1204 - Der Häuter
aufgehalten?
Es war müßig, darüber nachzudenken, weil es uns in dem Fall nicht weiterbrachte. Es hatte ihn die ganze Zeit über gegeben, und es gab ihn nach wie vor. Er war zurückgekehrt. Er hatte bewusst gewartet, bis der Film angelaufen war. Ein Nachahmetäter, der noch brutaler sein wollte als die Filmfigur Hannibal.
Verdammt noch mal, welch eine Hölle musste sich da im Kopf eines Menschen abspielen? Ich wusste es nicht, denn es war mir unmöglich, derartige Taten nachzuvollziehen. Dazu reichte meine Fantasie einfach nicht aus.
Warum tat er das? Was hatte er davon? Wie gestört musste ein Mensch sein, der so etwas tat?
Jedenfalls war hier vieles schief gelaufen. Ich machte mir selbst auch Vorwürfe, weil ich vor sechs Jahren nicht noch weiterhin auf der Spur des Killers geblieben war. Aber für einen Polizisten wie mich ist mit der Verhaftung eines Gesetzesbrechers in diesem Fall die Sache auch erledigt.
Oder stand er doch mit schwarzmagischen Mächten in Verbindung? Ich konnte nicht so recht daran glauben, wollte es aber auch nicht ausschließen.
Während ich fuhr, telefonierte Suko mit London. Er sprach mit unserem Chef, Sir James, und gab ihm die nötigen Fakten durch. Auch Sir James hatte sich geschockt gezeigt, wie Suko mir nach dem Gespräch berichtete und noch hinzufügte, dass wir freie Hand hatten.
Ich nickte. »Und jetzt können wir nur hoffen, dass er nicht schon wieder zugeschlagen hat.«
Suko schwieg. Seinem Gesicht sah ich an, dass er die gle ichen Befürchtungen hegte wie ich.
Dann rollten wir auf Whiteburn zu. Der Ort lag vor uns wie auf dem Tablett. Er war recht klein und übersichtlich. Mir kam er nicht so groß vor wie Lauder.
Die Straße führte direkt hindurch. Wir sahen zu, dass wir die Mitte erreichten und stoppten dort vor einem kleinen Supermarkt. Zu dem Komplex gehörten auch andere Geschäfte, wie eine Reinigung, in die wir hineingingen.
Eine ältere Frau sortierte Wäsche und schaute misstrauisch hoch, als sie zwei Fremde sah.
»Ja bitte…?«
»Wir möchten zu Amos Hill, dem pensionierten Polizisten. Kennen Sie ihn, Madam?«
»Ja.«
»Super. Dann wissen Sie auch, wo er wohnt.«
Die Frau stemmte eine Hand auf die Theke. »Was wollen Sie denn von Amos?«
Ich hatte keine Lust, mich mit langen Erklärungen aufzuha lten und gegen die Sturheit der Frau anzukämpfen. Deshalb holte ich meinen Ausweis hervor, zeigte ihn ihr und fügte hinzu: »Wir sind Kollegen von Amos. Ehemalige.«
»Wenn das so ist.« Sie wurde freundlicher und schien eine hohe Meinung von der Polizei zu haben. Dann erklärte sie uns, wie wir am besten zu ihm gelangten und gab Zudem ihren eigenen Kommentar ab. »Er wohnt sehr schön. Erst vor einem Jahr hat er sich das neue Haus gebaut. So kann man sein Leben genießen.«
»Neidisch?«, fragte ich.
»Nein«, sagte sie und bekam einen roten Kopf. Ein Zeichen, dass sie gelogen hatte. »Ich frage mich nur, woher er das Geld für das Haus gehabt hat.«
»Gespart!«
»Ach. Verdient man bei euch so viel Geld?«
»Wenn man sparsam ist, kommt man gut zurecht.«
»Nein, nein, das glaube ich nicht. Ist auch egal.« Sie schnaufte. »Ich habe zu tun.«
Wir bedankten uns noch für die Auskunft. Vor dem Haus meinte Suko: »Man macht sich hier seine Gedanken. Ich weiß nicht, ob das was zu bedeuten hat, aber viel Geld verdient man als Polizist wirklich nicht. Da brauchst du nur an uns zu denken.«
»Vielleicht hat er geerbt.«
»Egal, John, lass uns fahren.«
In Whiteburn war kein Weg weit. Hier lag alles dicht beisammen, auch wenn wir an den Ortsrand fahren mussten wie in diesem Fall. Der Weg zum Haus führte links von der Straße ab und dabei einen Hang oder Hügel hoch. Nach ein paar Kurven standen die ersten Häuser auf recht großzügigen Grundstücken.
Das des pensionierten Polizisten lag ungefähr in der Mitte. Ein noch nicht gepflasterter Weg führte in seine direkte Nähe. Dort war der Platz sogar groß genug, um zwei Autos parken zu können. Ein Wagen stand dort. Es war ein Mercedes Kombi.
Die Heckklappe stand offen, und eine Frau im dunklen Mantel war damit beschäftigt, etwas auszuladen. Sie sah uns erst, als wir die Hälfte der Strecke hinter uns gelassen hatten. Da stellte sie einen Karton ab, schloss die Klappe und drehte sich um.
Ich hielt den Vauxhall neben dem Benz an und stieg aus.
Auch Suko verließ den Wagen. Mein Freund schaute sich schnell um, aber es war nichts zu sehen, was uns hätte stören müssen.
»Wollen Sie zu mir?«,
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