1203 - Der Zeitgänger
Umgebung schien in tosendem Feuer zu versinken. Er glaubte, von den geballten Massen des Universums erdrückt zu werden - und glitt dann plötzlich frei durch ein Gewirr von Zeitspuren, das ihm seltsam vertraut vorkam.
Nisel jubelte.
Tolkelig! Ich habe es geschafft. Ich habe ein weitaus größeres Abenteuer erlebt als jeder andere Zeitgänger.
Er schickte seine telepathischen Rufe hinaus in die Unendlichkeit, um den anderen mitzuteilen, was ihm widerfahren war, doch zu seinem Leidwesen erhielt er keine Antwort Die Zeitgänger waren dünn gesät im Universum. Allzu dünn, wie er nun erfahren mußte. Keiner von ihnen vernahm seinen Ruf.
Nisel vertröstete sich auf später. Er hatte sich der Grenzzone mittlerweile bereits auf etwa 5000 Jahre genähert und mußte sich auf die Zeitspuren konzentrieren. Dieses Mal durfte ihm kein Fehler unterlaufen, denn wenn er sich in der instabilen Grenzzone verlor, hatte er keine Chance mehr.
Auch die Grenzzone ist ein Übergang, dachte er sarkastisch. Ein Übergang in das Reich der Toten.
Behutsam tastete er sich an das Gebiet heran, das einige der typischen Merkmale auf wies, die Abesch ihm telepathisch übermittelt hatte, bevor er in der Unendlichkeit verschwunden war. Wiederum rückte er dem Zweiling ein Jahrtausend näher, und dann glaubte er, die Spur gefunden zu haben, die er suchte.
Er klinkte sich ein.
Unmittelbar darauf befand er sich in einem Raum, in dem sich zahlreiche humanoide Wesen aufhielten.
Sie saßen an Tischen und verzehrten die Speisen und Getränke, die man ihnen vorsetzte. Von einem nahen Flughafen stiegen Flugzeuge auf. Sie zogen lärmend über das Haus hinweg.
Der Zweiling sprach mit einem dunkelhaarigen Mann. Dieser stutzte. Nisel merkte, daß er ein begabter Telepath war, und er kapselte sich augenblicklich gegen ihn ab, weil er keine Komplikationen hervorrufen wollte. Dies war ganz Offensichtlich eine Begegnung, die noch um viele Zeiteinheiten vor der tatsächlichen Grenzzone lag. Wenn er hier einen Fehler machte, mußte das verheerende Folgen haben.
Eine der Frauen blickte Nisel an. Sie krauste die Stirn, wandte sich ab und sah ihn dann erneut an. Dabei kniff sie die Augen zusammen. Unsicher schüttelte sie den Kopf, schob dann das Glas zur Seite, aus dem sie getrunken hatte, und wandte sich erneut ab. Doch der Gedanke an ihn ließ sie nicht los. Sie öffnete den Mund, um das Kind etwas zu fragen, das ihr gegenübersaß, überlegte es sich dann jedoch anders. Nisel beobachtete sie belustigt. Er dachte nicht daran, seinen Standort zu wechseln. Er schwebte unmittelbar vor einer spiegelnden Glasscheibe. Hinter ihm war die Straße. Daher schien die Frau ihn für ein Spiegelbild zu halten.
„Noch einen Martini", rief sie der Bedienung zu, senkte den Kopf und spähte durch ihre Locken zu Nisel hinüber. Dann stöhnte sie leise auf, fuhr sich mit der Hand über die Augen und verbesserte sich. „Nein, nein, lassen Sie nur. Ich möchte zahlen, bitte."
Sie schien der Ansicht zu sein, daß sie zuviel getrunken hatte.
Zwei Männer kamen von der Straße heran, und Nisel spürte die Drohung, die von ihnen ausging. Sie richtete sich gegen den Zweiling. Der Zeitgänger hoffte, nun gleich eine aktionsreiche Szene erleben zu können und dadurch ein bißchen unterhalten zu werden. Doch der Telepath warnte den Zweiling vor den beiden Männern. Dieser erhob sich und verließ den Raum durch eine andere Tür.
Nisel seufzte enttäuscht. Er wäre ihm gern gefolgt, aber er konnte es nicht.
Sei zufrieden, daß du ihn so schnell gefunden hast, mahnte er sich. Jetzt kannst du auf seiner Zeitspur dahingleiten, bis in jene Zeit, von der Abesch gesprochen hat, denn jetzt ist dieses Wesen, das sich Rhodan nennt, ganz sicher noch kein Zweiling. Es steht noch am Anfang seiner Entwicklung. Es war noch ein Räumung. Nisel zog sich auf die Zeitspur Rhodans zurück und glitt weiter auf ihr voran. Er sah andere Spuren neben dieser und stellte verwundert fest, daß fast alle nach sehr kurzer Zeit endeten, wahrend seine unbeeinträchtigt weiterführte.
Sie wurde sogar nach einiger Zeit dicker und kräftiger, so als habe der Zweiling neue Lebenskraft gewonnen, die es ihm ermöglichte, länger zu existieren als alle anderen Angehörigen seines Volkes.
Nisel meinte, ein mentales Lachen zu hören. Überrascht verzögerte er.
War da ein anderer Zeitgänger, von dem er nichts wußte? War er denn nicht der einzige, der sich In die gefährliche Grenzzone wagte?
Das Lachen wiederholte
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