1239 - Bilderbuch des Schreckens
Antworten geben können? Habe ich das so korrekt formuliert?«
»Ja, das denke ich schon.«
»Gibt es denn jemand, der uns weiterhelfen kann?«
Janet Olden ging nicht auf meine Frage ein. Sie überlegte noch kurz, dann fragte sie mit leiser Stimme: »Warum sollte Ihnen jemand weiterhelfen sollen oder können? Sie haben etwas gesehen. Nehmen Sie es doch einfach als gegeben hin, und denken Sie daran, wie vielschichtig unsere Welt sein kann.«
»Danke, das ist eine Überlegung wert. Aber ich beziehe diesmal die Vielschichtigkeit nicht auf unsere Welt, sondern auf etwas anderes. Möglicherweise auf eine Welt, die hinter der unserigen liegt und normalerweise nicht sichtbar ist.«
»Bitte, wovon sprechen Sie?«
»Ich denke zum Beispiel daran, dass es sich um eine Geisterwelt handeln könnte.«
Janet Olden bewegte ihre Augenbrauen. Dabei presste sie die Lippen zusammen. Suchte sie nach einer Antwort? Wollte sie uns überhaupt eine geben?
Ich wartete nicht darauf, sondern übernahm wieder das Wort.
»Die Gestalten, die wir sahen, gehören nicht in unsere Welt, mag diese auch noch so vielschichtig sein. Das sollten Sie wissen, Mrs. Olden. Sie waren anders, verkehrt, und ich will auch nicht unbedingt von einer Geisterwelt sprechen, denn diese Gestalten passen mehr in eine Märchenwelt hinein.«
»Nein, das ist doch…«
»Es war nur das, was ich denke, Mrs. Olden, und meinem Freund ergeht es ebenso.«
Sie richtete sich auf, blieb aber sitzen, und ihr Rücken bildete eine Gerade. »Das alles habe ich mir angehört. Ich habe Sie in mein Haus gelassen, und ich habe Ihnen gesagt, dass ich Ihnen nicht helfen kann. Nehmen Sie es doch einfach so hin. Steigen Sie wieder in Ihr Auto oder wo immer hinein und verlassen Sie die Gegend wieder. Sie kommen aus der Großstadt. Sie sind nicht geschaffen für ein Gebiet wie dieses hier. Bitte, glauben Sie mir.«
Keiner von uns wusste, ob sie es ehrlich meinte oder uns etwas vorspielte. Ich tendierte mehr zur Ehrlichkeit, aber ich sah auch, dass diese Frau Probleme hatte, unter denen sie litt.
Sie wusste Bescheid, und das Erscheinen der Gestalten hing möglicherweise irgendwo auch mit ihr zusammen, aber sie rückte mit der Wahrheit nicht heraus, und ich glaubte, dass es ein großer Teil Angst bei ihr war, weshalb sie sich verstockt verhielt. Es konnte auch sein, dass sie jemand anderen schützte, der Bescheid wusste.
»Es tut mir Leid«, sagte Suko, »dass wir Ihnen diesen Gefallen nicht erweisen können. Wir werden uns schon umschauen müssen, denn das Auftreten dieser Gestalten ist alles andere als normal. Wir werden ihnen auf der Spur bleiben.«
»Was haben Sie davon?«
»Eine Lösung, Mrs. Olden. Wir müssen herausfinden, warum etwas so abgelaufen ist.«
»Ja«, sagte sie und bewegte ein wenig hastig ihren Kopf, als sie sich umblickte. »Das mag ja alles stimmen, aber ich kann mich damit nicht anfreunden. Bitte, gehen Sie. Lassen Sie alles so, wie es ist. Das ist eine Sache, die…«, Janet hob die Schultern, »mein Gott, ich kann Sie auch nicht erklären.«
»Aber Sie wissen Besche id?«, fragte Suko.
Janet Olden schwieg. Sie presste die Lippen zusammen; das war alles an Reaktion.
Meine nächsten Worte überraschten sie. »Sie sprachen von einem Tommy, der bei Ihnen lebt. Wer ist das? Und wo ist er?«
»Bitte, das gehört nicht hierher. Es ist meine private Angelegenheit, verstehen Sie?«
»Nein und ja. Wir haben hier etwas erlebt, das unbedingt aufgeklärt werden muss. Daran sollten auch Sie sich zumindest in Teilen halten. Der Wind kann sich auch mal drehen. Wer ist Tommy?«
»Mein Sohn«, sagte sie leise.
»Danke, Mrs. Olden.«
»Warum sagen Sie das? Ist das wichtig?«
»Ich denke schon, dass es so ist. Tommy ist also Ihr Sohn, der bei Ihnen lebt. Das Haus ist groß genug, wie ich meine. Wie alt ist Ihr Sohn?«
»Vierzehn Jahre.«
»Dann wird er sicherlich oben schlafen oder einfach nur in seinem Zimmer sein. Gibt es auch einen Vater, mit dem wir sprechen können?« Ich hatte die Frage schnell gestellt und ging davon aus, dass Janet ebenfalls rasch antworten würde.
»Ja, den gibt es«, sagte sie, »aber den gibt es nicht mehr, wenn Sie verstehen.«
»Ist er tot?«
Ein verloren wirkendes Lächeln huschte über ihre Lippen.
»Wenn es das mal wäre«, sagte sie, »dann wüsste ich, wo er liegt. Dann könnte ich sein Grab besuchen. Aber Charles Olden ist verschwunden. Von einem auf den anderen Tag war er plötzlich nicht mehr da. Und ich habe ihn nie mehr
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