1223 - Voodoo-Falle Ostsee
verwischen, denn auf dem Boden malten sich noch seine blutigen Fußabdrücke ab. Jane sah sehr genau, wohin der Mann gegangen war.
Dass es ein Mann war, stand für sie fest. So große Füße hatte kaum eine Frau.
Alles hing mit Bella Luna zusammen. Man war der Frau auf der Spur. Man wollte etwas von ihr. Sie war in den Mittelpunkt gestellt worden. Um sie herum drehte sich alles.
Jane war jetzt klar, dass die andere Seite nicht locker lassen würde, wer immer sich auch dahinter verbarg. Man war und blieb ihr auf der Spur, obwohl sie England verlassen hatte.
Auch der kleine Ort Timmendorfer Strand bot keinen Schutz, und sie waren nicht nur als Menschen unterwegs, sondern hatten ihren Killer mitgebracht, dieses zombiehafte Wesen, das aus dem Wasser gestiegen war.
Jane wollte sich umdrehen und mit Bella sprechen. Vor allen Dingen konnte die Künstlerin nicht mehr zurück in ihre Ferienwohnung. Es wäre furchtbar gewesen, hier noch wohnen zu müssen. Am besten war es, jetzt zu packen und in die Wohnung nach nebenan zu ziehen.
Da hörte Jane den erstickten Schrei. Ohne sich gedreht zu haben, wusste sie, wer ihn ausgestoßen hatte, und schon hörte sie die Frage: »Mein Gott, was ist das?«
Bella Luna stand in der Tür. Kreidebleich war sie bestimmt nicht geworden, das wäre bei ihrer Hautfarbe auch nicht möglich gewesen, aber sie stand vor der Schwelle wie jemand, den voll der Schock getroffen hatte.
»Geh wieder zurück«, sagte Jane und stellte sich so hin, dass Bella den toten Hahn nicht sah.
»Nein, ich will nicht.«
»Bitte, ich erkläre dir alles.«
»Du?«
»Ja, ich versuche es.«
Bella drehte den Kopf und schaute dabei in verschiedene Richtungen, wie jemand, der Hilfe sucht. Als Jane sie erreicht hatte, drückte sie Bella durch die Tür in den Flur hinein und drehte sie dort nach links, damit sie ins Wohnzimmer ging.
Dann schloss sie die Tür zum Schlafzimmer und folgte Bella, deren Schritte nicht mehr normal, sondern staksig und steif aussahen.
Die Balkontür war geschlossen. Licht schimmerte durch die Gardinen und hinterließ einen hellen Fleck. Jane drückte Bella in einen Sessel und suchte nach etwas Trinkbarem, das sie wieder auf die Beine brachte.
Es gab eine Flasche mit weißem Rum. Am gestrigen Abend hatte Bella ihn mit Cola gemischt. Jane fand die Flasche in der kleinen Küche, in der alles sauber war, und goss einen gehörigen Schuss in das hohe Wasserglas. Sie schaute dabei aus dem Fenster. Auch weil sie damit rechnete, dass sie beide noch beobachtet wurden, aber davon war nichts zu sehen. Es war ihr auch klar, dass es mit dem Spaß vorbei war. Die andere Seite kam zur Sache. In dieser Situation war Jane heilfroh, John Sinclair angerufen zu haben und drückte sich die Daumen, dass er es auch schaffte, noch vor Anbruch der Dunkelheit in Timmendorfer Strand zu sein, bevor die Lage noch mehr eskalierte.
Im Wohnzimmer drückte Jane Bella das Glas in die Hände.
»Nimm einen kleinen Schluck, der pumpt dich wieder auf.«
Bella trank. Sie verzog das Gesicht, trank noch mal, keuchte und stellte das Glas zur Seite.
Dann drehte sie den Kopf, damit sie die auf einer Sessellehne sitzende Jane Collins anschauen konnte, deren Blick auf sie gerichtet war.
»Es geht um dich. Einzig und allein um dich, Bella. Man will dich haben, das steht fest. Du bist für die andere Seite interessant, damit musst du dich abfinden.«
»Die andere Seite«, flüsterte Bella. »Aber wer ist die andere Seite?«
»Ich habe keine Ahnung.« Jane korrigierte sich. »Oder fast keine Ahnung. Fest steht, dass wir es mit der Magie des Voodoo zu tun haben. Du hast alles im Schlafzimmer gesehen?«
»Da war Blut auf dem Bett. Viel Blut.«
»Stimmt. Und noch etwas mehr. Das Blut ist nicht einfach über das Bett gekippt worden. Man hat ein Tier geopfert. Einen Hahn. Man hat ihm den Kopf abgeschlagen und über dem Bett ausbluten lassen. Das genau ist passiert.«
Bella blieb vor Staunen der Mund offen. »Woher weißt du das alles?«
»Ich kenne mich etwas aus.«
Die dunkelhäutige Schönheit hob ihre Schultern an wie jemand, der friert, weil er plötzlich mit Eis in Berührung gekommen ist. Sie schaute nicht Jane Collins an, sondern blickte ins Leere. Nach einer Weile schüttelte sie den Kopf.
»Ich weiß genau, dass ich damit nichts zu tun habe. Nicht mit Voodoo. Klar, der Begriff ist mir nicht unbekannt. Viele, die ich kenne, glauben daran. Für sie ist Voodoo wie eine Religion, aber ich bin damit nie in Kontakt gekommen.
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