1239 - Bilderbuch des Schreckens
Tee, und es war sehr still, als wir uns gesetzt hatten.
Janet Olden nahm in einem Sessel Platz. Sie saß dort nicht unbedingt entspannt, sondern mehr der Kante hin zugeneigt, und sie schaute uns aus großen Augen an.
»Bitte, was kann ich für Sie tun?«
Mir lag etwas auf dem Herzen, was ich unbedingt loswerden wollte. »Haben Sie keine Furcht, hier in der Einsamkeit zu leben?«
»Nein, Mr. Sinclair.«
»Wir hätten auch zwei Einbrecher oder noch schlimmere Typen sein können?«
Diesmal ließ die Antwort auf sich warten. Mit einem leichten Kopfschütteln deutete Janet sie schon an. »Ich habe Sie beide schon gesehen«, erklärte sie uns. »Ich sah, wie sie kamen, und so wie Sie benehmen sich keine Einbrecher. Dann schaute ich in ihre Augen und war mir sicher, mich nicht getäuscht zu haben.«
»Das, das ehrt uns«, sagte ich lächelnd und merkte Sukos leichte Unruhe, denn er wollte seine Frage loswerden, was auch sehr bald geschah.
»Wohnen Sie eigentlich allein hier, Mrs. Olden?«
Auch jetzt überlegte sie noch und zog die Stirn kraus. Dann sagte sie mit leiser Stimme etwas, das uns schon verwunderte.
»Allein eigentlich nicht. Tommy ist noch bei mir.«
»Ihr Mann?«
»Nein, nein, Suko. Mein Sohn. Er ist vierzehn Jahre alt. Wir haben es uns hier gemütlich gemacht und fühlen uns in der Umgebung eigentlich recht wohl.«
»Ja, das denke ich mir. Hier kann man es auch aushalten, wenn man die Einsamkeit liebt, die allerdings auch gefährlich sein kann«, fügte Suko hinzu.
»Hm. Darf ich fragen, wie Sie das meinen?«
»Nun ja, Sie leben hier. Sie könnten zu einem Opfer derjenigen werden, die hier…«
»Hören Sie auf, bitte. Sie wollen mir wahrscheinlich nur Furcht einjagen, aber das schaffen Sie nicht.«
»Das hatten wir nicht vor«, sagte Suko, »aber auch wir haben etwas erlebt, über das man nachdenken muss. Wir sind ja nicht grundlos durch den Wald zu Ihnen gekommen.«
Janet Olden schenkte uns ein Lächeln. »Das habe ich mir schon gedacht. Haben Sie vielleicht eine Autopanne gehabt?«
»Nein, das auch nicht.« Suko lächelte völlig harmlos. »Es fing damit an, dass John Sinclair eine Gestalt gesehen hat, die es eigentlich nicht geben kann. Es war ein…sag du es, John.«
»Ein Spiegelmann. Ein Mensch, der aus Glasscherben bestand. Um den herum auch Lichter waren, sodass die Scherben spiegelten und mich blendeten.«
Janet Olden sagte nichts. Erst nach einer Weile sprach sie weiter. »Und was ist noch passiert?«
»Es gab noch andere.« Ich deutete mit den Händen an, was ich meinte. »Wir sahen einen Menschen in einer Kugel stecken. Er bewegte die Kugel, die sacht über den Boden glitt, und dieser Mensch in der Kugel sah aus wie ein Kobold. Rote Augen, klein, grüne Kleidung, ein rundes Gesicht. Ein richtiger kleiner Spaßmacher, doch mit dem Spaß ist das so eine Sache. Ich weiß nicht, ob wir hätten seine Freunde sein können, Mrs. Olden. Aber das ist noch nicht alles. Es gab zwei weitere Individien, die man unmöglich in das normale Leben einordnen kann, denn sie passen nicht in diesen Kreis hinein. Zum einen ein Geschöpf, dessen Gesicht aussah wie aus Baumrinde geformt, und zum anderen eine Person, die wohl auf einem Besen durch die Nacht ritt und schließlich auf dem Dach Ihres Hauses hier landete. Das war es, was wir gesehen haben, Mrs. Olden, und wir haben uns nicht geirrt.«
Die Frau sagte nichts. Sie senkte auch nicht den Blick und schaute uns nach wie vor an. Ihre Lippen zuckten einige Male, dann runzelte sie die Stirn und fragte: »Ja, das haben Sie gesehen, meine Herren, aber was soll das bedeuten?«
»Das möchten wir von Ihnen hören.«
Janet Olden hob die Brauen an. »Wahrscheinlich wollen Sie bestätigt bekommen, dass ich Ihre Aussagen unterstütze. Sehe ich das richtig?«
»So ist es. Wir haben uns gedacht, dass Sie uns eine Erklärung geben können«, sagte Suko.
Wieder überlegte Janet. Nur die Bewegungen ihrer Hände verrieten eine gewisse Unruhe, denn die schabten über den Stoff der Hose hinweg. Auch blickte sie an uns vorbei und betrachtete den kleinen Eckkamin hinter unserem Rücken. Dort brannte das Feuer. Hin und wieder hörten wir das Knistern von Holz.
»Nein«, meinte sie schließlich mit leiser Stimme. »Ich kann Ihnen keine Erklärung geben.«
Es war ein einfacher Satz. Trotzdem waren wir hellhörig geworden, denn sie hatte das Wort »ich« besonders betont.
Genau darauf sprach ich sie an. »Sie meinen, Mrs. Olden, dass Sie persönlich uns keine
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