1242 - Geheimbund Omega
Ästen hingen und ebenfalls eine bräunliche Färbung erhalten hatten.
November. Eine Welt der Trauer, des Sterbens. Daran dachte Sarah in diesen Augenblicken, obwohl sie nicht zu den Menschen zählte, die unter November-Depressionen litten. In ihrem Zustand allerdings kam sie einfach an diesem Gedanken nicht vorbei.
Die beiden grauen Männer blieben in ihrer Nähe. Auch sie passten irgendwie zu dem Wetter und der Gegend. Sarah schaute sie sich noch einmal genauer an.
Ein kalter Schauer rann über ihren Körper hinweg, als sie in die Gesichter blickte. Die beiden hätten Zwillinge sein können.
Sie besaßen unbewegliche Gesichter, die ein flaches Aussehen zur Schau trugen. Jeder Mensch besitzt ein Profil. Bei ihnen war es ebenfalls so, aber das Profil war kaum vorhanden. Man konnte ihre Gesichter mit denen mancher Schaufensterpuppen vergleichen, bei denen die Gesichtsmerkmale ebenfalls nicht so ausgeprägt waren.
Ein erneuter Kältestoß erwischte Sarah. Von diesen Personen hatte sie kein Pardon zu erwarten. Sie stellte sich wieder die Frage, ob sie es bei ihnen mit Menschen zu tun hatte oder mit Wesen, die woanders herstammten.
Ihr gelang es auch, einen Blick in die Augen zu werfen. Es waren Augen, aber sie besaßen keine Pigmente, denn sie waren völlig farblos. Man konnte sie nicht mal als grau ansehen, und genau das störte die Horror-Oma.
Noch einmal sah sie sich die Umgebung an, weil sie wissen wollte, ob man sie und die drei anderen Personen beobachtete.
Das war nicht der Fall. Niemand zeigte Interesse an ihr, auch nicht der Fahrer in einem hellroten Spider, der den geparkten Van passierte. Der junge Mann wohnte drei Häuser weiter.
Sarah kannte ihn vom Sehen, mehr nicht. Ein Wort hatte sie bisher nicht mit ihm gewechselt.
Selbst der Name war ihr unbekannt. Also konnte ihm auch nichts aufgefallen sein.
Hilde Woodward ging dicht hinter ihr. Die Pistole hielt sie nach wie vor in der Hand. Um sie sehen zu können, hätte ein Zeuge schon hautnah herantreten müssen, aber das traf nicht zu. Sie waren allein und sie blieben allein.
Hilde hatte als Erste den kleinen Vorgarten hinter sich gela ssen und die Haustür erreicht. Sie blieb stehen, bückte sich und steckte dann den Schlüssel ins Schloss.
Es klappte alles ohne Probleme. Die zwei Männer blieben in der Nähe der Horror-Oma, die sich nicht weniger bedroht fühlte, obwohl keine Waffe mehr auf sie zeigte.
Sekunden später war die Haustür offen.
Mit einem Fußstoß beförderte Hilde sie nach innen und deutete mit einer lässigen Bewegung an, dass sie der Horror-Oma den Vortritt lassen wollte.
Sie zögerte noch und schaute durch die offene Tür in ihr Haus hinein. Sarah liebte es. Sie hatte sich dort immer wohl ge fühlt, nun aber hasste sie es, denn es kam ihr vor wie ein gewaltiges Grab, das sie verschlucken würde.
Als letzte Aufforderung spürte sie den leichten Druck im Rücken und schritt endlich über die Schwelle. Kaum hatte sie das Haus betreten, als die Angst wieder in ihr hochschoss.
Bisher war alles noch weit weg gewesen, jetzt aber hatte die Realität sie erreicht. Der Tod stand bereits als unsichtbares Gespenst neben ihr und wartete darauf, zuschlagen zu können.
Hilde Woodward ging vor. Sie schlenderte und schaute sich dabei um wie eine Person, die in einem fremden Haus etwas verändern soll, sich aber zunächst noch einen Überblick verschaffen muss.
Am Treppenaufgang hielt sie an und nickte Sarah zu, die auch weiterging. »Zieh den Mantel aus!« Sarah wusste, dass es nichts brachte, wenn sie sich wehrte. Sie lehnte den Stock gegen die Wand und hängte den Mantel an die Garderobe. Es war alles so normal in ihrer Umgebung. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass der Tod lauerte und trotzdem war es der Fall.
Er befand sich als unsichtbarer Gast in der Nähe und er schien etwas mit der Treppe zu tun zu haben. Hilde Woodward stand noch immer davor. Sie schaute die Stufen hoch bis zur ersten Etage und hatte dabei die Stirn in leichte Falten gelegt.
»Das Quergeländer dort oben passt perfekt!«
Lady Sarah hatte den Kommentar gehört, aber sie wusste ihn nicht einzuordnen. Erst als sie aufgefordert wurde, näher zu treten, setzte sie sich in Bewegung.
Der Vergleich, Blei in den Knochen zu haben, kam ihr in den Sinn. Es fiel der Horror-Oma schwer, ihre Füße anzuheben und so musste sie sich schon zusammenreißen, um nicht einzuknicken. Aber sie wollte sich keine Blöße geben und dachte daran, dass noch nicht alles vorbei war, so
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