121 - Das Dorf der lebenden Toten
sonst arbeitete um diese Zeit, aber bei Legate war nie Ende. Er war einfach zu gutmütig. Wenn man ihn richtig zu nehmen wußte, arbeitete er selbst an Weihnachten rund um die Uhr.
Der Wagen, unter dem er lag, gehörte Bob Collins, der morgen seine Mutter in Plymouth besuchen wollte. Diese Besuche waren schon zur Tradition geworden.
Die alte Dame hätte es nicht verstanden, wenn ihr Sohn diesmal nicht gekommen wäre. Und ausgerechnet zum wichtigsten Termin des Jahres mußte Collins’ Wagen den Geist aufgeben.
Da mußte doch Peter Legate helfen. Er lag unter dem Fahrzeug, als Mitchell Brown die Garage betrat.
»Na, Pete, noch so fleißig«, sagte Brown und schloß die Werkstattür.
Legate kam auf seinem flachen Rollbrett unter dem Auto hervor. Sein Gesicht war ölverschmiert.
»Ich weiß, ich bin verrückt, aber wer kann schon aus seiner Haut? Ohne den Wagen kann Bob Collins seine Mutter nicht besuchen.«
»Er könnte ein öffentliches Verkehrsmittel benützen.«
»Nicht nach dieser schweren Hüftgelenkoperation«, sagte der Automechaniker.
Mitchell Brown lächelte. »Du bist ein wahrer Heiliger, Pete.«
Legate lachte. »Sag das mal meiner Frau. Die weiß das nämlich immer noch nicht. In einer Stunde gehe ich kurz rüber. Dann wird gegessen und gefeiert, und anschließend mache ich hier weiter. Und bei euch? Ist der Baum schon geschmückt?«
»Aber ja, und die Geschenke liegen auch schon darunter.«
»Das freut mich«, sagte der Automechaniker. »Wenn du schon mal hier bist… Weshalb bist du eigentlich gekommen?«
»Ich möchte dir und deiner Frau ein schönes Fest wünschen, Pete.«
»Finde ich nett, wirklich sehr nett. Diese Wünsche gebe ich an dich und deine Familie zurück. Ist nicht ganz einfach, die Kinder ohne Mutter großzuziehen.«
»Es hat sich inzwischen eingespielt, und Helen ist ja kein Kind mehr. Was wolltest du vorhin sagen?«
»Wenn du schon mal hier bist, kannst du mir den Schraubenschlüssel von der Werkbank holen«, sagte Peter Legate grinsend.
»Klar, Pete, mach ich.« Mitchell Brown holte den langen, schweren Schraubenschlüssel. »Meinst du den?«
»Ja. Werd’ ich dir nie vergessen«, sagte der Automechaniker.
Mitchell Brown reichte ihm den Schraubenschlüssel. Peter Legate richtete sich auf.
Da schlug Brown zu!
***
Der Treffer wäre tödlich gewesen, wenn sich Legate nicht blitzschnell zur Seite gedreht hätte. Der Schmerz ließ den Automechaniker aufschreien.
Brown schien den Verstand verloren zu haben. Hart und mitleidlos war sein Gesicht. Er schlug schon wieder zu. Und er traf auch wieder.
Legate stieß Brown zurück und sprang keuchend auf. Sein linker Arm war nicht mehr zu gebrauchen. Glühende Schmerzen durchtobten ihn. Der unerwartete Angriff hatte ihn so sehr geschockt, daß er nicht wußte, wie er sich verhalten sollte Legate war völlig durcheinander. »Mitchell, um Himmels willen, warum tust du das?« preßte er heiser hervor.
Ohne ein Wort zu sagen, stürzte sieh Brown auf den Automechaniker. Legate sprang zur Seite. Der Schraubenschlüssel hämmerte eine tiefe Delle in die Motorhaube.
Der nächste Hieb zertrümmerte die Windschutzscheibe… und dann traf Brown wieder den Mann. Schwer angeschlagen wandte sich Legate um. Er wollte aus der Werkstatt fliehen, doch das ließ Brown nicht zu.
Er folgte dem Mechaniker und war schneller als dieser. Wieder sauste der Schraubenschlüssel herab, und Legate brach zusammen.
»Mitchell, warum?« schrie er. »Warum?«
Brown hob den Schraubenschlüssel ein letztes Mal. Augenblicke später verstummte Legate. Keuchend stand Brown neben der Leiche.
Sein Blick zeigte nicht Reue, sondern Genugtuung. Eine Weile regte er sich nicht. Hatte jemand die Schreie gehört?
Wenn sich jemand der Werkstatt genähert hätte, hätte sich Mitchell Brown sofort zurückgezogen, doch er vernahm keine Schritte. Nur das leise Fauchen der Gasheizung war zu hören.
Brown begab sich zur Tür und warf einen Blick hinaus. Eine friedliche Stille herrschte im Dorf. Es begann zu dämmern. Im Haus gegenüber spielte Sal J. Owens auf seinem Harmonium Weihnachtslieder.
Brown schloß die Tür wieder. Er ging von Gasstrahler zu Gasstrahler und drehte ihn ab - um ihn dann aber gleich wieder aufzudrehen, jedoch nicht anzuzünden.
Gas strömte nun in die Werkstatt. Brown begab sich zum Schweißgerät und zündete mit seinem Feuerzeug den Brenner an. Er klemmte ihn zwischen Schraubstockbacken fest.
Damit war eigentlich alles getan. Den Rest würde das
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