1205 - Wer die Totenruhe stört
Kopf.
»Nun ja, er soll hier begraben sein. So erzählen sich die Menschen in den Dörfern hier. Vurvolak ist ein Wanderer, der aus dem Balkan hier nach Schottland kam. Keiner weiß, was ihn getrieben hat, aber er muss eine besondere Person gewesen sein, wenn man den alten Sagen glauben kann.« Er hustete gegen seine Faust. Danach sagte er mit noch leiserer Stimme:
»Ich hatte sogar vor, einen Film über diesen Vurvolak zu drehen. Einen Horror- Thriller.«
»Was ist denn so interessant an ihm?«
»Man sieht ihn als einen Totengeist an.«
Beinahe hätte ich gelacht, bevor ich fragte: »Man soll hier auf dem Friedhof einen Geist begraben haben? Sorry, aber das kann ich nicht glauben. Wie ist es möglich, dass man Geister begräbt?«
»Er war nicht nur ein Geist.«
»Was denn noch?«
»Ein ehemaliger Mensch, der begraben wurde, aber nicht verwesen kann.«
»Warum das denn nicht?«
»Weil vor dessen Bestattung eine Katze über den Leichnam gesprungen ist. So steht es jedenfalls in der Legende. Andere wiederum sagen, dass Vurvolak ein verirrter Engel gewesen ist. Ein Erdgeist, der keine Ruhe findet.«
»Und wie macht sich das bemerkbar?«
»Indem er den alten Friedhof hier kontrolliert.«
»Und für Erdbeben sorgt«, sagte Suko trocken.
Averell hob seine Arme an. »Das weiß ich nicht. Das will ich auch nicht bestätigen, aber komisch war das Beben schon.«
So und nicht anders sahen wir es. Ich wurde wieder daran erinnert, dass ich den Schatten in der Tiefe gesehen hatte. War das vielleicht dieser Vurvolak gewesen, der als Totengeist, Erdgeist oder verirrter Engel bezeichnet wurde?
»Ich würde Ihnen ja gern helfen, aber mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen. Ich will mit den Vorgängen hier nichts zu tun haben und werde mir drei Mal überlegen, ob ich über diesen Friedhof und seine Geheimnisse einen Film drehe. So einer wie Vurvolak ist mir doch ein zu heißes Eisen.«
»Wer kann denn mehr darüber wissen?«, fragte ich.
»Die Leute in Rootpark natürlich. Aber sie reden nicht gern darüber, MUSS man auch verstehen.«
»Und begraben wird hier niemand mehr?«, fragte Suko.
»Auf keinen Fall. Das würden sich die Leute nicht trauen. Wenn ich den Namen Vurvolak erwähne, muss ich Ihnen auch zugleich sagen, dass viele Menschen den Totenacker für verflucht halten, seitdem er hier begraben wurde.«
»Und nicht verwest?«
»So erzählt es die Sage, Inspektor.« Auf Averells Gesicht legte sich ein Schatten. »Wobei ich mittlerweile gemerkt habe, dass es keine richtige Sage mehr ist. Wenn ich das hier so sehe, kommt es mir in den Sinn, die Wahrheit erlebt zu haben. Aus einer Sage wurde eine Tatsache. In der Tiefe steckt eine Kraft, und sie hat einfach aufgeräumt. Sie wollte die Schädel der Toten nicht mehr haben. Sie hat sie ins Freie geschleudert, und vielleicht ist das auch so etwas wie ein Vorspiel oder ein Hinweis auf kommende Ereignisse.« Er blickte uns abwechselnd an. »Oder meinen Sie nicht?«
»Es kommt darauf an, woran Sie denken«, sagte Suko.
»An eine Rückkehr. An seine Rückkehr. Ja, daran, dass er zurückkommen wird.« Averell musste selbst lachen und schüttelte sich. »Jetzt bin ich nicht anders als die versponnenen Dörfler. Aber die haben auch nicht das mitgemacht, was ich durchleiden musste. Da kommt man schon zu derartigen Schlussfolgerungen. Ob Sie es mir glauben oder nicht.«
»Wir glauben Ihnen alles.«
Craig Averell wusste nicht, ob er sich von uns auf den Arm genommen fühlen sollte, er sagte jedenfalls nichts mehr, ging weg und näherte sich seinem Rad. Er sprach erst wieder, als er es aufgenommen hatte. »Ich für meinen Teil habe keine Lust mehr, mich noch länger hier aufzuhalten. Ich ziehe mich zurück und fahre so schnell wie möglich nach Glasgow. Da fühle ich mich sicherer.«
»Wollen Sie in Ihr Haus?«, fragte ich.
»Zunächst.«
»Schade.«
»Wieso? Was ist schade?«
Ich schlenderte auf ihn zu. »Ich dachte, Sie würden uns etwas unterstützen.«
»Wobei denn?«
»Bei unseren Nachforschungen.«
Averell war überrascht. »Wie? Was? Sie wollen hier tatsächlich weitermachen?«
»Das hatten wir vor.«
Er wusste nicht, was er sagen sollte, und schaute nur auf seine Lenkstange. »Man soll aber mit diesen Dingen auf keinen Fall spaßen«, meinte er nach einer Weile.
»Das tun wir auch nicht. Wir werden den Fall aufklären. Oder es zumindest versuchen. Und allein stehen wir dabei auf recht verlorenem Posten.«
»Da will ich nicht mal widersprechen.« Craig
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