1244 - Die Besucher
mich.
»Kannst du dir einen Reim darauf machen, John?«
»Nein, zunächst nicht.«
»Aber ich.«
»Und?«
Maxine blieb neben mir stehen und schaute ins Leere. Mit recht leiser Stimme sagte sie: »Der Junge muss Angst vor uns bekommen haben. Etwas anderes kann ich mir nicht denken. Er hat uns gesehen, und er wusste auch, weshalb wir kamen. Um unseren Fragen zu entgehen ist er geflohen, und er hat dabei sogar seine Mutter im Stich gelassen.«
»Das ist eine Möglichkeit«, gab ich zu.
»Aber sie gefällt dir nicht, wie?«
Ich verzog den Mund zu einem Lächeln. »Nein, nicht so richtig. Ich kann mir auch vorstellen, dass er sich nicht freiwillig aus dem Staub gemacht hat. Man könnte ihn gezwungen haben. Jemand hat darauf bestanden, dass er verschwindet.«
»Und wer?«
»Das weißt du genau, Max.«
»Verdammt, ich will es nicht glauben, John. Nicht an diese Fremden oder Besucher. Ich… ich… kann es mir noch nicht vorstellen. Das ist alles so fremd für mich.«
»Carlotta war dir auch mal fremd.«
»Ja, ich weiß. Damit habe ich noch heute meine Probleme. Ich bin mehr die Naturwissenschaftlerin, und ich habe noch immer Probleme mit den Dingen, die für mich nicht rational erklärbar sind. Und das sind diese Fremden oder Außerirdischen beileibe nicht.«
»Das stimmt alles, Max. Nichtsdestotrotz werden wir handeln müssen.«
»Wir suchen den Jungen.«
»Klar, aber nicht du. Ich werde mich auf die Suche machen. Es ist besser, wenn du bei deiner Freundin bleibst und auf sie Acht gibst. Ich möchte nämlich nicht, dass sie durchdreht und sich irgendetwas antut…«
»Wie meinst du das denn?«
Ich winkte ab. »Es war vielleicht falsch ausgedrückt. Aber es ist verständlich, wenn sie den Überblick verloren hat. Ich kann das zwar nicht nachvollziehen, aber ich denke schon, dass sie nicht so reagiert wie normal.«
»Ja, das mag stimmen.«
»Dann bleibe bei ihr.«
»Und wo willst du Kevin suchen?«
Ich schaute für einen Moment gedankenschwer durch das Fenster ins Freie. »Vorstellbar für mich ist, dass er nicht weit weggelaufen ist. Was sollte ihm das bringen? Ich gehe noch immer davon aus, dass er sich in der Nähe aufhält. Er wird sich versteckt halten, um zu warten, dass wir wieder verschwinden.«
»Das kann aber dauern.«
»Weiß ich. Kevin befindet sich in einer extremen Lage, Max. Da macht man schon Dinge, die eigentlich nicht nachvollziehbar sind. So jedenfalls sehe ich das.«
»Okay, wie du meinst.« Sie senkte ihre Stimme, so dass nur ich ihre Worte hörte. »Aber lauf nicht zu weit vom Haus weg. Ich habe das unbestimmte Gefühl, dass auch hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht.«
»Das heißt, du traust deiner Freundin nicht?«
»So will ich das nicht gemeint haben, John. Ich traue ihr schon, aber ich traue nicht dem, was sich im Hintergrund befindet. Verstehst du das?«
»Alles klar.«
Von Germaine Duc verabschiedete ich mich nicht, sondern kletterte kurzerhand durch das offene Fenster nach draußen…
***
In der kalten Luft dampfte der Atem vor meinen Lippen. Ich stand in dem kleinen Garten, der ein winterliches Aussehen bekommen hatte. Germaine hatte einige Büsche mit schütze nder Folie umwickelt. Die Erde sah braun aus. An manchen Stellen ragten graue Steine aus dem Boden, die Stolperfallen bildeten.
Der Garten war kein Versteck. Da interessierte mich der alte Stall schon mehr. Um ihn zu erreichen, musste ich die flache Böschung hochgehen. Hier hatte der Frost noch nicht zugeschlagen, deshalb war der Boden auch relativ weich. Dass es trotzdem ziemlich kalt war, lag auch an dem Wind, der mir ins Gesicht fuhr.
Die schwarzen Vögel - Saatkrähen oder Raben - kreisten auch jetzt unter dem grauen Winterhimmel. Es war keine Sonne mehr zu sehen. Ich hatte auch das Gefühl, dass es irgendwann schneien würde. Für das Auge sicherlich nicht schlecht. Dann erhielt die graue Gegend eine helle Schicht wie aus Puderzucker.
Mit langen Schritten stampfte ich der Hütte entgegen, die wirklich nichts anderes war als ein schiefer Bau, den jemand vergessen hatte, zu renovieren. Sollte es je Fenster dort gegeben haben, so waren sie jetzt verschwunden und hatten in der Holzwand dunkle Löcher hinterlassen, durch die der Wind pfeifen konnte.
Es gab kein Hindernis, das ich überklettern musste, aber ich sah auch keine weiteren Fußspuren auf dem Boden. Wenn Kevin sich in der Hütte versteckt hielt, dann hatte er einen anderen Weg genommen. Das würde ich sehr bald sehen.
Die Hütte war
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