1220 - Gefangen im Hexenloch
Überlebenstraining, sie nicht loszulassen.
War sie eine Chance?
Noch hatten ihm die Schweine nichts getan. So versuchte er, den rechten Arm behutsam anzuwinkeln, um ihn dann wieder an seinen Körper zu ziehen. Damit erreicht er zumindest eine bessere Schussposition.
»Nein, Harry, nein…«
Diese Stimme! Diese verdammte Stimme. Sie war einfach nur widerlich, und sie troff vor Hohn.
Elvira war natürlich nicht verschwunden. Sie hatte genau gemerkt, was er wollte. Und sie brauchte sich nur zu bücken, um ihre Hand auf seine zu legen.
»Schon gut!«, keuchte Harry.
»Du solltest aufgeben!«
»Schon gut, habe ich gesagt.«
»Danke.«
Elvira entriss ihm die Pistole, erhob sich und trat zwei Schritte zurück. Harry befürchtete, dass sie es sich überlegen könnte und einfach auf ihn schoss, um ihren Wildscheinen eine Leiche zu überlassen, aber das tat sie nicht. Sie blieb in der Nähe stehen, flüsterte mit sich selbst und schnalzte wieder mit der Zunge. Es war der Befehl für die Schweine. Alle drei bewegten sich, und Harry atmete zunächst mal auf, als er den Druck in seinem Rücken endlich los wurde. Der mächtige Körper hatte sich zur Seite gerollt, und Harry wollte die Gelegenheit nutzen, um auf die Füße zu kommen, aber die drei Schweine ließen es nicht zu. Sie waren bei ihm wie Leibwächter. Sie hielten die Schnauzen offen, dann schnappten sie nach ihm, und plötzlich hatten sich die Zähne in seiner Kleidung verbissen.
Harry wusste nicht, was mit ihm geschah. Das alles war so irrsinnig. Er hing fest. Sie zerrten an ihm, aber sie verletzten ihn nicht. Er spürte keine Bisse in der Haut. Die Zähne drangen nicht durch und schlugen auch nicht in sein Fleisch, sodass keine Wunden und Schmerzen entstanden.
»Rühr dich nicht!«, flüsterte ihm Elvira zu. »Versuche nur nicht, dich zu wehren. Wenn du das versuchst, werden sie dich fressen, und das bei lebendigem Leib.«
Harry wusste, wann er verloren hatte und auch die allerletzte Chance dahin war. In diesem Fall traf das bei ihm zu. Die verdammten Schweine waren einfach zu stark. Sie bissen noch härter zu, und als er den Pfiff hörte, da reagierten die drei Schweine prompt. Sie wussten genau, was sie zu tun hatten.
Wie ein Stück Aas schleiften sie Harry Stahl über den Boden.
Wohin? Er wusste es nicht.
Mit welch einem Satz hatte der ältere Mann ihn noch gewarnt vor seiner Fahrt ins Hexenloch?
»Dieser Weg führt in die Hölle!«
Er schien Recht zu behalten…
***
»Eigentlich haben wir ja schon geschlossen«, sagte die Frau zu mir und zupfte an ihrer Schürze, auf dessen Stoff bunte Schwarzwaldhütte gedruckt waren.
Ich stand am Fuß der Treppe und hob die Schultern. »Es ist noch nicht Abend und…«
»Hören Sie, mein Herr. Dies hier ist eine verdammt einsame Gegend. Wir sind auch kein Gasthof, auch wenn ein Schild draußen hängt. Hin und wieder können sich die Touristen hier in unserem kleinen Garten ausruhen, da schenken wir dann aus, aber Sie sehen ja selbst, es ist keiner mehr da.«
»Nur ich«, sagte ich und setzte dabei mein bestes Lächeln auf.
Die Frau mit der originellen Schürze und dem gutmütigen Gesicht einer Amme stand zwei Stufen über mir. So konnte sie auf mich herabschauen. Wahrscheinlich rührte ich sie an.
Zudem hatte ich ihr erzählt, dass ich eine weite Fahrt hinter mir hatte und nun eine Pause machen wollte.
Es war der Weg ins Hexenloch, den man von zwei Seiten erreichen konnte. Ich war über Furtwangen gefahren und dann von der Bundesstraße abgebogen in eine Welt hinein, die durchaus als Filmkulisse für einen Urweltstreifen hätte dienen können.
Schließlich nickte sie mir zu. »Nun ja, kommen Sie. Ich kann Sie nicht leiden sehen. Etwas werden wir schon finden.«
»Danke, Frau…«
»Ich heiße Erika Scheufele.«
»John Sinclair.«
»Das hört sich nicht nach Deutschland an.«
»Ich bin Engländer.«
Sie lachte. »Ja, wir hier im Schwarzwald sind eben international. Sogar aus Asien und Australien kommen die Leute, um unsere schöne Landschaft und die Uhren zu bewundern.«
Da konnte ich ihr nur Recht geben. Aber das war nicht der Grund für mein Erscheinen.
Ich war gewissermaßen halb dienstlich und halb privat hier.
Es ging darum, dass ein Freund von mir verschwunden war.
Harry Stahl. Er hatte sich seit zwei Tagen nicht mehr gemeldet, und das hatte seiner Partnerin, Dagmar Hansen, mehr als große Sorgen bereitet. Sie hatte mich alarmiert und mir auch von einem geheimnisvollen Hexenloch
Weitere Kostenlose Bücher