1237 - So rächt sich eine Bestie
Drehbewegung auf das Deck. Der Seemann schrie auf. Er wollte sich aufrappeln, als die alte Gestalt wie ein Brett auf ihn fiel, zielsicher nach seinem Kopf griff und ihn zur Seite drehte. Da half dem Seemann auch kein Trampeln und um sich Schlagen.
Der Untote ließ sich in seiner irren Gier nicht aufhalten und hackte seine spitzen Zähne in die linke Halsseite des Mannes.
Als das passierte, drang aus dem Mund der blonden Bestie ein lautes Lachen. Es fegte wie ein Trompetenstoß über das Deck hinweg, und es war so etwas wie das Kommando für die drei anderen Blutsauger.
Sie befanden sich bereits in der unmittelbaren Nähe ihrer Opfer und mussten nur noch zugreifen. So einfach war das jedoch nicht mehr. Die Männer hatten ihren Schock überwunden. Sie hatten gesehen, was mit ihrem Kollegen geschehen war, und genau das wollten sie nicht riskieren.
Sie wehrten sich.
Zuerst mit den Fäusten, die die mageren Körper trafen und zurückwuchteten. Schreie gellten über das Deck. Die beiden Männer waren dabei, um ihr Leben zu kämpfen, und sie griffen zu allem, was sich in ihrer Nähe befand.
»Es wird interessant!«, flüsterte Justine Cavallo mit scharfer Stimme. »Darauf habe ich direkt gewartet.«
Auch wenn die Bemerkung Dean Pollack gegolten hatte, er reagierte nicht darauf, weil ihn allein die Auseinandersetzung faszinierte. Er hatte längst akzeptiert, dass es Vampire gab, und jetzt wollte er sehen, ob sie es tatsächlich schafften, sich gegen die beiden letzten durchzusetzen, denn der dritte Mann lag rücklings auf den Planken, ohne sich zu bewegen und wurde ausgesaugt. Der Untote trank das Blut in gierigen Schlucken.
Es war nur zu sehen, wie sich seine Wangen in dem ausgemergelten Gesicht hektisch bewegten und sich bei jedem Saugen immer wieder nach innen zogen.
Dem Kleinsten der Besatzung war es gelungen, sich zu bewaffnen. Er hatte sich eine Eisenstange geschnappt. Er schrie, als er sie anhob und sich drehte. Dabei schlug er aus der Drehung heraus zu und erwischte einen der Blutsauger am Kopf.
Das Geräusch des Aufpralls übertönte sogar noch das Kla tschen der Wellen. Die Wucht trieb den Vampir zurück. An seiner Stirn war der Schädel halb eingedrückt und bot einen noch schrecklicheren Anblick. Auf dem Deck war es feucht, und das merkte auch der Blutsauger, der sich nicht mehr halten konnte. Plötzlich sah er aus, als wären ihm die Beine weggerissen worden. Er fiel hin und wurde erst von einer großen, mit Werkzeug gefüllten Kiste aufgehalten. Der Mann mit der Stange rannte weiter. Er brüllte seine Angst hinaus. Er kümmerte sich nicht mehr um die Blutsauger. Er hatte sich den Weg freigeschlagen, und sein Ziel war jetzt die Steuerbordseite des Schiffes.
Der Mann war in eine so große Panik hineingeraten, dass ihn auch die Reling nicht mehr aufhielt. Er rannte auf sie zu, kippte darüber hinweg, und er schrie nicht mal auf, als er den Weg ins Wasser fand. Das Klatschen war nicht zu hören, aber Justine passte es nicht, dass einer entkommen war. Sie vollführte eine Bewegung, die aussah, als wollte sie ihm folgen, doch sie überlegte es sich anders und schrie: »Er wird ersaufen!«
Das hörte Dean nur am Rande. Er war Zeuge. Er musste zusehen, wie sich die Gestalten um den letzten Mann seiner Besatzung kümmerten, denn ihm war der Fluchtweg versperrt.
Sie kamen auf ihn zu und schafften es jetzt sogar, die Schwankungen des Bootes auszugleichen. Eine Waffe lag nicht in der Nähe. So blieb dem Seemann nichts anderes übrig, als sich mit den bloßen Händen gegen diese Übermacht zu verteidigen.
Er versuchte es auch. Er war kräftig. Seine Fäuste konnten wie Hämmer schlagen, und er war auch in der Lage, sie zielsicher einzusetzen. Er traf Körper, Gesichter, schrie dabei, um sich selbst anzuspornen und brachte es trotzdem nicht fertig, sich aus der Klemme zu befreien, denn die Untoten verspürten keine Schmerzen; sie waren keine Menschen.
Plötzlich hingen sie wie Kletten an ihm.
Seine Arme wurden nach unten gezogen. Die Reling als Deckung und Halt verschwand ebenfalls von seinem Rücken, und vor seinen Augen tanzten die schrecklichen Gesichter mit den leeren Augen und den starren, aufgerissenen Mäulern.
Und er sah die Zähne!
Kleine Lanzen oder bleiche Messer, die aus dem Oberkiefer hervorwuchsen und zielgerecht eingesetzt werden konnten. Er hatte das Gefühl, sie bereits als Stiche auf seiner Haut zu spüren, als ihm jemand plötzlich die Beine wegtrat.
Der Schrei erstickte in seiner Kehle,
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