise aus einem einzigen Grunde so gefügt hatte – wir sollten hier studieren und unser Wissen unserem Volk bringen. Zu dem Zweck gelangten wir in das Kloster Molaga. Dort blieben wir eine Weile.«
    »Trotz dieser Abenteuer oder eher Mißgeschicke tragt ihr Kleider mit Ornamenten, die aus eurem Land zu stammen scheinen«, bemerkte Eadulf auf einmal mißtrauisch. Nach einem für seine Verhältnisse langen Schweigen hatte er zum erstenmal das Wort ergriffen. Seine Kenntnisse des Griechischen waren relativ gering, und er hatte Mühe gehabt, den Feinheiten der Unterhaltung zu folgen. »Wie ist es euch gelungen, diese wertvollen Silberkreuze durch eure Sklavenzeit zu retten?«
    Jetzt sprach Bruder Dangila, den die Frage nicht im geringsten beunruhigte. »Die Gewänder wurden hier nach unseren Anweisungen gewebt. Aber du hast recht; diese Kreuze wurden von Silberschmieden aus Aksum angefertigt. Dennoch sind es nicht unsere eigenen. Sie wurden uns vom Abt des Klosters Molaga geschenkt. Offenbar stammten sie aus den Überresten eines Schiffbruchs. Uns fielen sie auf, als wir beim Abt waren, und wir erkannten ihre Herkunft. Der wohltätige Mann überließ sie uns.«
    »Nach eurem Aufenthalt dort, was geschah dann?« wollte Fidelma wissen.
    »Wir sind hierhergekommen, wo wir uns erneut ganz den Studien widmen.«
    »Aus reiner Neugier würde mich interessieren, welcher Art diese Studien sind«, erkundigte sich Eadulf.
    Zu aller Überraschung antwortete jetzt Bruder Nakfa mit einer tiefen und sanften Stimme, die sehr melodiös klang, wodurch sein Griechisch eher gesungen als gesprochen

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