1216 - Kreislauf des Bösen
davon ausgehen, und ich denke, dass wir damit richtig liegen.«
Nach dieser Erklärung herrschte wieder tiefes Schweigen. Bis zu dem Augenblick, als einer der jüngeren Templer das Wort ergriff. Es war ein Mann mit sehr kurz geschnittenen dunklen Haaren und einem Gesicht, an dessen Kinn eine rote Narbe leuchtete. »Auf was müssen wir uns ab jetzt einstellen?«
Diesmal sprach der Abbé. »Auf die Hölle«, erwiderte er mit leiser, aber bis zum Ende des Tisches hörbaren Stimme. »Es ist nicht übertrieben, wenn ich euch das so sage. Vincent van Akkeren wird alles versuchen, um uns zu vernichten. Er wird keine Rücksicht nehmen. Menschenleben bedeuten ihm nichts, denn er hat einzig und allein ein Ziel im Auge. Es ist die Macht. Die Herrschaft über die gesamten Templer. Und dies unter der Ägide des Dämons Baphomet.« Bloch breitete die Arme aus. »Das schließt uns natürlich ein, möchte ich noch betonen. Wir müssen uns auf Überfälle und Kämpfe einstellen. Auf Heimtücke und auf Hass. Niemand von uns darf mehr unvorbereitet sein. Van Akkeren ist jemand, der im Namen des Baphomet das Grauen, den Tod und auch die Angst bringt. Es muss nicht unbedingt sein, dass er dabei immer selbst in Erscheinung tritt. Er besitzt genügend Vasallen, und ich denke mir auch, dass er in der Zeit, in der er verschwunden war, nicht eben schwächer geworden ist. Es kann auch sein, dass er wieder versuchen wird, seinem normalen Beruf nachzugehen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal wiederholen und betonen, dass er als Regisseur gearbeitet hat. Er drehte Filme, die sich ein normaler Mensch nie ansehen würde, sondern nur geistig kranke Personen. Man hat den Begriff Snuff-Filme dafür geprägt. Es bedeutet, dass er Filme dreht, in denen die Menschen echt sterben. Da ist nichts gespielt, und ich weiß auch, dass es dafür leider einen sehr großen Markt gibt.« Fast verzweifelt hob der Abbé die Schultern. »Ich will damit nicht sagen, dass die Welt nur schlecht ist. Aber sie ist auch nicht nur gut, was wir ja alle hier längst wissen. Sie kann aber jetzt eben nur noch ein wenig grausamer werden, und darauf sollten wir uns einstellen.«
Die relativ lange Rede erzielte ihre Wirkung. Die versammelten Templer schwiegen sich an. Vielleicht merkten einige von ihnen erst jetzt, auf was sie sich eingelassen hatten, als sie dem Orden der Templer beigetreten waren.
»Gibt es schon einen Gegenplan?«, wurde Bloch gefragt.
»Nein, keinen direkten. Das ist auch nicht möglich. Wir wissen nicht, wo wir anfangen können. Bestimmt wird van Akkeren zuerst seine Zeichen setzen. Dann erst müssen wir reagieren.« Der Abbé lächelte. »Aber ganz ohne Hoffnung sind wir nicht, denn wir stehen im Kampf gegen van Akkeren nicht allein. Wir alle wissen, dass wir Helfer in einem anderen Land haben, die ebenfalls sehr stark sind und zudem zu van Akkerens erklärten Feinden gehören.«
»John Sinclair!«, sagte jemand. Mit seiner Bemerkung zwang er den Abbé zum Lächeln.
»Stimmt!«, meldete sich de Salier. »Doch nicht nur er. Ich würde vom Sinclair-Team sprechen.«
»Ist er bereits informiert worden?«
»Wir haben mit Suko gesprochen.« Den Templern waren beide Namen ein Begriff.
Es war deutlich zu sehen, dass sie aufatmeten. Ihr nach außen gezeigter Pessimismus verschwand. Zwar lächelten sie nicht, doch in den Augen malte sich der Ausdruck der Hoffnung ab.
Jemand öffnete die Tür zum Speiseraum, nachdem er zuvor kurz geklopft hatte. Ein Mitbruder, der in der Zentrale im Bau des Hauses Dienst tat, betrat mit schnellen Schritten den Raum.
Er war sichtlich aufgeregt, er sagte auch nichts, sondern lenkte seine Schritte automatisch auf Abbé Bloch zu.
Der Templerführer sprach ihn nicht an. Er schaute nur auf das tragbare Telefon in der Hand des Mannes. Bevor er es an sich nahm, gab der Überbringer seinen Kommentar ab. »Es ist ein Anruf aus London.«
»John Sinclair oder Suko?«
»Nein, Abbé, ein Sir James Powell.«
»Danke.« Das Wort war ganz automatisch aus dem Mund des Abbés geflossen, der mit seinen Gedanken ganz woanders war.
Auf seinem Rücken spürte er plötzlich eine verdammte Kälte, als hätte sich die Haut dort zusammengezogen. Die Hand zitterte leicht, und er spürte den Hörer als schweren Druck an seinem Ohr.
»Bloch…«
»Gut, dass ich Sie erwische, Abbé. Sie wissen, wer hier spricht?«
»Man hat es mir gesagt.«
»Gut, dann möchte ich Sie bitten, zuzuhören, denn was ich Ihnen zu sagen habe, betrifft auch Sie
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