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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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solange die Familie es sich leisten konnte, ihn zu behalten.
    »Ich nehme an, Ihr Vater hat Sie nicht von einer Absicht unterrichtet, irgendwann vor seinem Tod verkaufen zu wollen«, sagte Miss Crown zu Adrian gewandt.
    »Natürlich nicht!«, antwortete Margaret.
    Miss Crown wartete auf eine Bestätigung von Adrian. Sie sagte, wenn das tatsächlich der Fall sei, gebe es nur eine Erklärung für das Fehlen eines offenbar beträchtlichen Teils der Erbmasse. Ja, es gebe im Grunde nur eine einzige, sehr einfache Erklärung.
    »Und die wäre?«, fragte Margaret höflich.
    Dass Mr. Brouard nie der Eigentümer des Grundbesitzes gewesen sei, als dessen Eigentümer er gegolten hatte.
    Margaret starrte die Anwältin an. »Das ist doch absurd!«, sagte sie. »Natürlich war er der Eigentümer. Seit Jahren. Der Besitz gehörte ihm, genau wie alles andere. Ihm gehörte - hören Sie mal! Er war doch nicht irgendjemandes Pächter!«
    »Das behaupte ich gar nicht«, erwiderte Miss Crown. »Ich sage nur, dass er möglicherweise den Besitz, der ihm zu gehören schien - den er zweifellos im Lauf der Jahre oder zumindest im Lauf der Jahre seiner Ansässigkeit auf der Insel selbst erworben hatte -, tatsächlich für jemand anderen erworben hat. Oder aber auf seine Anweisungen hin von einem Dritten erworben wurde.«
    Als Margaret das hörte, spürte sie die ersten Schockwellen einer Katastrophe, die sie nicht wahrhaben, geschweige denn hinnehmen wollte. »Das ist ausgeschlossen«, hörte sie sich heiser hervorstoßen und merkte, wie ihr Körper in die Höhe schoss, als wollten Beine und Füße sich nicht länger von ihr beherrschen lassen. Ehe sie wusste, wie ihr geschah, stand sie über Julia Crowns Schreibtisch gebeugt und blies der Anwältin ihren keuchenden Atem ins Gesicht. »Das ist absoluter Blödsinn, hören Sie mich? Das ist Idiotie. Wissen Sie überhaupt, wer dieser Mann war? Haben Sie eine Ahnung, was für ein ungeheures Vermögen er angehäuft hatte? Haben Sie schon mal von Chateaux Brouard gehört? England, Schottland, Wales, Frankreich, der Himmel allein weiß, wie viele Hotels. Ein Imperium war das! Wem außer Guy Brouard hätte es gehören sollen?«
    »Mutter!« Auch Adrian war aufgestanden. Als Margaret sich umdrehte, sah sie, dass er dabei war, seine Lederjacke überzuziehen, um zu gehen. »Wir wissen jetzt, was wir -«
    »Wir wissen gar nichts!«, schrie Margaret. »Dein Vater hat dich dein Leben lang betrogen, und ich werde nicht zulassen, dass er dich auch noch nach seinem Tod betrügt. Er hat Konten versteckt und Grundbesitz unterschlagen, und ich werde sie finden. Ich will, dass du sie bekommst, und nichts - hörst du mich? - nichts wird verhindern, dass das geschieht.« »Er hat dich überlistet, Mutter. Er wusste -« »Nichts. Er wusste nichts.« Sie fauchte die Anwältin an, als hätte die ihre Pläne durchkreuzt. »Wer?«, rief sie. »Wer? Eines von seinen Flittchen? Wollen Sie das sagen?«
    Miss Crown schien zu wissen, wovon Margaret sprach. Sie sagte: »Ich denke, es kann nur jemand sein, dem er vertraut hat. Rückhaltlos. Jemand, von dem er wusste, dass er über den Besitz verfügen würde, wie es seinen Wünschen entsprach.«
    Da gab es natürlich nur eine Person. Das wusste Margaret, ohne dass diese Person beim Namen genannt werden musste, und sie dachte, dass sie so etwas von dem Moment an geahnt hatte, als dieses Testament im Wohnzimmer verlesen worden war. Es gab auf der ganzen Welt nur eine Person, bei der Guy sich darauf hätte verlassen können, dass er ihr alles, was er im Lauf der Zeit erwarb, schenken konnte, ohne fürchten zu müssen, dass sie etwas anderes damit täte, als es zu bewahren und zum Zeitpunkt ihres eigenen Todes - oder früher, wenn das von ihr verlangt wurde - nach seinen Wünschen darüber zu verfügen. Warum hatte sie nicht gleich daran gedacht?, fragte sich Margaret. Die Antwort war einfach: Weil sie die Gesetze nicht gekannt hatte. Von Kopf bis Fuß bebend vor Zorn stürmte sie aus der Kanzlei. Aber sie war nicht geschlagen. Noch lange nicht. Das wollte sie ihrem Sohn klar machen. Mit einer heftigen Bewegung wandte sie sich ihm zu.
    »Das werden wir ihr sofort ausreden. Sie ist deine Tante und weiß, was recht ist. Wenn ihr noch niemand die ganze Ungerechtigkeit dieser Geschichte klar gemacht hat. Für sie war er ja nie etwas anderes als ein Gott. Sein Geist war gestört, und das hat er vor ihr verborgen. Er hat es vor allen verborgen, aber wir werden beweisen -«
    »Tante Ruth

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