1220 - Gefangen im Hexenloch
rieb ihre Hände. »Das werde ich gern tun, denn du gehörst zu ihnen. Wie heißt du eigentlich?«
»Harry Stahl.«
»Also gut, Harry, komm mit…«
Er nickte, aber er hatte das ungute Gefühl, zu seiner eigenen Todesstätte geführt zu werden…
***
Beide hatten die Hütte auf dem gleichen Weg verlassen, durch den Harry sie betreten hatte. Aber sie gingen nicht zurück bis zum Ausgangspunkt, sondern wandten sich nach rechts, um die Hütte zu umschreiten.
Harry hatte sie bisher nur an der Vorderseite gesehen. Elvira aber führte ihn zur Rückseite, und er war gespannt, was er dort vorfinden würde. Er fragte sich, wo die Familie Helm festgehalten wurde, obwohl Sascha ja frei gelassen worden war.
Elvira ging vor Harry her. Er hatte schon mit dem Gedanken gespielt, seine Waffe zu ziehen und auf ihren schmalen Rücken zu zielen, aber damit hielt er sich zurück. Noch war die Gefahr nicht akut vorhanden. Auf das letzte Mittel konnte er noch immer zurückgreifen, wenn es denn sein musste.
An der Rückseite der Hütte war das Gelände gerodet worden.
Es gab sicherlich Menschen, die dort einen Garten angelegt hätten. Elvira zählte zu diesem Personenkreis leider nicht. Sie dachte in ihrem Sinne und auch praktischer, denn sie hatte etwas anderes dort errichtet.
Es war ein großer Stall. Ein Käfig, der aus Gittern bestand.
Man hatte sie aus Holz gefertigt und so diesen gewaltigen Würfel gebaut. Er stand nicht so zum Spaß herum. Die Lücken zwischen den Stäben waren groß genug, um einen Blick in den Käfig werfen zu können.
Harry sah zunächst nicht viel. Er stellte allerdings fest, dass der Käfig besetzt war.
Elvira ging schneller. Sie blieb vor dem Gitter stehen und umfasste die Stäbe mit beiden Händen. »Wolltest du nicht deine Freunde sehen, Harry?«
Der Agent schwieg. Plötzlich glaubte er, einen Kloß im Magen zu haben, und der hohe Himmel über ihm war wie eine Decke, die sich auf seinen Kopf gesenkt hatte. Er litt unter dem Druck und bekam beim Gehen kaum die Füße vom Boden hoch.
Neben Elvira blieb er stehen. Er hörte wieder ihr Kichern und dann ihre Stimme. »Schau genau hin…«
»Das tue ich schon.«
»Sehr gut. Was siehst du?«
»Nicht viel«, flüsterte Harry.
»Gut. Dann hör zu und konzentriere dich genau.« Elvira drückte ihren Kopf so weit nach vorn, dass sie die Gitterstäbe mit dem Gesicht berührte. Einen Augenblick später begann sie zu schnalzen. Sie hielt den Mund dabei offen und bewegte heftig ihre Zunge, um die entsprechenden Laute zu erzeugen.
Harry schüttelte den Kopf. Er hasste diese Geräusche. Sie hörten sich widerlich an, aber er wusste auch, dass Elvira diese Laute nicht sinnlos produzierte.
Innerhalb des Käfigs entstand Bewegung. Und zwar an der linken Seite, wo die Schatten der Dunkelheit besonders dicht waren.
Stahl hielt den Atem an. Wieder kroch die verdammte Kälte über seinen Rücken. Er wusste auf der Stelle, dass diese Bewegungen nichts mit Menschen zu tun hatten.
Drei mächtige Klumpen näherten sich der Stelle, an der sie standen. Harry konnte noch immer nichts Genaues erkennen.
Er hatte allerdings den Eindruck, dass sich zwei gewaltige Igel in ihre Richtung schoben. Mächtige Klötze. Mutierte Wesen, die es eigentlich so nicht gab. Aber er irrte sich.
Es waren keine Igel.
Zwar gehörten sie zur Tierwelt, doch man konnte sie nicht als Mutationen bezeichnen. Eher als zwei Wesen, die sehr stark gewachsen waren und ihre Artgenossen deshalb bei weitem übertrumpften.
»Was sind das für…«
Harry sprach die Frage nicht mehr aus, denn die beiden Tiere gaben ihm selbst die Antwort. Vor dem Holzgitter richteten sie sich auf, und dann hörte er das Grunzen. Es waren so schreckliche Laute, dass es ihm fast den Magen umdrehte. Sie waren einfach widerlich. Auf Harrys Rücken entstand eine Gänsehaut. Es waren die natürlichen Laute eines Tieres, aber Harry hasste sie in diesem Moment wie sonst nichts auf der Welt. Für ihn waren sie eine schreckliche Musik. Grunzen und Schmatzen zugleich. Beides zeugte von Gier. Sie würden alles fressen.
Pflanzen, Knollen, Wurzeln, aber auch Fleisch…
Elvira lobte die drei mächtigen Wildschweine. Sie befand sich noch vor dem Gitter, aber sie hatte beide Hände durch die Lücken gestreckt und fing damit an, die Tiere zu kraulen.
Sie ließ sich ihr Gesicht lecken. Die Hauer der Schweine kümmerten sie nicht. Die Tiere dachten auch nicht daran, sie zu verletzen. Sie genossen die Liebkosungen, und Harry stand
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