1218 - Dämonenflucht
wie sie ihre Beine bewegte. Dabei kam mir allerdings das Märchen von den Siebenmeilenstiefeln in den Sinn, weil die Person mit jedem Schritt eine sehr große Distanz hinter sich ließ. Das schaffte kein Mensch, es sei denn, er wurde von anderen Kräften geleitet.
Mein Gesicht, aus dem auch der Anblick der wunderschönen Gegend die Anspannung nicht hatte vertreiben können, nahm einen anderen Ausdruck an. Ich lächelte weich, als ich die Gestalt erkannte, die vielleicht noch zwei lange Schritte oder Sprünge benötigte, um mich zu erreichen.
Es war Nadine Berger!
Himmel, ich hatte gehofft, sie hier zu treffen. Sie war so etwas wie ein Wunder. Ehemaliger Filmstar, dann eine Wölfin mit menschlicher Seele und nun wieder ein Mensch mit dem früheren Aussehen, der seinen endgültigen Platz in dieser Welt gefunden hatte und hier auch glücklich war.
Der letzte Sprung, dann stand sie vor mir und lächelte mich an. Der sanfte Wind spielte mit ihren roten Haaren. Das Gesicht mit der hellen Haut, die leicht grünlich schimmernden Augen, das weiche Kinn, die geröteten Wangen und dann die schlanken Hände, die mir Nadine Berger entgegenstreckte.
»John!«, sagte sie nur.
Ich ging einen kleinen Schritt auf sie zu. Weiter brauchte ich nicht zu gehen, um ihr in die Arme zu fallen. Es war wunderbar, als sie ihren weichen Körper gegen meinen drückte. Sie trug ein langes helles Kleid aus einem duftigen Stoff und wirkte sehr glücklich.
Ihre Stimme hörte ich dicht neben meinem rechten Ohr. »Ich habe dich gesehen. Ich habe dich gespürt, und es ist wunderbar, dass wir uns wieder treffen.« Das stimmte. Auch ich fühlte mich anders, und ich ließ mich einfach fallen. In diesen Momenten schaffte ich es, die Erinnerung an die Vergange nheit zu löschen, in der ich so malträtiert worden war und eine Niederlage nach der anderen hatte einstecken müssen. Irgendwie kam ich mir vor, wegzuschwimmen, der Situation ähnlich, in der ich auf dem Knochensessel gehockt hatte.
Das hier war dennoch anders. Ich wurde nicht an einen anderen Platz geschafft und konnte die Umarmung der Frau wirklich für eine Weile voll und ganz genießen.
Erst als mich Nadine mit sanfter Gewalt von sich wegdrückte, da kam mir wieder die Vergangenheit in den Sinn, und auge nblicklich verdunkelte sich mein Gemüt.
Das spürte auch Nadine Berger, denn sie sagte: »Du hast Sorgen, John. Große Sorgen.«
»Ja.«
»Bist du deshalb gekommen?«
Ich schaute in ihre klare Augen. »Nein, Nadine, nicht deshalb. Oder nicht direkt. Ich hatte es nicht vorgehabt, aber mir blieb keine andere Chance.«
»Möchtest du reden?«
»Ja, und wie. Sicherlich ist mein Erscheinen hier so etwas wie ein Fingerzeig für die nähere Zukunft, und deshalb muss ich es einfach loswerden. Ich kann dir nicht jede Einzelheit sagen und versuche, es so kurz wie möglich zu machen.«
»Bitte, ich höre.«
Sie nahm meine Hände, um mir einen Halt zu geben. Nadine reagierte so wunderbar, und ich hätte sie am liebsten wieder in den Arm genommen, aber ich konnte mich hier nicht fallen lassen, während meine Freunde womöglich um ihr Leben kämpften oder es längst durch van Akkeren verloren hatten.
Nadine Berger hörte zu. Sie saugte jedes Wort auf. In ihrem Gesicht bewegte sich nichts, doch in ihren Augen las ich ab, wie stark meine Erzählungen sie beeinflussten. In dieser Welt hatte sie ein enormes Wissen erlangt. So musste ich ihr nicht erst erklären, wer die Templer waren und auf welcher Seite sie standen. Als ich schließlich endete, nickte sie mir zu.
»Jetzt begreife ich einiges mehr.«
»Das ist gut, Nadine. Dann weißt du auch, in welcher Kle mme ich stecke.«
»Ja, das weiß ich.«
»Gibt es eine Lösung? Ich meine, ich musste den Sessel nehmen, aber ich weiß nicht, ob er mich angezogen hat, damit ich hier nach Avalon gelange. Es kann auch sein, dass er Schicksal spielte und in meinen Kreislauf eingriff.«
Diesmal war ihr Gesicht unbeweglich und ze igte einen tiefen, ernsten Ausdruck, als sie nickte. »Ja, das sehe ich auch so, John. Der Sessel hat Schicksal gespielt, indem er dich zu mir hinführte. Das ist es, auf das du vertrauen kannst.«
»Vertrauen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß, was in dir vorgeht, und ich weiß auch, dass du wieder zurück zu deinen Freunden musst.«
»Ohne Waffen!«
Sie merkte meine Erregung und wartete deshalb mit einer Antwort, bis ich mich wieder gefangen hatte. »Keine Sorge, John, du wirst nicht ohne Waffe sein.«
Ich breitete
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