12 - Tod Bei Vollmond
sagte mir, daß es zwischen euch einige Unstimmigkeiten gegeben hat.«
Gobnuid starrte sie verärgert an. »Wer sagt das?«
Fidelma sah, daß er seine Hand nervös zusammenballte.
»Also stimmt es gar nicht? Hast du sie nicht auf dem Fest des heiligen Finnbarr zum Tanz aufgefordert? Und sie hat dir einen Korb gegeben? Du warst wie toll, und alle haben es mitbekommen.«
Die Lippen des Schmieds bildeten jetzt eine schmale Linie. »Auf das Mädchen war ich nicht wütend, sondern auf die einfältigen Burschen, mit denen sie sich abgab. Außerdem machten sie sich auf einmal über mein Alter und mein Aussehen lustig, nur weil ich mich getraut habe, Ballgel aufzufordern. Auf das alles war ich wütend.«
»Und nicht auf Ballgel, weil sie dir einen Korb gegeben hatte?«
»Als ich von ihrem Tod erfuhr, war ich ganz außer mir. Ich hatte sie davor gewarnt, sich dem trügerischen nächtlichen Himmel anzuvertrauen.«
Fidelma starrte ihn an.
»Wie kommst du darauf?« fragte sie.
»Ballgel und die anderen gingen immer zu Liag, der ihnen den Kopf mit diesen törichten Märchen über den Mond und die Sterne vollstopfte. Brocc hat mir verraten, auch seine Nichte Escrach sei derart davon beherrscht gewesen, daß sie sogar die Fremden befragen wollte.«
Fidelma gab sich Mühe, nicht zu zeigen, wie sehr sie das in Erstaunen versetzte. »Weswegen wollte sie die aufsuchen?«
»Wegen der Kräfte des Mondes. Liag hatte Escrach gesagt, daß die Fremden allerlei über die Eigenschaften der Gestirne wußten. Genau darum sollte man sie von hier fortjagen.«
Fidelma rang nach Luft. Dann war Liag also im Bilde, daß die Wißbegierde der Aksumiter besonders auf die Sternenkunde gerichtet war?
»Sag mir, Gobnuid, der Heilkundige hat demnach Ballgel und Escrach die Gesetze des Himmels erklärt? Wer war noch dabei?«
»Über all die Jahre wohl eine ganze Menge. Ich habe selbst öfter seinen Ausführungen gelauscht.«
»Es gingen auch Jungen hin?«
»Ja, sogar Accobrán, unser Tanist«, erwiderte er. »Und denk daran, daß die Fremden ebenfalls über solches Wissen verfügen und die Geheimnisse des Mondes kennen. Das allein reicht mir schon als Beweis, daß in der Abtei das Böse umgeht.«
Fidelma sah den Schmied mißbilligend an. »Das ist überhaupt kein Beweis. Denk du lieber daran, daß es mir nur um die Wahrheit geht. Niemand soll versuchen, mich von meinen zielstrebigen Untersuchungen und Entscheidungen abzubringen, sonst wird er mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Die Strafe wird dementsprechend hoch sein.«
Sie hatte sich schon ein Stück von der Schmiede entfernt, als sie instinktiv noch einmal zurückblickte. Gobnuid untersuchte konzentriert etwas in seiner Hand, das im Schein des Schmiedefeuers funkelte. Es handelte sich um den Goldklumpen, den er zu Eisenkies erklärt hatte. Fidelma eilte weiter.
Als sie das Gästezimmer betrat, schaute Eadulf auf. Er hatte bereits ein Bad genommen und sich für das Abendessen in Beccs Halle angekleidet.
»Viel Zeit hast du nicht mehr«, sagte er. Dann sah er ihr nachdenkliches Gesicht. »Was ist geschehen?«
»Ich hatte gerade eine aufschlußreiche Unterhaltung mit dem Schmied Gobnuid. In dieser Siedlung herrschen Vorurteile gegenüber den Fremden, man fürchtet sich vor ihnen. Es wird nicht genügen, die Aksumiter nur aus Mangel an Beweisen freizusprechen. Es muß bezeugt werden, daß sie unschuldig sind.«
»Du glaubst also wirklich, daß sie unschuldig sind?« fragte Eadulf.
Fidelma sah ihn streng an. »Glauben hat nichts damit zu tun.«
Eadulf zog die Augenbrauen hoch. »Ich würde mir erst ein Urteil über Schuld oder Unschuld erlauben, wenn ich alle Fakten zusammengetragen hätte. Bisher sind viele Fragen noch gar nicht gestellt, geschweige denn beantwortet worden.«
Fidelma ließ sich aufs Bett fallen. Natürlich hatte Eadulf recht. Vermutete sie jetzt schon bei Menschen Vorurteile, die gar keine hatten?
»Die Aksumiter haben so gut wie zugegeben, daß in jener Nacht einer von ihnen auf dem Hügel war«, meinte Eadulf weiter. »Die Tatsache, daß Brocc nicht genau erkennen konnte, wer von den dreien dort saß, spricht sie nicht von Schuld frei. Es ist vielmehr das Eingeständnis, daß sie gelogen haben. Und wann lügen die Leute? Wenn sie etwas zu verbergen haben.«
Fidelma seufzte tief. »Du hast recht, Eadulf. Es tut mir leid, wenn ich vorhin so gereizt reagiert habe. Doch mit blindem Vorurteil kann ich nicht umgehen.« Sie erhob sich. Es war höchste Zeit. »Ich muß
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