1222 - Die Jenseits-Sekte
einem Irrtum, denn plötzlich erschienen die roten Heckleuchten links vor uns. Er besaß noch einen Vorsprung, aber der schmolz schnell zusammen, als ich mehr Gas gab.
»Sieht mit dem anderen Verkehr eigentlich ganz gut aus«, meldete Suko.
»Okay.«
»Du kannst näher ran.«
Er gab seine Anweisungen mit ruhiger Stimme und hatte sich auf dem Sitz etwas gereckt, um möglichst durch die Heckscheibe des Jaguars in das Innere schauen zu können. Vielleicht sahen wir schon jetzt mehr von seinem Fahrer.
Ich ließ mir Zeit. Ich wollte auch kein Aufsehen erregen, und wir starteten hier kein großes Rennen. Wenn der Fahrer in den Spiegel blickte, sollte er meinen, ein völlig normales Fahrzeug zu sehen.
Unsere Fahrt bewegte sich in Richtung Westen auf den Ort Reigate zu. In dieser Nacht war alles normal. Die Dunkelheit, die Wolken, der blasse, nicht volle Mond, auch die Schwüle, die zu dieser Jahreszeit passte.
Wir schoben uns an das lang gestreckte Heck des älteren Modells heran. Suko, der auf der linken Seite saß, hatte einen besseren Blickwinkel. Er wurde zudem nicht durch das Fahren abgelenkt. Er blieb gelassen wie jemand, der irgendwo sitzt und einen ganz normalen Job erledigt.
»Da ist tatsächlich was. Ein grünlicher Schimmer. Kaum zu glauben.«
»Aber kein Mensch - oder?«
»Weiß ich nicht.«
»Pass jetzt auf, Suko. Ich werde Gas geben.«
»Mach das.«
Ich holte auf, und es dauerte nicht lange, da befanden wir uns mit dem Jaguar auf einer Höhe.
Ich hörte Sukos leises Lachen. Das Geräusch kannte ich.
Wenn er sich so meldete, roch alles nach einem Erfolg. Er hatte es besser, weil er direkt in den anderen Wagen schauen konnte.
Mein Winkel war etwas schlechter, außerdem musste ich noch fahren.
Den Blick riskierte ich trotzdem.
Hinter dem Steuer des Jaguars saß tatsächlich ein Geist! In diesem Fall traf der Begriff Geisterfahrer voll und ganz zu.
Was da den Jaguar lenkte, war ein durchscheinendes, grünlich schimmerndes Gebilde mit menschlichen Formen, aber es war kein normaler Mensch, den wir zu sehen bekamen.
Ein Kopf, Arme, ein Körper, wobei die Arme noch angewinkelt waren und die Hände tatsächlich wie bei einem normalen Menschen das Lenkrad umfasst hielten.
Von gesichtstypischen Merkmalen war nichts zu sehen. Es gab kein direktes Profil des Fahrers, aber wir erkannten, dass es sich bei ihm um einen männlichen Geist oder eine männliche Erscheinung handelte.
»Alles klar?«, fragte Suko wie zum Scherz.
»Alles und nichts.«
»Aber die Kollegen hatten Recht.«
»Leider.«
Wir blieben auf gleicher Höhe. Der »Fahrer« im Jaguar musste es merken, doch er tat nichts. Es kümmerte ihn nicht, dass wir parallel zu ihm fuhren, er fuhr weiter und schaute dabei unbeirrt nach vorn, als gäbe es für ihn nur die Straße, um auf ihr so schnell wie möglich zu seinem Ziel zu gelangen. Sei es nun die Hölle oder irgendeine andere geisterhafte Welt.
»Der sieht nichts anderes«, sagte Suko, »und das wird wohl bei ihm so bleiben.«
»Was sollen wir tun?« Ich hatte die Frage mehr an mich selbst gestellt und gab mir auch die Antwort. »Bestimmt nicht mit ihm bis zu seinem Ziel fahren.«
»Du willst ihn stoppen?«
Ich nickte.
»Alles klar, dann stellen wir uns mal die Lampe aufs Dach.«
Es war das Blaulicht mit dem Magneten, der die Kugel auch bei höherer Geschwindigkeit festhielt.
Wir brauchten uns nicht abzusprechen, wie es in den folgenden Sekunden weiterging. Ich beschleunigte den Rover, und so huschten wir an dem Jaguar vorbei.
Suko hatte bereits das Fenster nach unten fahren lassen, nach der Kugel gegriffen und stellte sie nun auf das Dach. Ich zog den Wagen auf die linke Seite, setzte ihn vor den Jaguar und hielt nach einer Stelle Ausschau, wo wir anhalten konnten und den Verkehr nicht störten. Es lief alles wunderbar. Der Geisterfahrer blieb folgsam hinter uns, als hätte ihn das drehe nde Licht fasziniert. Er reagierte wie jemand, der nichts zu verbergen hat.
Eine Standspur gab es leider nicht. So mussten wir weiter bis zu einem Rastplatz fahren. An einer derartigen Stelle hatten wir ja auch auf den Geisterfahrer gelauert.
»Er ist sehr gehorsam«, sagte Suko lachend. »Der tut nichts, was uns missfallen könnte.«
»Was sagst du dazu?«
»Der Typ muss sich seiner Sache sicher sein.«
»Als Geist, wie?«
»Klar.«
Ich sah den Jaguar im Innenspiegel. Es war wirklich ein Phänomen. Er fuhr brav hinter uns und folgte dem gespenstischen Schein des sich drehenden Lichts.
Man
Weitere Kostenlose Bücher