1232 - Ihr Albtraum war der Teufel
Gegenstand erst, als er über dem Rand der Liege schwebte. Es war das Tropfenpendel. Und plötzlich bekam sie Angst!
***
Das Motiv wusste sie selbst nicht, aber sie konnte sich auch nicht dagegen wehren. Die Angst war da und sie hatte Jane wie einen mächtigen Schuss erwischt. Röte überzog ihr Gesicht.
Sie merkte das Zittern und auch die Gänsehaut auf dem Rücken. Das Pendel kam ihr vor wie eine gefährliche Waffe, die plötzlich zuschlagen konnte, aber sie drückte ihre Angst nicht durch Worte aus.
Sofort war dem Psychologen die Furcht der Detektivin aufgefallen. Er schüttelte leicht den Kopf, bevor er sie ansprach.
»He, was hast du? Was ist los?«
Sie gab keine Antwort. Auch dann nicht, als er das Band höher hielt und das Pendel über Janes Gesicht von einer Seite zur anderen schweben ließ. Ihre Augen bewegten sich dabei, weil sie dem Weg des Tropfens folgen wollte, doch mehr war nicht zu schaffen. Sie fühlte sich wie in einer Klemme, aus der es kein Entrinnen gab, und der Tropfen wuchs ihrer Meinung nach zu einem regelrechten Gebirge an, das jeden Moment auf sie zufallen konnte.
Trotzdem blieb sie ruhig liegen. Kein Verkrampfen der Muskeln und des Inneren. Sie stand unter einem Schock, was Barker sehr wohl auffiel.
»Was ist los mit dir?«
Jane antwortete schnell und keuchend. »Angst, ich habe große Angst. So plötzlich ist es über mich gekommen. Ich weiß nicht, aber ich fürchte mich so…«
»Keine Sorge, das brauchst du nicht. Achte nur auf das Pendel. Ich möchte dich vorbereiten. Ich will dich reif für mich machen. Du wirst gleich das tun, was sich viele Menschen wünschen. Du wirst deine Augen schließen und das Gefühl haben, zu träumen. Und du wirst träumen, das verspreche ich dir. Ich hole deine Angst hervor. Ich gebe ihr ein Gesicht. Ich mache sie existent. Ich zeige dir deinen Albtraum, aber dann werde ich ihn dir rauben und dich befreien. Du wirst die Träume loswerden und nur noch mich anerkennen. Und wir werden vielleicht gleich sein, denn auch ich bin meinen Albtraum losgeworden. Ich habe ihn einem anderen überlassen, aber er ist immer da. Du hast ihn im Spiegel gesehen. Das ist mein Albtraum, der mich begleitet, den ich kenne und vor dem ich deshalb keine Furcht zu haben brauche.«
Jane sagte nichts. Die Angst war ein wenig verflogen. Es schien, als hätte die Stimme des Mannes sie aus ihr hervorgezogen. Doch normal fühlte Jane sich nicht. Noch immer litt sie unter dem Druck und gewissen Zuständen, die wie eine Klammer wirkten.
Sie hörte ihren Herzschlag. Das Blut rauschte im Kopf und wieder regte sich ein bestimmter Widerstand in ihrem Körper.
Er kam nicht von ihr selbst. Er drang von innen hoch. Es war eine fremde Kraft, die es nicht zulassen wollte, dass eine andere fremde stärker war.
Nur gab es keinen Gewinner in diesem Spiel. In Jane tobten zwei Welten und die hielten sich die Waage. Zu intensiv empfand sie die Hypnose des Barnabas Barker.
»Schau auf das Pendel!«, befahl Barker.
Jane schrak zusammen. Schweiß brach ihr aus. Sie wehrte sich nicht gegen diesen Befehl, verdrehte die Augen etwas, so dass sie nicht nur das Pendel sah, sondern auch das Gesicht des Dr. Barker dahinter. Es war ihr so nahe, es kam ihr allerdings auch entfernt vor, und vor ihm bewegte sich das Pendel mit leichten Schwingungen von einer Seite zur anderen.
»Nur das ist wichtig«, erklärte er. »Nur das…«
»Ja«, flüsterte sie.
Die Augen des Mannes veränderten sich. Sie wurden größer.
Jane sah in ihnen die Dunkelheit und zugleich auch die Botschaft, der sie nicht entfliehen konnte.
Der Mund und die Nase verloren sich aus ihrem Blickfeld.
Für sie war nur das Pendel wichtig und die beiden dahinter liegenden Augen, die nach wie vor den hypnotischen Glanz zeigten und sie nicht aus ihrem Bann ließen.
Das kurze Aufflammen des Widerstands war bei der Detektivin zusammengesackt. Nichts mehr hörte sie in ihrem Innern.
Keine Warnung, keine Stimme. Sie dachte an ihre Hexenkräfte, die ihr in manchen Situationen schon aus der Klemme geholfen hatten. Die allerdings waren von der Macht des Barnabas Barker radikal unterdrückt worden.
Das Pendel, der schwarze Tropfen. Schwerfällig auf der einen und trotzdem leicht auf der anderen Seite schwebte es über ihr Gesicht hinweg. Es war das Einzige, dass sie in diesem Moment interessierte, denn auch das Gesicht dahinter war verschwunden. Es musste sich in dem diffusen Licht aufgelöst haben wie ein Schatten, der gefressen worden
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