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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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»Einfach irre.«
    »Das ist eine Burg«, erwiderte Judith und tippte ihm gegen die Stirn. »Eine Burg, nicht mehr. Wir sind aber aus einem anderen Grund hier, erinnerst du dich? Es wäre immerhin möglich, dass unser Freund Levent in diesem Moment, da ihr wie weggetreten auf ein paar Steine starrt, in Gefahr schwebt, verletzt oder gefangen in irgendeinem Kerker dahinvegetiert und womöglich gerade draufgeht, wenn wir ihm nicht ganz schnell beistehen. Was unseren ganzen Trip in die Mitte der Zeit ad absurdum führen würde – auch wenn wir Professor van der Saale dann natürlich erzählen können, wie wundervoll Burg Rosenstoltz im Jahr zwölfhundertsiebenundzwanzig ausgesehen hat, aber leider, leider gab es damals keine Ansichtskarten, die wir ihr hätten mitbringen können.«
    Luk sah sie wütend an.
    Nelson gab Judith widerwillig Recht. »Okay«, sagte er und zwinkerte Luk zu. »Aus der Nähe sieht sie bestimmt noch grandioser aus. Aber das sparen wir uns für später auf. Jetzt sollten wir wirklich zusehen, vor Einbruch der Dunkelheit im nächsten Dorf zu sein.«

13
     
     
     
    Sie warfen sich ihre Beutel über die Schultern und machten sich auf den Weg flussabwärts. Dabei suchten sie den Schutz der Uferböschung um unliebsame Begegnungen zu vermeiden. Da es keinen befestigten Weg gab, mussten sie sich zum Teil durch dichtes Gebüsch kämpfen. Schon nach kurzer Zeit lief ihnen der Schweiß in Bächen übers Gesicht.
    Sie waren noch nicht weit gekommen, als sie plötzlich von jenseits des Flusses ein dumpfes Grollen vernahmen, das schnell anschwoll. Alarmiert hielten sie inne.
    »Was ist das?«, flüsterte Luk.
    Sie spähten durchs Gebüsch und erblickten sechs Ritter auf mächtigen Schlachtrössern, die in einer Wolke aus Staub heransprengten. Nicht weit vom Ufer entfernt kauerte ein Mann mit zusammengebundenen langen Haaren und zerlumpter Kleidung und blickte den Reitern mit weit aufgerissenen Augen entgegen. Einen Augenblick sah es so aus, als würden sie geradewegs über ihn hinweggaloppieren. Erst unmittelbar vor ihm parierten sie ihre Pferde. Einer der Männer sprach ihn mit herrischer Stimme an. Der Zerlumpte, anscheinend ein Bauer, antwortete wild gestikulierend, wobei er immer wieder flussabwärts deutete. Leider konnten die Freunde von ihrem Versteck aus kein einziges Wort verstehen. Der barsche Tonfall des Ritters und das Flehen in der Stimme des Bauern ließen jedoch vermuten, dass die Begegnung einen unguten Verlauf nahm.
    Auf einmal zog der Anführer sein Schwert und holte weit aus. Nelson stockte der Atem. Der Bauer warf sich auf die Knie und reckte die Hände gen Himmel. Er schrie laut auf, verlegte sich dann aber aufs Winseln. Immer wieder schüttelte er den Kopf und wies wiederholt in die Richtung, aus der er offensichtlich gekommen war. Endlich ließ der Ritter sein Schwert sinken und schob es langsam zurück in die Scheide. Der Bauer war zu einem winzigen Bündel geschrumpft, das die Hände gefaltet hielt und sich so lange verbeugte, bis die Reiter ihre Pferde antrieben und donnernd davonsprengten.
    Der Mann blieb noch eine ganze Weile am Boden. Erst als sich der Staub wieder gesenkt hatte, sprang er auf und rannte fort, als wäre der Teufel hinter ihm her.
    »Mannomann!«, stöhnte Judith. »Das war knapp.«
    Nelson zitterte am ganzen Körper und auch Luk stand der Schreck ins Gesicht geschrieben.
    »Ob sie das mit Mönchen genauso machen?«, flüsterte er.
    Nelson presste die angehaltene Luft aus seinen Lungen. »Dann gnade uns Gott«, flüsterte er.
    Schweigend zogen sie weiter. Nelsons Unbehagen hatte durch die Ereignisse neue Nahrung bekommen. Einer solchen Willkür hatten sie nichts, aber auch gar nichts entgegenzusetzen. Sein zusammengefalteter Bogen wirkte angesichts jener bis an die Zähne bewaffneten, durch Schilde und Kettenhemden geschützten Krieger wie ein Spielzeug, und viel mehr als der Flitzebogen eines Kindes würde er wohl auch nicht ausrichten können. Ihnen blieb nur die Hoffnung, dass drei junge Mönche in einer Zeit wie dieser keinen Argwohn erweckten und auf Gottes schützende Hand hoffen durften.
    Hinter der nächsten Flussbiegung lichtete sich das Gebüsch und machte hüfthohem Gras Platz. In der Ferne stieg Rauch auf und bald entdeckten sie ein kleines Dorf, das sich an einer Stelle, an der sich der Fluss verjüngte, ans gegenüberliegende Ufer schmiegte.
    »Und wie sollen wir da jetzt rüber?«, fragte Judith.
    »Wir nehmen einfach die Fähre«, antwortete

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