123 - Auf dem Insektenthron
Misston, der niemanden willkommen hieß.
»Dies ist die Hölle«, stellte Farmer fest, hustete, räusperte sich und spuckte auf den Boden.
»Ein wahres Wort.« Shaw beobachtete unablässig den Straßenrand. »Ich habe bisher noch kein Zeichen anderer Menschen entdecken können, geschweige denn von der verschollenen Mannschaft.«
Als sie an eine Kreuzung kamen, blieb Matt stehen.
»Wohin?«, fragte Shaw.
»Nach dort.« Matthew zeigte nach rechts.
Inmitten des Herzens von Aarachne erhob sich wie ein düsteres Fanal der Dom mit seinem immer noch nahezu intakten gotischen Turm, dessen Spitze die Stadt überragte. Ein archaisches Paradoxon. Auch der Kuppelbau des Münsters zeigte sich fast unversehrt, doch der Rest des Doms lag verborgen unter einer riesigen schwarzen, skelettierten Ruine.
Farmer und Shaw, die nicht auf diesen Anblick gefasst waren, blieben erstaunt stehen.
»Das sieht nicht aus, als ob es von Menschenhand geschaffen wäre«, flüsterte Shaw.
»Ist es teilweise auch nicht«, bestätigte Matt. »Die Insekten haben eine riesige Festung aus mechanischen und organischen Teilen geschaffen, alles miteinander wie in einem riesigen Netz oder Kokon verwoben. Das war der Aarachnodom.«
»Er brach zusammen, nachdem ihr Anführer starb«, fuhr Aruula fort. »Die Insekten rannten ziellos umher und verstreuten sich. Teilweise brannte das Nest nieder. Die Menschen, die darin gefangen waren, konnten nicht mehr gerettet werden.«
»Und was hoffen wir dort zu finden?«, fragte Farmer.
»Mindestens einen Hinweis auf Rulfan«, antwortete Matt.
»Oder vielleicht auch… jemand anderen.«
»Meinst du dieses Hybridwesen, das ihr beide, du und Aruula, damals getroffen habt?«
Matt nickte. »Ja. Es wäre möglich, dass Ch'zzarak geblieben ist. Vielleicht ist er es sogar, der hier alles kontrolliert…« Er sprach nicht weiter. Wenn Ch'zzarak dahintersteckte, war er auch für das Verschwinden der ersten Crew und ihren Absturz verantwortlich.
»Er hat uns damals geholfen, Maddrax«, wandte Aruula ein, die nicht in seine Gedanken lauschen musste, um zu wissen, was ihn bewegte. »Er war ein verwirrtes, aber freundliches Wesen.«
»Das nicht zögerte, seine ungeborenen Artgenossen zu töten und Hallsteins Gehirn zu vernichten. Es wollte damit Gutes tun, war aber gleichzeitig gewaltbereit. Und bereits damals sehr mächtig und mit großer Intelligenz ausgestattet.« Matt fuhr sich durch die blonden Haare, die noch immer so kurz waren wie vor zwei Monaten, als er sie das letzte Mal hatte schneiden lassen. »Ch'zzarak war damals noch ein Neugeborenes und wusste nicht, ob es Insekt oder Mensch war. Es sind Jahre vergangen. Er wird sich entwickelt, vielleicht sogar für eine Seite entschieden haben. Wer weiß, was alles geschehen ist.«
Aruula legte die Stirn in Falten. »Es wäre schon möglich, dass es Ch'zzaraks Präsenz ist, die ich spüren kann. Ich hatte zeitweise ein Gefühl des… Vertrauten.«
»Ist es dann klug, direkt den Weg zum Dom einzuschlagen?«, warf Farmer ein.
»Wer auch immer hier herrscht, er weiß, dass wir hier sind«, erwiderte Aruula. »Er hat Milliarden Augen, wir sind keinen Moment unbeobachtet. Ich spüre seine Präsenz deutlich. Sich heimlich anzuschleichen ist unmöglich.«
»Der Aarachnodom war damals die Zentrale der Insekten, und das wird er auch immer noch sein«, fügte Matt hinzu. »Wir werden dort hoffentlich alle Antworten finden.«
***
Kern des Doms war das Oktogon, umgeben von einem sechzehneckigen, zweigeschossigen Umgang. Davon war heute nicht mehr viel zu erkennen; ein Teil war durch den Einschlag des Kometen zerstört worden, andere Teile hatten die Insekten umgebaut. Es machte eher den Eindruck düsterer, halb verschütteter Katakomben, je tiefer man vordrang. Die Westflanke des Obergeschosses, an die der Turm anschloss, war fast vollständig erhalten, der Rest war zusammengebrochen. Matts Gruppe musste über Mauerblöcke klettern, um weiter vorzudringen. Tief im Inneren, hinter der ursprünglichen Kapelle, befanden sich einige intakte Kammern, wie Matt von seinem letzten Abenteuer wusste.
Der nördliche Bereich war am schlimmsten dran; hier hatte sich der Hauptteil des Aarachnodoms befunden, und heute gab es nur noch zersplitterte Ruinen mit freiem Blick zum Himmel.
Der Weg ins Innere war mühsam, die Mauerteile tückisch wacklig. Doch als sie den Großteil des Schuttbergs bewältigt hatten, öffnete sich den Gefährten der Blick auf einen freigeräumten Bereich im
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