1244 - Die Besucher
musste, traute sich nicht in das Leiche nhaus hinein und so hoffte Kevin, dass er auch jetzt allein sein würde, wenn er es dann betreten hatte.
Er blieb vorsichtig. Immer wenn er Gefahr lief, entdeckt zu werden, zog er sich zurück und fand auch jedes Mal einen Sichtschutz, so dass er gut vorankam.
Vor der Kirche war der übliche Weihnachtsbaum aufgestellt worden. Wenn das Fest da war, dann strahlten auch die Lichter, aber jetzt wiegte sich die Tanne im Wind und gab ihm einen guten Schutz. Zwei alte Frauen verließen die Kirche. Sie zogen ihre Mützen tiefer und hatten den großen Baum wenig später passiert.
Jetzt hatte Kevin freie Bahn. Er musste an der von ihm aus gesehen linken Seite der Kirche vorbeilaufen, um nach wenigen Metern das andere Gebäude zu erreichen.
Der kleine Steinbau besaß nicht mal Fenster. Es war ein dunkles Loch, und auch das Licht im Innern konnte nicht eben als strahlend hell bezeichnet werden.
Im Normalfall war der graue Bau nicht verschlossen. Es hielt sich auch niemand in der Nähe auf, und es gab keinen Menschen, der um diese Zeit die Kirche besuchen wollte.
Kevin lief schnell weiter. Die Tür besaß eine gebogene Klinke, die er drückte und nach innen stieß. Der nächste Schritt schon brachte ihn in die Dunkelheit hinein. Obwohl er dick angezogen war, fing er unter der Kleidung an zu frieren. Eine Gänsehaut rann über seinen Körper hinweg. Er hatte plötzlich das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Die anderen waren nicht die, deren Stimmen er gehört hatte, sein Gefühl sagte ihm, dass er sich nicht weit von einem Menschen entfernt befand.
In der Dunkelheit blieb er stehen. Er lauschte und konzentrierte sich, während er zugleich vor Angst zitterte. Er war auch jetzt der Meinung, dass er nicht ganz freiwillig dieses Haus betreten hatte. Irgendjemand oder irgendetwas hatte ihn dazu gebracht, und das konnten durchaus seine anderen Freunde gewesen sein.
In der Dunkelheit stehen zu bleiben brachte ihn auch nicht viel. Aus diesem Grund bewegte er sich nach rechts und fuhr mit der Hand über die Wand entlang, um dort den kleinen Lichtschalter zu finden. Es war noch einer dieser alten Scha lter, die man drehen musste.
Er hörte es klicken und dann erhellten sich unter der Decke drei Lampen.
Es wurde nicht strahlend hell. Man konnte die Lampen auch als trübe Funzeln bezeichnen, doch das Licht war hell genug, um den Raum auszuleuchten.
Kevin sah nichts anderes als das, was vor ihm stand. Etwas erhöht, auf einem Holzpodest, stand ein offener Sarg. Und in ihm lag die alte McCasey…
***
Ich schaute auf den Gewehrlauf und hatte meinen Blick ein wenig gesenkt. Der Mann dahinter lachte. Nur war es kein normales Lachen, sondern ein hässliches und auch schadenfroh klingendes Kichern, weil er es geschafft hatte, mich reinzulegen. Jetzt hielt er die Karten in den Händen, und sein Trumpf war das Gewehr, dessen Mündung auf mich gerichtet war.
Der Mann, der die Waffe hielt, sah nicht so aus wie ein Profi.
Es war jemand aus dem Dorf. Ein Mensch, der einen dicken unifarbenen Pullover und darüber eine Lederweste trug. Das Haar war unter einer Strickmütze verschwunden, und in seinem Gesicht gab es fast nur Bart, das sah ich noch.
Ich blieb gelassen. Dass man mich mit einer Waffe bedrohte, das war ich gewohnt. Da drehte ich nicht mehr durch. »Begrüßen Sie Besucher, die nach Kiltegan kommen, immer so?«, fragte ich mit ruhiger Stimme. »Was soll das?«
»Nur die, die wir nicht wollen.«
»Warum wollen Sie mich nicht?«
»Sie stören den Frieden hier.«
»Gibt es den denn?«
»Es wird ihn bald wieder geben.«
»Klar, wenn Germaine Duc ausgezogen ist. Oder sehe ich das falsch?«
»Nein, das siehst du nicht. Ich höre auch, dass du gut informiert bist. Wir wollen keine Fremden hier. Wir haben unsere eigenen Probleme, die wir auch lösen können.«
»Sorry«, sagte ich, »aber das kann ich Ihnen leider nicht glauben. Sie lösen die Probleme nicht selbst. Sie wissen nicht, was Sie tun sollen, weil Ihnen gewisse Dinge über den Kopf wachsen. Sie kommen einfach nicht zurecht, und da wäre es besser, wenn Sie Ihre Sturheit verlieren und sich von mir helfen lassen.«
»Nein!«
»Okay, dann nicht. Aber was haben Sie gegen Germaine Duc und ihren Sohn Kevin?«
Ich hatte auf den richtigen Knopf gedrückt, denn jetzt wurde er gesprächig. Beinahe sprudelten die Worte nur so aus ihm hervor. »Sie tragen die Schuld. Sie haben das verdammte Elend über uns gebracht. Seit sie hier sind,
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