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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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gluck, gluck – in dem Fluss Saleph ertrank. Der Arme… «
    Ihre Schüler lachten.
    »Befehligt wurden die Kreuzzuge zwar von die weltliche Herrscher«, fuhr Professor van der Saale fort, »aber die wahre Treiberin war die Kirche, allen voran Gottes Vertreter auf Erden, sein Heiligheid der Papst. Nicht ohne Grund strafte der Gregor den großen Friedrich mit Exkommunion, als dieser zögerte, in die Krieg gegen die Ungläubigen zu ziehen. Ein Kaiser wagte es, einem Papst die Stirn zu bieten – welch eine ungeheuerliche Frevel! Erst als Friedrich zwölfhondertfünfundzwanzig endlich aufbrach und Jerusalem für die Christenheit zurückerobern tat, hob der Papst sein Bann auf und erlaubte das gelouterte Widersacher, wieder an die heiligen Messen teilzuhaben.«
     
     
    So ging es weiter. Farbenprächtig, fesselnd und prall an Details. Der Nachmittag verging wie im Flug. Erst als es draußen zu dämmern begann und ein Schüler das Licht anschaltete, bemerkte Professor van der Saale, dass sie bereits eine halbe Stunde überzogen hatte.
    »Da hat mich der Strom der Geschichte mal wieder fortgespült«, sagte sie grinsend und schwang sich vom Pult. »Tsjüs, meine Lieben, wir sehen uns übermorgen wieder?«

7
     
     
     
    Sie kamen zu viert. Vier grobschlächtige, stinkende Schergen versengten ihm mit ihren rußenden Fackeln die Haare, brüllten ihn an, zerrten ihn hoch, lösten die Kette vom Ring und schleiften ihn mit sich fort. Das jähe Licht stach in seine Augen, als sie das Gewölbe verließen. Die Klauen seiner Peiniger pressten ihm das Blut aus den Armen. Als sie ihn die Treppe hochschleppten, schlugen seine Knie so heftig gegen die felsigen Stufen, dass er sich damit abfand, seine Beine nie wieder bewegen zu können.
    Aber das musste er wohl auch nicht mehr.
    Es war taghell, als sie ihn hinauszerrten. Die Sonne brannte durch seine geschlossenen Lider. Sie warfen ihn aufs Pferd und brachten ihn fort in die nächste Stadt. Jetzt kreischten aufgebrachte Menschen um ihn herum, die mit ihren Beschimpfungen ihn meinten – so viel wenigstens bekam er mit.
    In der Mitte des Platzes ließen ihn die Kerkermeister los, sodass er in den staubigen Dreck glitt.
    Plötzlich wurde es still.
    Er spürte einen Schatten und im selben Moment schob sich ein Schuh unter seine Schulter und drehte ihn grob auf den Rücken.
    »Öffne die Augen!«, befahl eine kalte Stimme, die er gleich erkannte und die er verstand, obwohl die Worte eigentümlich klangen und jener Sprache, die er vor seiner Abreise gelernt hatte, nur entfernt ähnelten.
    Als er der Aufforderung nicht gleich nachkam, traf ihn der Fuß mit voller Wucht in der Seite. Er stöhnte und blinzelte in die Sonne.
    Rundherum standen Menschen, die ihn mit teils hassverzerrten, teils ängstlichen, teils ausdruckslosen Gesichtern anstarrten. Seine Wächter warteten wenige Meter hinter ihm, bereit, sollte er einen Fluchtversuch wagen, ihn mit ihren Knüppeln endgültig zum Krüppel zu schlagen.
    Über ihm lauerte der Hagere. Mit grauen Augen blickte er auf ihn herab, als überlegte er, ob er den Wurm zu seinen Füßen sogleich zerdrücken oder doch noch eine Weile am Leben lassen sollte.
    »Dieser Ketzer«, begann sein Scharfrichter und hob die Stimme, sodass ihn auch die Gaffer in den hintersten Reihen hören konnten, »hat Gott gelästert. Er ist ein dunkler Zauberer, aus dessen Händen Feuer wächst und der sich unter seiner durchsichtigen Haut in eine rabenschwarze Kröte verwandelt!«
    Ein Raunen ging durch die Menge. Einige wichen ängstlich zurück.
    »Seine Tarnung mag die Gottlosen täuschen, uns täuscht sie nicht. Wir werden dich dem göttlichen Feuer preisgeben, das deine Seele reinigen wird, bevor der Allmächtige sie empfängt.«
    Der Mob begann zu kreischen und rückte bedrohlich näher. Jetzt war nur noch Hass in den Gesichtern. Tödlicher Hass.
    Panisch blickte er sich nach allen Seiten um. Aber niemand trat hervor, um für ihn zu sprechen, nicht einer schenkte ihm einen mitleidigen Blick. Es gab keinen Ausweg. Sie würden ihn töten. Das war in den grauen Augen des Hageren zu lesen. Und im entrückten Blick des namenlosen Mönchs, der plötzlich an seiner Seite stand.
    Sie mussten ihn töten, schon um den Mob zu besänftigen. Er sollte geopfert werden. Nur warum, blieb ihm verborgen.

8
     
     
     
    Nelson, Luk und Judith schlenderten gemeinsam zum Speisesaal, in dem bereits Hochbetrieb herrschte. Sie suchten sich einen freien Platz und steckten die Köpfe

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