122 - Der Grabräuber
an. „Hab doch Erbarmen! Ich bin ein Opfer unglücklicher Zufälle." Als Fred nichts erwiderte, senkte er die Stimme, lächelte tückisch und sagte: „Willst du Geld? Frauen? Macht? Ich kann viel für dich tun. Heute bist du nichts, aber morgen schon liegt dir die Welt zu Füßen."
„Hör auf! Ich will die Wahrheit."
„Ich verspreche, daß ich nicht lüge. Darf ich aufstehen?"
„Ja", entgegnete Fred. „Aber meine Ankündigung gilt nach wie vor. Ein dummer Trick, und, ich lasse dich in Flammen aufgehen."
Sam Conway erhob sich. Sein Lächeln war jetzt verlegen. Er stand gebückt, in untertäniger Pose da. Fred Archer wußte, daß er sich durch dieses Verhalten nicht blenden lassen durfte. Dämonen waren die größten Schauspieler.
„Nun zu dem Haus von Alexandra Constantini", sagte Fred. „Du bist Erichtho, der Schurke, der sich auf Bacchus' Magie und altgriechische Tragödien beruft."
„Ja. Ich bewundere, wie rasch du das herausgefunden hast."
„Ich bin Fred Archer."
Conway zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb. „Der Neuling. Ich habe es geahnt, daß Sandra diesmal einen Fehlgriff getan hat. Nun, im Grunde sollte ich froh sein. Ja, wirklich, Sandra hat das Mädchen dort auf dem Gewissen. Sandra hat auch Angelina Garvin umbringen lassen.
Sie
ist die oberste Bacchantin und die wahre Hexe. Sie zwingt mich, die Opfer der Feste zu beseitigen." „Sie zwingt dich." Fred lachte höhnisch. „Mich kannst du nicht täuschen, Dämon. Sandra und du, ihr seid schon ein nettes Paar. Was habt ihr mit Jeff Parker gemacht?"
„Parker? Wer kennt den schon?"
Fred zielte mit der Pistole auf seinen Kopf. „Jetzt fängst du doch zu schwindeln an. Es ist aus mit dir, Sam Conway."
Der Dämon grinste plötzlich. Hinter ihm im Haus wurde es lebendig. Schleifende, tastende Schritte näherten sich dem Raum. Sabberndes Gemurmel war zu hören. Jemand stieß einen blubbernden Seufzer aus, grunzte tief. Andere Geräusche, die Fred nicht näher einzuordnen wußte, mischten sich darunter.
Zwei, drei Schauergestalten standen plötzlich in der Tür. Einen kannte Fred. Es war der feiste Untote aus Angelina Garvins Apartment.
Seine Begleiter sahen nicht weniger scheußlich aus. Verwesungsgestank hing plötzlich in dem Zimmer. Die Untoten richteten ihre glasigen Augen auf Fred und Conway.
Conway lächelte verschlagen. „Sie kommen, um ihre Arbeit zu tun. Warum siehst du ihnen nicht zu, Schnüffler?"
Der aufgedunsene Untote blieb unter dem Türpfosten stehen und glotzte Fred Archer an. Die anderen drängten sich an ihm vorbei und schritten auf den Sarg zu. Es waren drei. Fred sah, daß weitere Monster aus dem dunklen Flur herangeschlurft kamen und sich hinter den Feisten stellten.
Die Untoten am Sarg hantierten nun mit verschiedenen Utensilien herum - mit einer Schüssel, mit einem Wasserkrug, mit Schalen und einer Art Besteck. Tuschelnd beugten sie sich über das tote Mädchen. Fred sah, wie sie sich an ihr zu schaffen machten. Der Anblick stülpte ihm fast den Magen um.
„Sie waschen und schminken sie", erklärte Sam Conway. „Schließlich sind wir ein seriöses Institut." Fred machte einen Schritt auf ihn zu, die Pistole immer noch im Anschlag. „Genug. Die Szene wird ausgeblendet, du Schmierenkomödiant."
Conway stieß eine Art Heulen aus und ließ sich fallen. Sofort senkte Fred Archer seine Waffe, doch er kam nicht mehr zum Schuß, weil die Untoten an der Tür sich aus ihrer Erstarrung gelöst hatten und nun erstaunlich geschwind auf ihn zugelaufen kamen. Er drehte sich ihnen zu. In diesem Moment war Conway neben ihm und riß mit beiden Händen an seinen Fußknöcheln. Fred ging zu Boden. Die Pyrophorpistole fiel aus seiner Hand. Conway und die Ungeheuer lachten wild und triumphierend.
„Packt ihn!" schrie der dämonische Beerdigungsunternehmer. „Schmeißt ihn in den See, den dreckigen Hund!"
Fred wollte die gnostische Gemme zücken. Sie war seine letzte Rettung. Aber die Scheusale schlugen ihn und traten auf seine Hände. Fred stöhnte auf. Ein rotes Meer von Haß wogte plötzlich in seinem Hirn. Er rammte einem Untoten den Ellbogen in das faulige Fleisch, rappelte sich auf und trat einem anderen auf den Fuß, daß dieser auf brüllte. Mit ein paar Sätzen wollte er sich ins Freie bringen, aber einer der Widersacher klammerte sich an ihm fest. Wie ein Mehlsack hing er an ihm. Fred verlor das Gleichgewicht und fiel wieder hin. Er bäumte sich auf. Jemand schlug ihm mit voller Wucht in den Magen. Es war
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