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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Dreckskerl. Ich schneid dir deinen Schwanz ab und stopf dir das Maul damit. Fahr zur Hölle. Du hast es gewagt, meine Tochter anzurühren!«
    Stephen war keuchend angelaufen gekommen, um Ruth zu holen. Sie fing bei seiner atemlosen Erklärung den Namen Henry Moullin auf und die Worte »streiten wegen Cyn«, ließ alles stehen und liegen und folgte dem Jungen nach draußen. Schon als sie über den Krocketrasen hetzte, konnte sie das Geschrei hören. Verzweifelt sah sie sich nach jemandem um, der eingreifen könnte, aber der Wagen von Kevin und Valerie war nicht da, und sie und Stephen mussten allein versuchen, das Schlimmste zu verhindern.
    Denn dass es zu Gewalt kommen würde, war Ruth klar. Wie hatte sie nur so töricht sein können, zu glauben, ein Vater könnte dem Mann, der seine Tochter verführt hatte, ruhig gegenübertreten?
    Als sie sich dem tropischen Garten näherte, hörte sie die Schläge. Henry brüllte und wütete, die Enten quakten, aber Guy war ganz still. Still wie ein Grab. Mit einem Aufschrei brach sie durch das Gebüsch.
    Die toten Körper lagen überall herum. Blut, Federn, Tod. Henry stand mitten unter den Enten, die er mit dem Brett totgeschlagen hatte, das er immer noch in den Händen hielt.
    Er keuchte heftig, und sein verzerrtes Gesicht war von Tränen verschmiert.
    Er hob zitternd einen Arm und wies auf Guy, der wie angewurzelt neben einer Palme stand, zu Füßen einen offenen Beutel Entenfutter. »Wag dich ja nie wieder in ihre Nähe«, zischte Henry ihn an. »Wenn du sie noch einmal anrührst, bring ich dich um.«
    Jetzt, in Guys Schlafzimmer, durchlebte Ruth das alles noch einmal. Sie spürte die ungeheure Last ihrer eigenen Verantwortung an dem, was geschehen war. Guter Wille hatte nicht gereicht. Nicht, um Cynthia zu verschonen, und auch nicht, um Guy zu retten.
    Sie faltete das Jackett ihres Bruders langsam zusammen. Ebenso langsam drehte sie sich herum und ging wieder zum Schrank, um das nächste Kleidungsstück herauszunehmen.
    Als sie eine Hose aus einem Spanner nahm, flog die Zimmertür auf, und Margaret Chamberlain sagte: »Ich möchte mit dir reden, Ruth. Du bist mir gestern Abend beim Essen aus dem Weg gegangen - der lange Tag, die Arthritis, die notwendige Ruhe... wie praktisch für dich. Aber jetzt entkommst du mir nicht.«
    Ruth hielt in ihrer Arbeit inne. »Ich bin dir nicht aus dem Weg gegangen.«
    Margaret prustete spöttisch und trat ins Zimmer. Sie sah mitgenommen aus. Ihre Frisur war aus dem Leim gegangen, die immer so sorgfältig gedrehte Rolle am Hinterkopf saß schief und drohte, sich aufzulösen. Ihr Schmuck, den sie stets auf ihre Kleidung abstimmte, passte nicht zu dem Ensemble, das sie trug, und sie hatte die Sonnenbrille vergessen, die bei jedem Wetter auf ihrem Kopf zu thronen pflegte.
    »Wir haben mit einer Anwältin gesprochen«, verkündete sie.
    »Adrian und ich. Du wusstest natürlich, dass wir das tun würden.«
    Ruth legte die Hose sachte auf Guys Bett. »Ja«, sagte sie.
    »Und er wusste es offensichtlich auch. Deshalb hat er uns von vornherein den Hahn zugedreht.«
    Ruth sagte nichts.
    Margarets Mund wurde schmal. »Ist es nicht so, Ruth?«, fragte sie mit einem gehässigen Lächeln. »Hat Guy nicht genau gewusst, wie ich reagieren würde, wenn er seinen einzigen Sohn enterbt?«
    »Margaret, er hat ihn nicht enterbt -«
    »Ach, tu doch nicht so. Er hat sich über die Gesetze auf dieser popeligen kleinen Insel informiert und entdeckt, was mit seinem Besitz geschehen würde, wenn er nicht jedes Stück gleich beim Kauf dir überschriebe. Nicht einmal verkaufen hätte er können, ohne vorher Adrian zu fragen. Also hat er dafür gesorgt, dass sein Besitz gar nicht erst sein Eigentum war. Ein toller Plan war das, Ruthie. Ich hoffe, es hat dir Spaß gemacht, die Träume deines einzigen Neffen zu zerstören. Das war nämlich das Resultat dieser miesen Tour.«
    »Es ging überhaupt nicht darum, irgendjemandem etwas zu zerstören«, entgegnete Ruth leise. »Guy hat diese Vorkehrungen nicht getroffen, weil er seine Kinder nicht liebte, und er hat sie nicht getroffen, weil er ihnen wehtun wollte.«
    »Aber es ist anders gekommen, nicht wahr.«
    »Bitte, hör mir zu, Margaret. Guy hat nicht...« Ruth zögerte. Wie sollte sie der geschiedenen Frau ihres Bruders erklären, was diesen getrieben hatte; wie sollte sie ihr sagen, dass nichts so einfach war, wie es aussah, und ihr begreiflich machen, dass ein Teil von Guys Persönlichkeit seine Vorstellung davon war, wie

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