1225 - Die Reliquie
aussieht. In diesem See muss sich ein Teilstück einer anderen Zeit befinden.«
»Bravo.«
»Hör auf, John. Eine Zeit, in der es auch Knochen und Gebeine zu finden gibt, sonst hätte Eric Tallier sie ja nicht mitnehmen können. Draußen habe ich zumindest diese Reste nicht gesehen.«
»Sie könnten auch unter dem Schlamm begraben sein«, gab ich zu bedenken.
»Glaubst du das?«
»Nicht so recht.«
»Eben, Alter.«
Unser Gespräch versickerte, und wir schauten uns in der Kirche um. Sie unterschied sich vom Bau her nicht von anderen, abgesehen davon, dass sie ziemlich klein war. Es gab trotzdem noch einen gewaltigen Unterschied. In dieser kleinen Kirche befanden sich keine Bänke. Sie war einfach nur leer. Es existierte überhaupt kein Sitzplatz, denn es waren auch keine Stühle aufgestellt worden.
Leer, verlassen und trotzdem nicht so wie wir es sahen. Nein, das konnte nicht stimmen. Hier war etwas. Es lauerte, es hielt sich nur noch versteckt. Mein Kreuz jedenfalls »meldete« sich nicht. Es gab nicht die geringste Wärme ab.
Ich löste die Pressluftflasche von meinem Rücken, denn hier brauchte ich sie nicht und empfand sie als Ballast. Ich legte sie zu Boden, und mir kam plötzlich der Gedanke, dass die Mauern der Kirche dem Druck der Wassermassen nicht mehr standhalten könnten, sodass alles über uns zusammenbrechen würde.
Darauf wies allerdings nichts hin, und so konnten wir uns daranmachen, die Kirche zu durchsuchen. Ich glaubte fest daran, dass wir Spuren finden würden, denn die hatte auch Tallier gefunden. Er war geschickt worden, um etwas zu holen.
Er war unter die Kontrolle des Baphomet geraten. Er hatte sich ihm hingegeben, und so gingen wir davon aus, dass er zu den Templern gehörte, die den falschen Weg eingeschlagen hatten.
UNSERER REUIGEN SÜNDERIN!
So hieß die Kirche. Der Name spukte mir im Kopf herum. Ich konnte ihn einfach nicht vergessen, denn ich wusste genau, dass sich dahinter praktisch die Lösung befand. Oder ein Großteil davon. Der Name war allgemein gewählt worden, was ich nicht so stehen lassen wollte. Deshalb war für mich klar, dass dahinter ein Name stand, den wir erst noch herausfinden mussten. Wenn wir ihn hatten, waren wir der Lösung des Rätsels einen großen Schritt näher.
Aber welcher Name konnte das sein?
Ich hatte es vor unserem Tauchgang nicht herausgefunden und bekam jetzt auch keine Lösung.
Dass wir beide tropfnass waren, interessierte uns in diesen Augenblicken nicht. Die Innenwände strahlten eine bestimmte Kälte ab, auch von unten her drang die Kälte in die Höhe. Nach der Hitze der letzten Tage froren wir hier unten besonders.
Hin und wieder schaute ich auf die kleinen Fenster. Sie waren länger als breit und viereckig. Es hätte mich nicht gewundert, wenn ich hinter dem einen oder anderen plötzlich einen Fisch gesehen hätte, der verwundert in die Kirche glotzte.
Es war auch nicht zu sehen, ob im Raum mal Bänke gestanden hatten oder nicht. Auf dem Boden jedenfalls waren davon keine Spuren hinterlassen worden. Auf den Steinen klebte nur ein feuchter Schmier.
Und noch etwas war interessant. Es hätte stockdunkel sein müssen, doch das war es nicht. Es war nicht hell, aber innerhalb dieser kleinen Kirche hielt sich ein ungewöhnlicher Schein, den selbst und dessen Herkunft ich mir nicht erklären konnte. Durch die Fenster jedenfalls drang er nicht, er musste seinen Ursprung an anderer Stelle haben. Er drang auch nicht aus den Wänden, der Decke oder dem Fußboden.
Ich fühlte mich nicht allein. Das lag nicht daran, dass Suko neben mir ging. Nein, der Gedanke, von irgendwoher unter Kontrolle gehalten zu werden, stieg immer stärker in mir auf.
Eigentlich hätten wir am anderen Ende der Kirche einen Altar sehen müssen, aber das war auch nicht der Fall. Wenn je einer hier gestanden hatte, dann hatte man ihn zerstört oder abgebaut.
Auch war die kleine Kirche nicht in Kreuzform gebaut worden. Aber auch nicht als Fünfeck wie eine Templerkirche. Sie besaß einfach nur eine längliche Form. Es gab keine ausgestellten Seitenflügel, was mich ins Grübeln brachte.
War die Kirche möglicherweise nicht dem Allmächtigen geweiht, sondern einer anderen Person?
Gut, sie hieß zur reuigen Sünderin, aber darüber stand immer Gott. Das war bei jeder Kirche so. Hier hatte ich den Eindruck, dass sie von dieser Allmacht verlassen und sich selbst überlassen worden war. Der Eindruck verstärkte sich mit jedem Schritt, den wir vorgingen.
Okay, es war
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